Die Ausstellung „Fadenspiele/String Figures“ im Tinguely-Museum Basel stellt das Spiel mit dem Faden zwischen den Fingern in den Mittelpunkt. Als eine der ältesten Kulturtechniken der Menschheit fasziniert es seit Jahrtausenden und hat auch viele Künstler inspiriert – von Marcel Duchamp bis Andy Warhol.
Andy Warhols Fadenspiel
Normalerweise ist es im Tinguely-Museum laut, aber die neusten Ausstellungsobjekte sind still. Dennoch haben sie etwas mit den beweglichen Kunstinstallationen des bedeutenden Schweizer Künstlers Jean Tinguely gemeinsam: Auch sie sind spielerisch.
Fadenspiele sind weit mehr als Unterhaltung für kleine Mädchen auf dem Pausenhof. So gibt es in der Ausstellung auch ein Schwarz-Weiß-Video des berühmten Pop-Art-Künstlers Andy Warhol: Es zeigt das Gesicht eines Bekannten von ihm – einen Kulturschaffenden mit runden Brillengläsern und Schnurrbart, der mit ernster Miene Fadenspielfiguren vorführt. Diese hatte er als Kind von Native Americans gelernt.
Fadenspiele: etwas zutiefst Menschliches
„Das ist eine weltumspannende Kulturtechnik, etwas, was Menschen auf der ganzen Welt gemacht haben, aus völlig verschiedenen Gründen. Trotzdem sehen viele Figuren ganz gleich aus. Es gibt also offensichtlich etwas zutiefst Menschliches mit diesen Fadenspielen und das hat mich sehr fasziniert,“ sagt Vize-Museumsdirektor Andres Pardey über die Kulturtechnik der Fadenspiele.
Aber was hat eigentlich namhafte Künstler des vergangenen Jahrhunderts an Fadenspielen interessiert? Kuratorin Sarine Waltenspül erklärt: „Die haben eine enorme Ästhetik, diese Fadenspiele. Man sieht, dass da irgendetwas drinsteckt, was man nicht ganz begreifen kann. Wir glauben, dass schon die Avantgarde von diesen Formen fasziniert war. Es gab da auch so eine allgemeine Faszination für die sogenannte primitive Kunst, wie das damals genannt wurde.“
Heutige Künstler dekolonialisieren den Blick auf die Fadenspiele
Heute sei es etwas anders, sagt Kuratorenkollege Mario Schulze. Man wolle historische Artefakte aus anderen Ländern nicht mehr nur isoliert betrachten: „Künstlerinnen und Künstler heute interessieren sich dafür, dieses Material nochmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten, quasi zu dekolonialisieren, indem sie zum Beispiel Kontakte mit den Communities wiederherstellen und so ein Prozess der Erinnerung dieser stolzen Kulturpraxis versuchen in Gang zu setzen.“
Illustriert wird dies in der Ausstellung beispielsweise durch Radierungen von Fadenspielen aus einem indigenen Museum in Australien. Ihre Kunst helfe ihnen, sich generell mehr Gehör zu verschaffen, sagt das Kuratorenduo.
Keine gewöhnliche Kunstausstellung
Die Ausstellung sei also mehr als eine gewöhnliche Kunstausstellung, sagt Vize-Museumsdirektor Pardey: „Das macht die Ausstellung halt sehr interessant, weil sie an der Schnittstelle von Ethnologie, Kultur, Geschichte, aber auch Kunstgeschichte und zeitgenössischer Kunst steht und so ganz viele Dinge verbindet.“
Und wer will, der kann in der kleinen, aber feinen Schau im Tinguely-Museum selbst den Faden aufnehmen und mit einem Anleitungsvideo Fadenspielfiguren lernen.
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