Kunstwerke aus Schrott, Abfall oder Gerümpel haben in der Kunstgeschichte eine lange Tradition. Künstler wie Marcel Duchamp, Kurt Schwitters oder Daniel Spoerri haben sich mit der Thematik auseinandergesetzt.
Wenn Gerümpel zu Kunst wird
Marcel Duchamp gilt als Pionier. Er erklärte ein Pissoir zur Kunst und stellte damit den klassischen Kunstbegriff in Frage. Manchmal wird ein Kunstwerk als solches auch gar nicht erst erkannt. Die Fettecke von Josef Beuys war so ein Fall, sie wurde aus Versehen weggeputzt. Seit den 1950er-Jahren nennt man Kunst aus Gerümpel auch Junk Art.
Um Verfall und Neubeginn geht es auch in der Ausstellung „So wie es ist, bleibt es nicht“ im Museum Boppard.
Marcel Duchamp
Kurt Schwitters
Daniel Spoerri
Joseph Beuys
HA Schult
Marcel Duchamp (1887 – 1968) – Der Skandal ums Urinal
Einer der ersten Künstler, der mit Abfallmaterialien arbeitete, war Marcel Duchamp. 1913 schuf er das „Fahrrad-Rad“, das aus Fahrradteilen besteht.
1917 erklärte er ein umgedrehtes Urinal zu einem Kunstwerk, gab ihm den Titel „Fountain“ und wurde damit berühmt – obwohl das Urinal mit dem Urteil „Das ist keine Kunst“ einst bei einer Ausstellung abgelehnt wurde.
Duchamp stellte den traditionellen Kunstbegriff in Frage. Mit seinen sogenannten „Readymades“ erklärte er bereits die Auswahl eines Gegenstandes zu einem künstlerischen Werk. Das führte zu einem Skandal und einer großen Kontroverse, was Kunst ist und was nicht. Marcel Duchamp gilt als wichtiger Vertreter der Konzeptkunst und Wegbereiter des Dadaismus.
Kurt Schwitters (1887 – 1948) – Wenn Weggeworfenes durch die Wohnung wuchert
Kurt Schwitters erregte mit seinem sogenannten „Merzbau“ Aufsehen. Er collagierte um das Jahr 1923 in seinem Atelier Papier und Fundstücke zu einem geometrischen Gesamtkunstwerk. Das breitete sich immer weiter aus und das Sammelsurium nahm auch angrenzende Räume seiner Wohnung ein.
Das Original des Merzbaus wurde im Zweiten Weltkrieg bei einem Luftangriff auf Hannover zerstört. Es gilt als das erste begehbare Kunstwerk. Eine Rekonstruktion ist im Sprengel-Museum in Hannover zu sehen.
Daniel Spoerri (*1930) nagelt Essensreste an die Wand
Der Schweizer Künstler Daniel Spoerri gilt als Erfinder der sogenannten „Eat-Art“ und ist einer der bedeutendsten Künstler der Objektkunst. Seine „Tableaus pièges“, die „Fallenbilder“ entstanden um 1960.
Spoerri, Mitbegründer der Künstlerbewegung des „Nouveau Realimse“, fixierte dabei Essensreste und Geschirr auf zufällig gefundenen Unterlagen und hat somit einen Alltagsmoment festgehalten. Im Gegensatz zur „Eat-Art“ handelte es sich dabei aber nicht um essbare Kunstobjekte.
Joseph Beuys (1921 – 1986) – Kiloweise Fett in der Ecke und Filz auf dem Kopf
„Jeder Mensch ist ein Künstler“ sagte Joseph Beuys. Sein äußeres Markenzeichen war ein schwarzer Filzhut. Die Gesellschaft sah er als soziale Plastik.
In die Ecken seiner Wohnung und auch in seinem Atelierraum in der Düsseldorfer Kunstakademie schmierte er kiloweise Fett. 1986 entfernte dort ein Hausmeister den Butterberg sorgfältig. Das wurde ein großer Skandal.
Auch die Installation von Jospeh Beuys, bei der er in einer Badewanne für eine Vernissage Mullbinden und Heftpflaster arrangierte, wurde durch eine Putzaktion zerstört. Im Zusammenhang mit Kunstwerken wie der Badewanne oder der Fettecke wird gerne die Redewendung „Ist das Kunst oder kann das weg?“ benutzt.
HA Schult (*1939) – Elektronik-Schrott und „Trash people“
Seit 1996 gestaltet der Aktionskünstler HA Schult die sogenannten „Trash People“. Diese Müllmenschen aus Abfall sind lebensgroß und weisen auf die negativen Folgen der Konsumgesellschaft hin. Sie wurden schon in vielen Teilen der Welt gezeigt. Vor den Pyramiden in Ägypten, im Atomendlager in Gorleben oder bei der Skulpturen-Triennale in Bingen am Rhein.
Ein Mahnmal gegen die Wegwerfgesellschaft ist auch die sechs Meter hohe Skulptur „Wertgigant“ aus dem Jahr 2021. Sie besteht aus Elektroschrott.
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Die Kehrseite von Wohlstand und Überfluss ist das, was übrigbleibt, der Abfall. Er gehört zum menschlichen Leben, nicht erst seit Beginn des Massenkonsums, sondern seit je. Davon handelt Roman Kösters Monografie „Müll. Eine schmutzige Geschichte der Menschheit“.
C.H.Beck Verlag, 422 Seiten, 29 Euro
ISBN 978-3-406-80580-6