Staatliche Kunstförderung, politisches Statement oder doch nur schmückendes Element? Die sogenannte Kunst am Bau kann vieles sein. Seit den fünfziger Jahren gehört sie in beiden Teilen Deutschlands zur Pflichtaufgabe beim öffentlichen Bauen.
Ohne die Eisenplastik des baskischen Künstlers Eduardo Chilida ist das Bundeskanzleramt nicht mehr vorstellbar. Der fünfeinhalb Meter hohe Koloss mit dem Titel „Berlin“ taucht beinahe täglich in den Fernsehnachrichten auf und ist ein prominentes Beispiel für das Thema Kunst am Bau.
Chilidas Eisenplastik in Verbindung mit der eigenwilligen Architektur ist zum Symbol für die Berliner Republik geworden, genauso wie Henry Moores Bronzeskulptur „Large Two Forms“ lange Zeit für die Bonner Republik stand.
Die beiden Plastiken gehören zu knapp 10.000 Kunst-am-Bau-Werken, die seit den fünfziger Jahren im Auftrag des Bundes und der DDR-Regierung entstanden sind, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.
0,5 bis 1,5 Prozent der Bausumme für Kunst sind Pflicht
Die Kunst am Bau beruht auf einer Selbstverpflichtung: Überall da, wo der Bund als Bauherr antritt, muss er 0,5 bis 1,5 Prozent der Bausumme für Kunst ausgeben, die vor, im, am oder auf dem Gebäude platziert ist.
Die meisten Aufträge werden über Wettbewerbe vergeben. Also: Kein Ministerium, keine Behörde, keine Forschungsanstalt oder deutsche Botschaft ohne Kunst. Ähnliche Regelungen findet man auch in den Bundesländern und in einigen Kommunen.
In den fünfziger Jahren beschloss nicht nur die Bundesrepublik, sondern auch die DDR, bildende Künstlerinnen und Künstler in die Gestaltung von staatlichen Bauten einzubinden.
Ob Glaskunst, Reliefs oder Wandmalereien: Die Kunstwerke entstanden oft im Stil des sozialistischen Realismus und spiegeln das Selbstverständnis der DDR als Arbeiter- und Bauernstaat wider.
Die Kunst am Bau kann auch politische Debatten anstoßen: So wie Hans Haackes Projekt für einen Lichthof des Berliner Reichstagsgebäudes.
In einem großen Beet mit Grünpflanzen installierte er aus Neonröhren den Schriftzug „Der Bevölkerung“. Damit nahm er direkten Bezug zur historischen Inschrift „Dem deutschen Volke“ am Hauptportal von 1916.
Palmen vorm Bundesnachrichtendienst sorgen für Gerüchte
Für wilde Gerüchte sorgte die Kunst am Bau im Falle des Bundesnachrichtendienstes in Berlin. Für die Rückseite des Gebäudes entwarf Ulrich Brüschke zwei riesige künstliche Palmen, mit denen er dezent auf die internationale Spionagetätigkeit des BND anspielen wollte.
Manche Betrachter hielten die Kunstwerke anfangs für getarnte Mobilfunkmasten oder Überwachungsanlagen.
Viele Kunstwerke sind für die Öffentlichkeit nicht zugänglich
Die höchste Dichte an Kunst-am-Bau-Werken gibt es natürlich am Regierungssitz Berlin. Aber auch an vielen anderen Orten Deutschlands kann man baubezogene Kunst finden.
Allerdings ist sie nicht immer öffentlich zugänglich, sondern nur denen vorbehalten, die im Bundestag oder anderen Bundes-Institution arbeiten.
Deshalb hat das verantwortliche Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung eine Online-Plattform entwickelt. Im „Museum der 1000 Orte“ sollen nach und nach alle Kunstwerke – zumindest virtuell – gezeigt werden.
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