Definierte Muskeln, wohlgeformte Gliedmaßen, makellose Haut – die nachgebildeten Gips-Statuen antiker Götter im Antikensaal im Mannheimer Schloss zeigen: Körperkult gibt es schon ewig. Dort ist jetzt die Ausstellung „KI Körperkult“ des Kulturvereins Industrietempel zu sehen. Mit KI-Bildern des Künstlers Timo Schuster, die das ewige Streben nach Schönheitsidealen mal lustig, mal irritierend hinterfragen.
Venus und Apollo bekommen Konkurrenz
Der verzweifelt gegen Giftschlangen kämpfende Laokoon, eine entblößte und scheu um sich schauende Venus, daneben Apollo, Gott des Lichts und der Künste, der seinen muskelbepackten Arm nach vorne reckt: Sie und weitere Gips-Nachbildungen antiker Körperkult-Schönheiten lassen sich schon seit etlichen Jahren im Antikensaal des Mannheimer Schlosses bewundern.
Jetzt bekommen sie eine Woche lang digitale Körperkult-Konkurrenz.
Auf einem der fünf Monitore in der Mitte des Antikensaals flimmert das Bild einer jungen, makellos-schönen Frau, die mit ihrem Handy ein Selfie von sich und einer sehr lebendig wirkenden Zeus-Statue macht.
Ein Bild, das man so auch auf Instagram finden könnte: Zwei schöne Menschen, die sich völlig unnatürlich in Szene setzen.
KI erstellt mitunter verstörende Bilder
Für seine Bilder hat der Foto-Künstler Timo Schuster eine im Netz frei zugängliche KI-Software benutzt. Um zu einem künstlerisch zufriedenstellenden Ergebnis zu kommen, brauchte es aber viel Zeit und etliche Versuche. Etwa beim Bild einer ausgezehrten und spindeldürren Marathon-Läuferin, die freudestrahlend der Ziellinie entgegentaumelt.
Dafür fütterte Schuster seine Bild-KI-Software immer wieder mit verschiedenen Text-Befehlen: „Dünn, Sportlerin und irgendein Hintergrund, das war viel Austesten. Alles auf Englisch. Und dann kommen erste Ergebnisse, mit denen man arbeiten kann“, erklärt er seine Vorgehensweise.
KI-Bilder von Timo Schuster, zu sehen in der Ausstellung „KI Körperkult“:
Was Foto-Künstler Timo Schuster bei Bildern wie diesen im Sinn hat? „Zum einen teilweise den Zeitgeist abzubilden. Und dann eine Mischung rüber in die Antikensammlung zu machen, was das Körperideal von damals war“, sagt er. Auch problematische Körperideale, die vor allem bei jungen Menschen durch Instagram und Co. entstünden, will er aufzeigen.
„KI Körperkult“ ist eine Ausstellung, die sich um ein uraltes und doch immer wieder aktuelles Thema dreht: dem menschlichen Drang nach Perfektion – und das mit Blick auch auf den eigenen Körper.
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Und mehr zum Thema künstliche Intelligenz gibt es jede Woche bei unseren KollgInnen von "Der KI-Podcast"
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Moderation/Redaktion: Christian Batzlen
Showrunner: Julian Burmeister
Sendungsmusik: Dirty Laundry von Don Henley
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