Der international bekannte Mainzer Künstler Dorél Dobocan wurde 1951 in Rumänien geboren und gehörte der rumäniendeutschen Minderheit an. Mehrere Fluchtversuche, Gefängnis und sogar Zwangspsychiatrie hat er in seiner Jugend erlebt. Die Kunst beschreibt Dorél Dobocan als Selbsttherapie.
Papierflieger in Gefängniszellen
Betritt man die Ausstellung des rumäniendeutschen Malers, taucht man ein in eine Welt, die ganz anderes aussieht als das, was Dorél Dobocan selbst in seiner Kindheit und Jugend sehen und erleben musste. Auf vielen Bildern steht der Himmel im Zentrum in einem strahlenden blau oder anderen kräftigen Farben.
Direkt ins Auge springt ein Bild eines Papierfliegers, der vor einem satten blauen Himmel dahinsegelt. Die dahinterstehende Symbolik erschließt sich nicht sofort:
„Das hat damit zu tun, dass ich im Gefängnis in einer Zelle saß und in dieser politischen Abteilung waren die Fenster ganz oben und sehr klein. Man sah nur den Himmel“, erklärt Dorél Dobocan. „Eines Tages sah ich da einen Papierflieger. Das war so befreiend. Den habe ich dann oft in meine Arbeit integriert als Symbol der Freiheit.“
Erster Fluchtversuch als Zwölfjähriger
Dorél Dobocan erinnert sich an seine Zeit im Gefängnis nach einem gescheiterten Fluchtversuch aus Rumänien. Das tun was er will, so wie der Papierflieger, konnte der Künstler lange nicht.
Unter dem Regime von Ceausescu wagte Dobocan im Alter von gerade einmal zwölf Jahren seinen ersten Fluchtversuch. Er wurde geschnappt und als Minderjähriger erstmalig zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
„Nach knapp zwei Jahren, als ich entlassen wurde und wieder zur Schule ging, waren meine Klassenkollegen Kinder, ich war plötzlich erwachsen geworden“, erinnert sich der Künstler.
Beobachtung durch Geheimdienst Securitate
Darauf folgten drei weitere Fluchtversuche im Alter von 19, 22 und 25 Jahren, die insgesamt drei Jahre Gefangenschaft und ein halbes Jahr Zwangspsychiatrie zur Folge hatten. Dorél Dobocan landete sogar auf der sogenannten Todesliste des rumänischen Geheimdienstes Securitate.
Durch den Schutz und die Förderung eines Professors konnte er trotz all der Widerstände ein Kunststudium an der Hochschule für Bildende Künste in Rumänien beginnen. Dort beginnt er, das Erlebte in Kunst zu übersetzen. „Das war meine Rettung.“
Freikauf dank deutsch-deutscher Diplomatie
Durch viele diplomatische Bemühungen, vom damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt und damaligen Minister Hans Dietrich Genscher wurde Dobocan 1978 aus Rumänien freigekauft.
„Ich bin mit einem Koffer gekommen. Künstler ohne Werk.“ Mitbringen konnte Dorél Dobocan nur sein künstlerisches Talent. Es dauerte jedoch nicht lange, bis Dobocan in Deutschland, aber auch international ein bekannter Künstler wurde.
Das Erlebte in Kunst umwandeln
Es gibt kaum Kunstwerke von Dobocan, die offensichtlich zeigen, was er erleiden musste. Es sind kleine Details, Nebensächlichkeiten, die von der Schwere in Dorél Dobocans Vergangenheit erzählen. Wie der Papierflieger oder auch Äpfel, die auf vielen Kunstwerken von Dobocan auftauchen: „Der Apfel war für mich im Gefängnis der Vitamin-Knaller, den ich nie hatte. Das war das Symbol des Gesund werden.“
Das Erlebte in Kunst umwandeln um es zu verarbeiten: Dorél Dobocan beschreibt es als eine Art Selbsttherapie. Nicht um das Erlebte zu vergessen, aber um sich davon zu befreien.