Hörspiel nach dem gleichnamigen Buch von Heinrich Hoffmann
Dieses Hörspiel steht bis 23. September 2023 zum Download bereit.
1845, vier Jahre vor der deutschen Märzrevolution und der Frankfurter Nationalversammlung 1848 erschien das Kinderbuch „Der Struwwelpeter“, das weltweit bekannte und in zahlreiche Sprachen übersetzte Werk des Frankfurter Arztes Heinrich Hoffmann. In mehreren Geschichten erzählt er von den Folgen, die widerspenstiges Verhalten von Kindern begleiten könnten, aber auch von jugendlichen Träumern, die ihre Recht wider allen Pragmatismus einklagen, und verfolgten Tieren, die sich an ihren menschlichen Peinigern rächen.
Ein ambivalentes Buch zwischen schwarzer Pädagogik und surrealer Anarchie
Die Geschichten im „Struwwelpeter“ spielen mit dem Grusel und der grotesken Übertreibung, das Unheimliche hat hier wie im Märchen ebenso seinen Platz wie der gnadenlose Versuch, das Verhalten „wilder“ Kinder zu zivilisieren. Das Buch ist anarchisch, surreal und alles andere als politisch korrekt. Kinder lieben gerade die schaurigen Geschichten bis heute.
Hingegen können sie auch als Beispiel für eine repressive Erziehungsideologie der „Schwarzen Pädagogik“ angesehen werden. Die Adaptionen und Parodien des „Struwwelpeter“ bezeugen ihre Ambivalenz und die Vielfalt der Deutungsmöglichkeiten.
Der Originaltext als schrilles Hörspiel-Musical
Bis in die Sprache hessisch verortet, hat das Buch nationale, ja internationale Ausstrahlungskraft. Die in allen Sprachregionen Deutschlands verstehbare SWR-Hörspielfassung basiert auf der szenisch-konzertante Bühnenversion des „Struwwelpeter“, welche das Volkstheater am Hirschgraben und das Ensemble Modern erarbeitet haben. Das Hörspiel präsentiert, von zwei Conférenciers gerahmt, die originalen Texte als Musical. Es ist zugleich der Versuch, dem Spagat zwischen Aufklärung, Phantasie und Gesetzgebung, der sich in den Geschichten spiegelt, Ausdruck zu verschaffen.
Die anarchischen Tradition des Volkstheaters trifft dabei auf die Präzision von Musikstücken, die von Mitgliedern des international renommierten Ensemble Modern komponiert wurden. Sie sind divers in ihren Stilen, reichen vom ironischen Klassik-Zitat oder den vom Tempo und Rhythmus getragenen schrillen Musiken der 1920er Jahre bis zum Pop und der dissonanten Strenge der „Neuen Musik“ aus dem Geist der Demokratie.
Mit: Michael Quast und Sabine Fischmann
Musik: Ensemble Modern
Dirigat: Markus Neumeyer
Hörspielfassung: Michael Quast und Ensemble Modern
Komposition: Uwe Dierksen, Christian Hommel, Hermann Kretzschmar
Regie: Björn SC Deigner
Produktion: SWR / Volksbühne am Hirschgraben / Ensemble Modern 2022 - Ursendung
Anmerkung
Leider muss das Werkstattgespräch mit den Hörspielmachern „Was ist denn mit dem Struwwelpeter? Zur Schwarzen Pädagogik“ entfallen.
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