Social-Media-Hype um Kino-Ästhet

Tausendmal kopiert: Das Netz feiert Wes Anderson, doch der Regisseur feiert nicht mit

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Autor/in
Dominic Konrad

Kaum ein anderer Regisseur hat so eine unverkennbare filmische Handschrift wie Wes Anderson. Während seit dem 15. Juni im Kino Wes Andersons neuester Film „Asteroid City“ zu sehen ist, erobern Trailer von Blockbustern im Wes-Anderson-Stil das Internet. Doch von der Imitation seines Stils hält der Filmkünstler nur wenig.

Regisseur Wes Anderson
Kaum ein Filmregisseur hat eine so distinktive und hyperstilisierte Bildsprache wie Wes Anderson.

Ein Stil, der untrennbar mit seinem Macher verknüpft ist.

Pastellig-flächige Farben, symmetrische Bildkompositionen, breit ausgefächert arrangierte Alltagsgegenstände und eine ganz große Portion Retro-Charme irgendwo zwischen Art Déco und der Technicolor-Idylle der 1950er-Jahre: Die Filmwelten des Wes Anderson sind geprägt von einer einzigartigen, klar umrissenen Ästhetik.

„Asteroid City“: Die Filmkritik von Rüdiger Suchsland

Wenige Regisseure fallen einem ein, deren filmischer Stil so untrennbar mit ihrem Namen verbunden sind: Tim Burton vielleicht, oder Quentin Tarentino. Bei Anderson, dessen neuester Film „Asteroid City“ nun in den deutschen Kinos angelaufen ist, sorgt die Wiedererkennbarkeit seiner Werke schon seit Jahren für liebevolle Parodien.

Die amerikanische Sketch-Comedy-Show Saturday Night Live karikierte 2013 Andersons Stil als Horrorfilm-Trailer, die Zeichentrick-Satire „Family Guy“ produzierte eine ganze Kurzepisode in Anderson-Manier.

Regisseur mit Gespür für Komposition: Wes Andersons Filme

Durchgeknallt (1996) von Wes Anderson
Von den Kritiken gefeiert, vom Publikum aber weitestgehend übersehen: 1996 dreht Wes Anderson mit „Durchgeknallt“ seinen ersten Kino-Film. Schon dabei sind zwei Schauspieler seines Kernensembles: Owen Wilson und sein Bruder Luke (im Bild). Bild in Detailansicht öffnen
Rushmore (1998) von Wes Anderson
Deutlich erfolgreicher wird Andersons zweiter Film „Rushmore“ (1998), in dem ein Highschool-Schüler (Jason Schwartzman, Mitte) versucht, das Herz einer Grundschullehrerin zu erobern. Bild in Detailansicht öffnen
Die Royal Tenenbaums (2001) von Wes Anderson
„Die Royal Tenenbaums“ von 2001 genießt bis heute regelrechten Kultstatus. Der Film versammelt, Anderson-typisch, einen Allstar-Cast: Gene Hackman, Anjelica Houston, Bill Murray, Gwyneth Paltrow, Ben Stiller und Owen Wilson. Bild in Detailansicht öffnen
Die Royal Tenenbaums (2001) von Wes Anderson
Der Film folgt einer New Yorker Großfamilie, deren Vater nach Jahren in den Familienbund zurückkehrt. Sohn Chas (Ben Stiller, Mitte) lehnt eine Versöhnung mit dem Vater ab. Bild in Detailansicht öffnen
Darjeeling Limited  (2007) von Wes Anderson
Familiäre Bande sind auch das zentrale Thema in „Darjeeling Limited“. Drei Brüder (Jason Schwartzman, Owen Wilson, Adrien Brody) treffen sich in einem Zug in Indien, um ihre Mutter aufzusuchen, die ein indisches Kloster leitet. Bild in Detailansicht öffnen
Der fantastische Mr. Fox (2009) von Wes Anderson
2009 überträgt Anderson seine grafische Ästhetik in ein anderes filmisches Medium. Mit „Der fantastische Mr. Fox“ adaptiert der Regisseur ein Kinderbuch von Roald Dahl als Stop-Motion-Film. Bild in Detailansicht öffnen
Moonrise Kingdom (2012) von Wes Anderson
Wohl einer der emblematischsten Filme des Wes-Anderson-Stils ist „Moonrise Kingdom“ (2012), eine Coming-of-Age-Geschichte auf einer fiktiven Insel in Neuengland. Im Bild: Bill Murray, Frances McDormand, Edward Norton und Bruce Willis. Bild in Detailansicht öffnen
The Grand Budapest Hotel (2014) von Wes Anderson
Den bisher größten Kritikererfolg feierte Anderson mit „Grand Budapest Hotel“ (2014). Der Film, eine Liebeserklärung an das Werk von Stefan Zweig, spielt in einem heruntergekommenen Grand-Hotel in der Zwischenkriegszeit. Bild in Detailansicht öffnen
The Grand Budapest Hotel (2014) von Wes Anderson
Auf mehreren Zeitebenen verfolgt der Film die Erlebnisse von Zéro Moustafa, der als Page im Hotel beginnt und durch allerhand Widrigkeiten dem Hotel verbunden bleibt. Bild in Detailansicht öffnen
Isle of Dogs – Ataris Reise (2018) von Wes Anderson
Andersons zweiter Stop-Motion-FIlm „Isle of Dogs – Ataris Reise“ (2018) spielt in einem Japan, in dem Hunde nach einer Seuche auf eine unbelebte Insel verbannt wurden. Bild in Detailansicht öffnen
Isle of Dogs – Ataris Reise (2018) von Wes Anderson
Gemeinsam mit dem Jungen Atari begeben sich die Vierbeiner auf die Suche nach dem Geheimnis hinter der Hundeseuche. Bild in Detailansicht öffnen
The French Dispatch (2021) von Wes Anderson
„The French Dispatch“ (2021) ist Andersons Hommage an das Magazin „The New Yorker“ und eine ganze Autorengeneration. Bild in Detailansicht öffnen
Asteroid City (2023) von Wes Anderson
Eine texanische Stadt in den 1950er-Jahren, in der vor 3.000 Jahren ein Komet eingeschlagen ist, ist das Setting für Andersons neuesten Film „Asteroid City. Seit 15. Juni 2023 im Kino Bild in Detailansicht öffnen

Ein gefundenes Fressen für Instagram und TikTok

Andersons zeitlose Ästhetik machen ihn schon seit Jahren zum Phänomen in den sozialen Medien. Auf Instagram sammeln Fans Fotos aus aller Welt, die sie an die Welten seiner Filme erinnern.

Es sind verspielte Fassaden in Bonbonrosa und Korallenrot, quietschgelbe Türme inmitten einer vermeintlich unberührten Natur und besonders symmetrisch fotografierte Aufnahmen von Zugwaggons und Türenfluchten, die einem unweigerlich Andersons bekanntesten Filme, vor allem „Grand Budapest Hotel“ von 2014, vor Augen führen.

Auch filmisch setzen Anderson-Fans den Stil ihres Idols in den sozialen Medien um. Auf Instagram, Youtube und TikTok finden sich unzählige Urlaubsvideos und Alltagsszenen, die ganz eindeutig von der Handschrift des Filmkünstlers geprägt sind. All diesen Filmchen ist eines gemein: die Sorgfalt und Liebe zum Detail, mit der ihre Macher dem Ausnahme-Regisseur Tribut zollen.

Wiedererkennbarkeit sorgt im Zeitalter von K.I. für Reproduzierbarkeit

So handgemacht und künstlerisch bis ins allerletzte Detail durchdacht Andersons Welten sind, erscheint es schon fast wie Hohn, dass auch die gängigen K.I.-Systeme den Anderson-Stil nun erlernt haben und kopieren. Seit etwa einem Monat kursieren im Internet zahlreiche Trailer, die beliebte Filmreihen und große Klassiker in einer Neubearbeitung von Wes Anderson: Neben dem „Herrn der Ringe“ sind auch „Jurassic Park“, „Harry Potter“ oder die Serie „The Office“ nun in der Anderson-Ästhetik verfügbar.

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Dem Künstler Anderson ergeht es nun nicht anders wie etwa Vincent van Gogh, Rembrandt oder Leonardo da Vinci: Die Einzigartigkeit seiner Filme, ihre eindeutige Wiedererkennbarkeit, sie ist der Grund für ihre absolute Reproduzierbarkeit geworden.

Was der Regisseur selbst davon hält? „Wenn mir jemand so etwas schickt, lösche ich es sofort“, sagte der Regisseur unlängst in einem Gespräch mit der Times, „es tut mir leid, aber bitte schickt mir keine Sachen von Menschen, die mich nachmachen“. Hommagen sind schön und gut, Imitationen aber ungewünscht.

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Dominic Konrad