157.000 Migrantinnen und Migranten sollen 2023 über das Mittelmeer nach Europa gelangt sein, im Meer sind etwa 3000 von ihnen ertrunken. Wer sind die Menschen hinter den Zahlen? In „Ich Capitano“ erzählt Regisseur Matteo Garrone von zwei Jugendlichen aus dem Senegal, die sich auf den Weg nach Italien machen. Ein Film über das Erwachsenwerden, gedreht für die große Leinwand in den satten Farben eines Western.
Der Traum von Europa
Dakar, Senegal. Seydou spart mit seinem Cousin Moussa heimlich Geld, um nach Europa zu reisen. Seydou träumt davon, Geld nach Hause zu schicken, um Mutter und Schwestern zu unterstützen.
Regisseur Matteo Garrone hat für seinen Film in einem Flüchtlingslager in Catania recherchiert und das Drehbuch aus den Erinnerungen der Angekommenen erarbeitet. Sein Ko-Autor Mamadou Kuoassi brauchte drei Jahre, um von der Elfenbeinküste bis nach Italien zu gelangen.
Die Dialoge des Films wurden in Wolof übersetzt, die vorherrschende Sprache im Senegal. Im Original stellt die leise ruhige Stimme des Hauptdarstellers Seydou Sarr einen Sog her. Moustapha Fall als Moussa spielt den ausgelassenen Gegenpart. Im engen Miteinander wirken die beiden Schauspieler, als seien sie tatsächlich zusammen aufgewachsen.
Das Geschäft mit der Migration
„Ich Capitano“ stellt das Geschäft mit den Migranten in den Mittelpunkt. Die beiden Jungen begegnen korrupten Grenzbeamten, mafiösen Schleppern, halbstaatlichen Milizen, Sklavenhändlern.
Die wenigen Momente der Menschlichkeit hebt Matteo Garrone hervor, indem er sie in magische Bilder kleidet. Als eine Frau beim Marsch durch die Sahara zusammenbricht, kehrt Seydou um und gibt ihr zu trinken, muss die Sterbende aber zurücklassen. Danach schwebt ihr Körper weiterhin über dem jungen Mann.
Film über das Erwachsenwerden in den satten Farben eines Western
Die beiden Hauptdarsteller spielen diese Odyssee mit einer solchen Intensität, dass man ihre Strapazen fast physisch nachvollziehen kann. In Libyen werden die beiden Jungen getrennt.
Mit Hilfe der senegalesischen Gemeinschaft gelingt es Seydou, seinen Cousin Moussa wieder zu finden. Und am Hafen von Tripolis bekommt er ein scheinbar verlockendes Angebot.
„Ich Capitano“ ist ein Film über das Erwachsenwerden, gedreht für die große Leinwand in den satten Farben eines Western: die Farbenpracht in Dakar, die helle Sahara, die sepiabraunen Folterkeller, das Blau des Mittelmeers. Am Ende verwandeln die Großherzigkeit und der Mut des jungen Mannes das Flüchtlingsdrama in ein Heldenepos.
Trailer „Ich Capitano“, ab 4.4. im Kino
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