Die Oscar-Nominierung der britischen Schauspielerin Andrea Riseborough sorgt für einige Kontroversen. Zwar reichten die Vorwürfe einer instrumentierten Kampagne nicht aus, um die Nominierung zurückzuziehen, sagt die Academy. Doch der Fall führt einmal mehr vor Augen, wie weiße Schauspieler*innen von ihren soliden Netzwerken in Hollywood profitieren.
Fragen rund um die Oscar-Nominierung Andrea Riseborough
Die Nominierung als beste Schauspielerin für Andrea Riseborough bei den diesjährigen Oscars sorgt derzeit für reichlich Zündstoff in Hollywood. Im Independent-Film „To Leslie“ spielt die Britin eine alkoholkranke, alleinerziehende Mutter, die nach einem Lottogewinn ihr komplettes Vermögen durchbringt. Der Film, der im Oktober in den Vereinigten Staaten ein kleines Kino-Release hatte, spielte an den Kinokassen nur magere 27.000 US-Dollar ein. Er lief also weitestgehend unbeachtet.
Dass Riseborough jetzt neben Cate Blanchett, Ana de Armas, Michelle Williams und Michelle Yeoh als beste Schauspielerin nominiert wurde, sorgte für allgemeine Verwunderung. Zwar lobten Kritik*innen einhellig die Darbietung der 41-Jährigen, die zuletzt im Netflix-Musical „Mathilda“ zu sehen war, aber bei keinem der großen Filmpreise der diejährigen Saison wurde sie mit einer Nominierung bedacht.
Besonders brisant: Unmittelbar vor der Entscheidung über die Nominierten gab es in den Online-Netzwerken eine massive Werbekampagne für den Film und seinen Star. Hollywood-Stars wie Gwyneth Paltrow, Edward Norton, Kate Winslet und Jennifer Aniston zeigten sich mit Riseborough und Regisseur Michael Morris, posteten offensiv Lobgesänge und demonstrierten teils in relativ identischem Wortlaut ihre Unterstützung.
Instagram-Post von Gwyneth Paltrow
Academy sieht keinen Anlass für Aberkennung der Nominierung
Nachdem am Wochenende die internationale Presse über die Hintergründe der Nominierung spekulierte, kündigte die Academy of Motion Picture Arts and Sciences eine Untersuchung an. Am Mittwoch entschied die Akademie, die alljährlich die Oscars verleiht, dass die Umstände zwar „beunruhigend“ seien, aber kein Niveau erreicht hätten, dass eine Aberkennung der Nominierung erfordern würde.
Generell sind Oscar-Kampagnen in Hollywood nichts Ungewöhnliches und werden bis zu einem gewissen Maße geduldet. Zuletzt wurde 2014 dem Komponisten Bruce Broughton nach einer massiven Kampagne die Nominierung für den Titelsong des Films „Alone Yet Not Alone” aberkannt, Marvel versuchte 2022 mit einer Kampagne „Spiderman: No way Home“ unter die Nominierten zu hieven – erfolglos.
Benachteiligen Hollywoods Netzwerke Schwarze Filmschaffende?
Besonders brisant an der Causa Riseborough ist, welche Schauspielerinnen bei den Oscar-Nominierungen leer ausgegangen sind. Neben Cate Blanchett und Michelle Yeoh galten unter anderem die schwarzen Schauspielerinnen Viola Davis für ihre Rolle im Historiendrama „The Woman King“ und Danielle Deadwyler für „Till“ als Oscar-Favoritinnen.
Beide Filme zogen mehr Publikum an die Kinokassen als „To Leslie“, Davis war für ihre Darbietung als afrikanische Stammesfürstin für den Golden Globe und den Critics‘ Choice Award nominiert und ist im Rennen um den BAFTA und den Screen Actors Guild Award.
Acht Jahre nach der #OscarsSoWhite-Debatte muss sich Hollywood angesichts der neuesten Enthüllungen einmal mehr fragen, wieso ausgerechnet schwarze Filmschaffende hier ins Hintertreffen geraten konnten. Das mag nicht die Schuld von Andrea Riseborough oder dem Team hinter ihrem Film „To Leslie“ sein, aber es zeugt von einem nach wie vor bestehenden Ungleichgewicht innerhalb der Academy zu Ungunsten schwarzer Künstlerinnen und Künstler.
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