Studierende warten zum Teil seit Monaten auf ihr BAföG-Geld. Was für sie dramatisch ist, zeigt zugleich zwei grundlegende Probleme des Landes: absurde Bürokratie und gescheiterte Digitalisierung, meint Stefan Giese.
Eine Bürokratie, die mit "absurd" noch sehr wohlwollend umschrieben ist, und eine stümperhaft umgesetzte Digitalisierung, die mehr Probleme schafft als löst. Mit diesen sehr deutschen Gegebenheiten müssen sich gerade unzählige Studierende herumschlagen, die aus nicht so wohlhabenden Familien kommen. Für sie ist staatliche Unterstützung in Form von Bafög oft die Grundvoraussetzung, um finanziell halbwegs über die Runden zu kommen. Ich spreche aus persönlicher Erfahrung.
Kaum ein Bafög-Antrag ohne Fehler – warum nur?
Eine mindestens mittlere Katastrophe ist es deswegen, wenn das Bafög-Geld über Monate nicht auf dem Konto ankommt, wie es laut funk-Recherchen derzeit bundesweit vielen Studierenden ergeht. Das liegt – Sie ahnen es – an absurder Bürokratie und fehlgeschlagener Digitalisierung. Die aberwitzigen bürokratischen Hürden drücken sich schon darin aus, dass fast kein Antrag auf Bafög vollständig und fehlerfrei abgegeben wird. „Etwa einer unter 200“, so die Einschätzung einer Sachbearbeiterin aus Rheinland-Pfalz. Bei dieser Quote liegt der Fehler offensichtlich im System. Die gleichen Erfahrungen macht auch, wer es mit der neuen Grundsteuererklärung fürs Finanzamt zu tun hat.
Digitalisierung auf Papier
Die Nachbearbeitung der „fehlerhaften“ Anträge kostet Zeit. Verschärft wird die Situation dadurch, dass Bafög-Anträge mittlerweile zwar digital gestellt werden können, aber jeder einzelne der hunderttausenden Anträge wird dann in den zuständigen Stellen ausgedruckt. Allein für diese Aufgabe musste zusätzliches Personal angestellt werden. Mancherorts wurde sogar das Papier knapp. Damit nicht genug: Wenn verzweifelt wartende Studierende sich per E-Mail erkundigen, wie es denn um ihren Antrag steht, kommt die Antwort auf Papier. Per Schneckenpost. Ein zeitfressender Wahnsinn, über den man herzhaft lachen könnte, wenn er für die Betroffenen nicht so ernsthafte Folgen hätte.
Warum Bafög allein oft nicht zum Leben reicht (Audio):
Die Studierenden lernen hier zwei charakteristische Seiten unseres Landes hautnah kennen: eine große sozialpolitische Errungenschaft namens Bafög und eine mindestens ebenso große Notwendigkeit zu grundlegenden Reformen.
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