Eine Pflichtversicherung für Elementarschäden nützt der Politik, nicht den Bürgerinnen und Bürgern, meint Martin Rupps. Der Staat kommt nach einer Katastrophe billiger davon.
Mein Kollege Frank Bräutigam informiert heute oben im Editorial dieses Newsletters über die neu entfachte Debatte, ob Hausbesitzer eine Pflichtversicherung für Elementarschäden abschließen sollen. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gehört zu jenen, die sie fordern. Hochwasserschäden belasteten, argumentierte er bereits im Januar, die öffentlichen Haushalte enorm. Er kritisierte, dass nicht versicherte Hausbesitzer im Schadensfall vom Staat entschädigt würden – auch mit Geld aus Baden-Württemberg.
Näher besehen steckt der Teufel im Detail. Der Begriff „Pflichtversicherung“ erweckt den Eindruck, dass prinzipiell jedes Haus versichert würde – was derzeit nicht der Fall ist. Wer in einer Immobilie lebt, die mindestens einmal in zehn Jahren vollläuft, findet nur schwer einen Versicherer. Dann muss die Politik doch wieder ran. Kretschmann und Co. denken offenbar an einen Fonds, der mit Geld aus der Pflichtversicherung gefüllt würde. Ich bin gespannt, wie sie das wuppen und dabei alle Hausbesitzer gleich behandeln.
Winfried Kretschmanns Wunsch, für Hochwasserschäden nicht in öffentliche Haushalte zu greifen, finde ich redlich. Allerdings bezweifle ich, dass eine Ministerpräsidentin bzw. ein Ministerpräsident nach künftigen Katastrophen mit dem Finger auf die Versicherer zeigen, sprich politisch standhaft die Begehrlichkeiten der Geschädigten abweisen. Eine Soforthilfe – natürlich wieder aus Kassen von Ländern und Bund – wird von der Öffentlichkeit schlichtweg erwartet.
Laut Kretschmanns rheinland-pfälzischer Amtskollegin Malu Dreyer (SPD) trägt eine Pflichtversicherung „dazu bei, die Folgekosten solidarisch zu verteilen“. Heißt für mich: Die Politik holt sich das Geld schon vorweg, um im Schadensfall weniger zurückzugeben. Das mag das Leben als Berufspolitikerin leichter machen. Im Interesse der Bürgerinnen und Bürgern liegt es nicht.
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