Die Bundesregierung will Eigenproduktion und Konsum von Cannabis in begrenztem Maß erlauben. In „Zur Sache RLP“ diskutieren eine Headshop-Betreiberin und ein Polizist über das Für und Wider.
Melly Janetzka, 29 Jahre alt, betreibt in Kaiserslautern einen Laden, in dem man Pfeifen, Zigarettenpapier und vieles mehr für den Cannabiskonsum kaufen kann – ein sogenannter Headshop. Nur eines findet man in dem Laden nicht: Cannabis oder Hanf! Und Janetzka darf ihre Kundinnen und Kunden in dieser Sache auch in keiner Weise beraten. Sie fände es aber richtig, wenn der Cannabiskonsum und -anbau legalisiert würden.
Was sagt die Cannabis-Shop-Betreiberin aus Kaiserslautern?
Sorge, sie könnte mit ihrem Laden möglicherweise auch Sucht fördern, hat sie nicht. Die Kunden seien alle volljährig und sie als Geschäftsführerin entscheide, wem sie etwas verkaufe und wem nicht.
Janetzka nimmt wegen einer Erkrankung medizinisches Cannabis – vom Arzt verschrieben. Ist das vergleichbar mit Cannabis, das derzeit illegal verkauft wird? "Natürlich gibt es ehrliche und verantwortungsvolle Anbauer und Dealer, es gibt allerdings wiederum andere 50 Prozent, die verunreinigte Mittel drauf sprühen, um die Wirkung zu vervielfachen, zu verzehnfachen und verkaufen das als beste Qualität extrem verunreinigt an Jugendliche."
Und wenn es legale Cannabis-Shops gäbe, dann würden die Konsumenten sich nicht mehr den verunreinigten, gefährlichen Stoff auf dem Schwarzmarkt kaufen. Sie würden sich für die Qualität in legalen Shops entscheiden, meint sie.
Was sagt der Polizist aus Mainz zur Cannabis-Freigabe?
René Vroomen, 29 Jahre alt, ist Polizist und bei der Gewerkschaft der Polizei in Mainz. Illegales Cannabis beschlagnahmen sie in jeder Nachtschicht, erzählt er. Und er befürchtet, dass sich das mit der Legalisierung nicht bessert.
"Der Markt wird sich wahrscheinlich verschieben zu anderen Produkten. Vielleicht wird sich der Markt genau auf die Gruppe spezialisieren, die wir eigentlich schützen wollten, nämlich die Jugendlichen." Den typischen Cannabis-Konsumenten gebe es aber nicht. Die Spanne reiche vom Jugendlichen bis zum Senioren.
Vroomen fordert, dass viel mehr in die Prävention investiert wird. Denn nur weil es erst ab 18 Jahren erlaubt sei, heiße das nicht, das Minderjährige nicht an Cannabis dran kommen könnten. Das funktioniere dann so, wie man sich heute auch auf anderem Wege Alkohol oder Zigaretten mit 16 besorge.
Was sagt die Sucht-Medizinerin?
Die Ärztin Dr. Monika Vogelsang aus dem Saarland arbeitet seit Jahrzehnten mit Suchtkranken. Sie sieht eine besondere Gefahr für junge Menschen, deren Gehirn noch nicht ausgereift ist. Die Hirnreifung sei bei jungen Frauen etwa mit 21 Jahren abgeschlossen, bei jungen Männern etwa mit 23 Jahren.
"Wir würden aus medizinischer Sicht auch bei den 18-Jährigen noch sagen. Die sind zwar rein rechtlich erwachsen, aber die Hirnreifung, die dauert noch fort, sodass wir sagen würden: Je älter, desto besser. Aber ganz besonders kritisch ist es unter 16", sagt Vogelsang.
Durch den Konsum von Cannabis werden die Botenstoffe im Gehirn beeinträchtigt, erklärt die Medizinerin, ähnlich wie bei einer Betäubung. Der Konsument sei in diesem Zustand nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte.
Könnte die Cannabis-Freigabe erstmal nur getestet werden?
Bei einem gemeinsamen Treffen diskutieren die Cannabis-Shop- Betreiberin, Melly Janetzki und der Polizist René Vroomen über ihre persönlichen Bedenken. Was würde zum Beispiel passieren, wenn der Wunsch der Jungen Liberalen (Jugendorganisation der FDP) wahr würde und in Rheinland-Pfalz Modellregionen für den freien Cannabis-Verkauf eingeführt würden?
"Wir haben die Befürchtung, dass es dann halt überlaufen wird und die Region zum neuen Mekka wird. Und dass dann quasi diese kleine Region viel, viel mehr Konsumenten hat als sie auffangen könnte", sagt Vroomen.
Deshalb sei es ja wichtig, entgegnet Janetzki, dass erstmal nur die Leute aus der Region in den Shops einkaufen gehen dürfen und beipielsweise nicht der Konsument aus Frankenthal nach Mainz kommen könne.
Wird Drogenkonsum durch Cannabis-Legalisierung verharmlost?
Eltern, die zu Hause vor ihren Kindern einen Joint rauchen, volljährige Jugendliche, die für ihre minderjährigen Freunde Cannabis besorgen – Vroomen befürchtet, dass die Hemmschwelle sinken und mehr konsumiert werden wird als bisher.
Bei Alkohol und Nikotin werde das seit Jahrzehnten akzeptiert, sagt Janetzki. Es werde Werbung für Alkohol und Rauchen gemacht. "Finde ich genauso negativ. Aber warum sollten wir die eine Droge, also eine Pflanze, die offiziell als Medizin angesehen wird, so verpönen, wenn Alkohol und Nikotin sogar viel schädlicher ist."
"Das ist ein saugefährliche These, dass man jetzt die Wirkung von Alkohol, Nikotin und dem Cannabis-Wirkstoff THC miteinander vergleicht, weil alle sind Drogen und alle sind schlecht für die Menschen", meint Janetzki.