Campingurlaub liegt voll im Trend, zum Beispiel mit dem Zelt. Wer dabei aber vollgepackte Campingplätzen meiden möchte, kann auch einen Stellplatz bei Privatleuten finden.
Auf deutschen Campingplätzen haben im vergangenen Jahr so viele Menschen übernachtet wie nie zuvor: Nach einer Auswertung des Portals camping.de gab es rund 40 Millionen Übernachtungen und damit etwa 22 Prozent mehr als 2021.
In Rheinland-Pfalz war die Steigerung noch deutlicher. Das Statistische Landesamt zählte rund drei Millionen Übernachtungen auf Campingplätzen, 60 Prozent mehr als 2021 und gut sechs Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. Und der Boom ist ungebrochen, die Vorbuchungen sind vielerorts auf Rekord-Niveau.
Private Gärten als Alternative zu Campingplätzen
Der Ansturm führt immer wieder zu ausgebuchten Campingplätzen, vor allem in der Hauptsaison. Da das Wildcampen in Deutschland generell verboten ist, wird bei den Zelt-Fans eine andere Alternative immer beliebter: Stellplätze in Privatgärten.
Was in zahlreichen Ländern schon lange funktioniert, gab es hierzulande lange nicht. Ein Mangel, dachte sich die leidenschaftliche Camperin Nina Heyder. Sie habe in verschiedenen Ländern "viel gecampt - und festgestellt, dass man in den meisten Ländern ganz einfach Plätze dafür findet, sowohl zum Zelten als auch für sein Campingfahrzeug", sagte Heyder dem SWR. "Ich war vorher auch ein bisschen in Deutschland unterwegs und finde, dass das hier total fehlt."
Vom Hobby zum Unternehmen
Also gründete die heute 39-Jährige Anfang 2020 die Plattform "ZeltzuHause", auf der Menschen private Flächen mieten können, auf denen sie ihr Zelt aufstellen können. Rund 250 Zelt-Plätze werden über Heyders Plattform bislang deutschlandweit vermittelt. Die Zahl der Privaten schätzt die Unternehmerin auf etwa 70 bis 80 Prozent. Der Rest sind offizielle Campingplätze.
Fremde Frau sorgt für den "Klick"
Ähnlich wie Heyder geht es auch Hans-Jürgen Salmen. "Ich liege nicht gerne auf dem Campingplatz zwischen 30 anderen Zelten", sagt der 42-Jährige aus Wissen im Westerwald. Dass er nun selbst Gastgeber für Gleichgesinnte ist, verdankt er einem Zufall. "Eines Tages stand eine Frau vor meiner Tür und fragte, ob sie ihr Zelt auf meiner Wiese aufstellen könnte", erinnert sich Salmen. "Das war der Klick."
Er habe sich dann ein Unternehmen gesucht, das solche privaten Campingmöglichkeiten vermittelt, und sei bei "ZeltzuHause" fündig geworden. Dort bietet er seitdem zwei Stellplätze auf seinem Aussiedlerhof Holschbacher Höhe an, im Juni soll der dritte dazukommen. 15 Euro kostet dort eine Übernachtung, Dusche und WC sind inklusive, Feuerholz und Eier von den hofeigenen Hühnern kosten extra.
Ein Angebot, das zunehmend angenommen wird. "Ab Mai sind wir an den Wochenenden ausgebucht", sagt Salmen. Von April bis September habe er etwa 30 Übernachtungen im Monat. Inzwischen biete er seine Stellplätze auch bei anderen Anbietern an und habe eine eigene Homepage.
Corona und Inflation sorgen für Camping-Boom
Dass der Bedarf nach privaten Campingmöglichkeiten in Deutschland rasant zugenommen hat, ist auch Corona zu verdanken - und das, obwohl das Virus zeitweise auch die Campingplätze lahmlegte. "Durch Corona hatten wir zwei Monate kompletten Ausfall", erinnert sich Heyder. "Da durfte man keinen Platz in seinem Garten vermieten."
Doch als die Campingplätze wieder öffnen durften, war der Andrang groß. Wegen der vielen Beschränkungen bei Fernreisen wollten auch in Deutschland immer mehr Menschen Urlaub im eigenen Land machen, betont Salmen. Nicht nur die Zahl der privaten Stellplätze erhöhte sich deutlich, auch die Zahl der Firmen, die solche Plätze vermitteln. Inzwischen sind neben "ZeltzuHause" ein gutes Dutzend weitere Anbieter dazugekommen.
Auch die kräftigen Preissteigerungen seit dem russischen Angriff auf die Ukraine haben laut Salmen dazu geführt, dass immer mehr Menschen Urlaub im eigenen Zelt oder Wohnwagen machen - auch weil es einfach günstiger sei.
"Man trifft interessante Leute"
Auch Márcio de Sousa entdeckte seine Liebe zum Zelten in privaten Gärten während der Corona-Zeit. Zu Pfingsten 2022 fuhr der Kölner mit brasilianischen Wurzeln mit dem Fahrrad von seiner Heimatstadt nach Flensburg - mit vier Übernachtungen bei Privatpersonen. Das sei vom Preis her sehr günstig gewesen, sagt De Sousa. Ein großer Vorteil sei aber auch: "Man trifft interessante Leute."
Auch Heyder sieht das als einen wichtigen Punkt beim Zelten in Privatgärten. Sowohl die Vermieter als auch die Reisenden hätten Interesse daran, andere Menschen kennenzulernen. Das bestätigt auch Gastgeber Salmen. Der Austausch mit den Gästen sei für alle wichtig und spannend. De Sousa schließlich freut sich ebenfalls darüber, dass er mit den Anbietern der Stellplätze ins Gespräch kommt. Und könnte sich auch selbst vorstellen, einmal Gastgeber für Zelt-Touristen zu sein: "Wenn ich einen Garten hätte, würde ich das anbieten."