Wie sollen abgebrannte Waldstücke in Rheinland-Pfalz wieder aufgeforstet werden? Im abgebrannten Stadtwald Treuenbritzen wird dazu geforscht.

Waldbrände

So wird der Wald in RLP nach Brand aufgeforstet

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Autor/in
Jeanette Schindler

Kahle, schwarze Baumstümpfe, aschebedeckter Boden und dazu die anhaltende Trockenheit in Rheinland-Pfalz. Kann abgebrannter Wald von alleine regenerieren?

Am 3. August 2022 brach im Wald am Hambacher Schloss bei Neustadt an der Weinstraße ein Feuer aus. Bis in die Baumkronen brannten die Buchen, Eichen und Kastanien - was selten vorkommt. Sieben Hektar Wald fielen dem Feuer zum Opfer. "Das war der größte Waldbrand in Rheinland-Pfalz seit Jahren", sagt Michael Leschnig, der Leiter des Forstamtes Haardt. Wie kann man dem Wald nun am besten helfen, wieder zu wachsen?

Der abgebrannte Wald am Hambacher Schloss gehört größtenteils der gleichnamigen Stiftung. Was auf der abgebrannten Fläche nun passiert, dazu beraten die Forstleute den privaten Waldbesitzer.

Verbrannter Wald beim Hambacher Schloss
Der Wald am Hambacher Schloss nach dem verheerenden Feuer.


Aufforsten oder sich selbst überlassen?

"Auf keinen Fall kahlschlagen oder den abgebrannten Wald räumen", sagt Leschnig. Das sei die generelle Strategie der Landesforsten Rheinland-Pfalz. Vielmehr sollen die verbrannte Baumstümpfe stehenbleiben, eventuell neu austreiben oder wenigstens noch etwas Schatten bieten. In ihm können krautige Pflanzen und neue Bäume keimen. Wenn die toten Baumstämme eines Tages umfallen, saugt sich das Totholz nach Regen mit Wasser voll und sorgt für Feuchtigkeit am Waldboden. So die Idee hinter dem Konzept der "Naturverjüngung".

Welche Baumarten sind am besten?

"Wenn wir überhaupt pflanzen, dann in sogenannten Klumpen", erklärt Leschnig. "Das heißt: 30 bis 50 kleine Bäume werden auf einem Fleck gepflanzt, dazwischen bleiben große Flächen frei, wo der Wald sich selbst verjüngt und die Baumarten hervorbringt, die von der Natur 'eingespuckt' werden. Das sind dann oft Baumarten, deren Samen durch den Wind verbreitet werden."

Die Zitterpappel siedelt sich in Rheinland-Pfalz oft als erster Baum nach einem Waldbrand an.
Die Zitterpappel ist eine der ersten Baumarten, die auf abgebrannten Waldflächen wachsen. Ihr Samen wird vom Wind verbreitet.


Die Zitterpappel ist so ein Baum. Bei schwerfrüchtigen Baumarten, wie Eichen und Kastanien, deren Samen durch Tiere verbreitet werden, helfen die Förster nach. "Wir pflanzen beispielsweise Eichen, Buchen oder Winterlinden. Alles Bäume, die der zunehmenden Hitze und Trockenheit in Rheinland-Pfalz besser standhalten als etwa Fichten, die aus unseren Wäldern weitestgehend verschwunden sind", sagt Leschnig.

Generell verbreiten sich Feuer in Laubwäldern nicht so schnell, wie in einem Nadelwald. Das liegt auch daran, dass unter Nadelbäumen, der Waldboden dick mit trockenen Nadeln und Zapfen bedeckt ist und keine krautigen Pflanzen wachsen, die Feuchtigkeit speichern.

Laborwald Treuenbrietzen in Brandenburg

Ob sich dieses Konzept bewährt, um einen abgebrannten Wald zu regenerieren hat die Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde untersucht. Das Team von Pierre Ibisch, Biologe und Professor für Nature Conservation (Naturschutz) beobachtet ein 28 Hektar großes Gebiet im Stadtwald Treuenbrietzen in Brandenburg. 2018 hat ein Feuer dort vier Quadratkilometer Wald zerstört, ein riesiges Gebiet.

Biologe und Professor für nachhaltige Entwicklung,Pierre Ibisch, in einem Wald, der sich von einem Feuer erholt.
Pierre Ibisch, Professor der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, im 2018 abgebranntem Stadtwald bei Treuenbrietzen.

Ein Teil davon wurde komplett abgeräumt, gepflügt und mit Kiefern gepflanzt, in einem anderen Teil ließ man das Totholz überwiegend stehen und pflanzte stellenweise hitzeresistente Bäume. Und in einem dritten Abschnitt wurde der Wald komplett sich selbst überlassen und nicht verändert.

"Was wir bisher sagen können ist: Der Teil, der vollkommen sich selbst überlassen wurde, hat sich am besten erholt", sagt Ibisch. "Schon 2019 haben dort jede Menge kleiner Bäume gekeimt und das, obwohl es wenig geregnet hatte." Im dritten Sommer seien die jungen Bäume schon drei bis fünf Meter hoch gewesen und hätten an wärmeren Tagen für ein kühleres Mikroklima und "Windruhe" auf der Fläche gesorgt.

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Auf der kahlgeschlagenen Fläche seien die neu gepflanzten Kiefern dagegen fast zu 100 Prozent eingegangen. "Auf diesen kahlen Flächen herrscht große Hitze. Wir haben an manchen Tagen auf der Bodenoberfläche um 50 Grad gemessen, außerdem fegt der Wind über das Gelände", sagt Ibisch.

Nur kleine Waldbrände in Rheinland-Pfalz

In den vergangenen 20 Jahre stellten die Waldbrände in Rheinland-Pfalz noch keine bedeutende Gefahr für den Wald dar, sagt Tobias Stubenazy, Referent für Waldschutz in Rheinland-Pfalz. Pro Jahr seien etwa 0,001 Prozent der gesamten Waldfläche in Rheinland-Pfalz in Flammen aufgegangen.

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Das könne sich aber ändern. "Genaue Zahlen liegen erst im November vor, aber in diesem Jahr gibt es tatsächlich mehr und auch größere Brände als in den Vorjahren", sagt Stubenazy. "Und fast immer ist es der Mensch, der am Anfang eines Waldbrandes steht."

Das war vermutlich auch beim Waldbrand am Hambacher Schloss der Fall. "Das heißt jeder einzelne Spaziergänger, jeder, der an ausgewiesenen Stellen grillt, trägt Verantwortung. Es ist einfach grob fahrlässig und in der Regel strafbar, im Wald zu rauchen oder Feuer zu machen", mahnt Stubenazy.

Die Forstämter in Rheinland-Pfalz täten alles, damit Brände sich möglichst wenig ausbreiten. Der landeseigene Wald werde schon seit 30 Jahren umgebaut, sagt Stubenazy. Weg von den reinen Nadelhölzern, hin zu einem artenreichen Mischwald. Das verringere die Waldbrandgefahr. Zudem seien schon in den vergangenen Jahren weniger brandgefährdete Laubbäume gezielt gepflanzt worden.

Waldschutz hat Vorrang vor Holzwirtschaft

"Für uns steht grundsätzlich die Walderhaltung absolut im Vordergrund. Es geht nicht darum, den größtmöglichen Profit aus dem Wald zu ziehen", erklärt Leschnig, Leiter des Forstamtes Haardt.

Alle zehn Jahre müssen die Förster sozusagen Inventur im Wald machen und es werden Ziele festgesetzt. Für den Staatswald Rheinland-Pfalz gilt: Der Walderhalt hat absoluten Vorrang. Nur, das was zusätzlich an Baummasse wächst, darf geerntet werden. Für das Forstamt Haardt sagt Leschnig: "Wir ernten sogar nur 75 Prozent des jährlichen Zuwachses an Bäumen. Wir sorgen dafür, dass der Wald immer mehr wird."

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