Krebs gehört in Deutschland weiter zu der häufigsten Todesursache. Umso wichtiger, die Krankheit immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken - wie am Weltkrebstag.
David Weber und Jonas Ibn-Salem haben sich der Krebsforschung verschrieben. Aus Gesprächen und Erlebnissen im privaten Umfeld wissen sie um die Wichtigkeit ihrer täglichen Arbeit - beim Forschungsinstitut TRON (Translationale Onkologie), einer unabhängigen und gemeinnützigen Einrichtung in Mainz, die der Unimedizin der Johannes-Gutenberg-Universität zugeordnet ist. Doch der Blick für die Realität geht den Forschern dabei nicht verloren. Denn David Weber sagt im Gespräch mit SWR Aktuell auch, er glaube nicht, dass man Krebs vollständig besiegen kann.
Aber, "wir können die Überlebenschancen kontinuierlich immer weiter verbessern", so Weber. Irgendwann gebe es vielleicht einen Punkt, an dem Krebs nicht mehr so sehr als Bedrohung wahrgenommen werde. "Ich stelle mir das so vor [...] wie bei Infektionserkrankungen, an denen früher viele Menschen gestorben sind. Heute ist ein bakterieller Infekt für die allermeisten keine lebensbedrohliche Situation und wir machen uns nicht so viele Gedanken."
Mehr als 100 bekannte Krebsarten
Nach Schätzung des Zentrums für Krebsregisterdaten (ZfKD) wurden in Deutschland im Jahr 2019 insgesamt rund 500.000 Krebserkrankungen erstmalig diagnostiziert. Davon traten den Angaben zufolge bei Männern circa 268.000 und bei Frauen 235.000 Erkrankungen auf. Etwa die Hälfte der Fälle betrafen Brustdrüse, Prostata, Dickdarm oder Lunge. Ähnlich wie schon 2018. Experten gehen mittlerweile von mehr als 100 Krebsarten aus.
Die Heilungschancen bei einer Krebserkrankung, so Forscher David Weber, seien sehr individuell. Entscheidend sei weiterhin eine frühe Erkennung. Denn insbesondere dann, wenn ein Tumor schon gestreut habe und nicht mehr lokal an einem Ort sei, könnten mögliche Restzellen übersehen werden.
Bluttests zur Früherkennung noch nicht marktreif
Hoffnung, Krebszellen künftig schon nachweisen zu können, bevor Patientinnen und Patienten Symptome zeigen, macht eine Studie mit Bluttests. Ein internationales Forschungsteam wandte das neuartige Verfahren an mehr als 1.000 Probandinnen und Probanden an. Ein Teil von ihnen hatte Krebs, ein anderer war gesund. Mit Bluttests wurden schließlich 41 Prozent der Tumore im Frühstadium entdeckt.
Weltkrebstag Aktueller Forschungsstand: Bluttests zur Krebserkennung
Ein Schnelltest zur frühstmöglichen Krebserkennung - das klingt vielversprechend. Doch noch bedarf es viel Forschung, um die Bluttests auf Krebs in Europa marktreif zu machen.
Zur Marktreife von Bluttests reichen die erhaltenen Daten bislang nicht. Und selbst wenn - David Weber zeigt sich skeptisch, was bevölkerungsweite Screenings angeht. Diese seien schwierig, da auch sehr spezifische Tests immer eine gewisse Anzahl an falsch positiven Ergebnissen lieferten.
Der mRNA-Krebs-Impfstoff
In den vergangenen Jahren, so die Mainzer Wissenschaftler, habe es bei der Krebsforschung große Fortschritte gegeben, gerade bei den Immuntherapien, verbunden mit einem "Mehrwert für viele Patienten", beispielsweise durch eine bessere Verträglichkeit.
Mit dem benachbarten Biotechnologieunternehmen BioNTech arbeitet die TRON bei verschiedenen Forschungsprojekten zusammen. Kein Wunder, ist BioNTech-Gründer Uğur Şahin doch auch Gründer von TRON. Ein gemeinsames Projekt sind individuelle Krebs-Impfstoffe. Stichwort: mRNA (Def.: Boten-Ribonukleinsäure, die genetische Information für den Aufbau eines bestimmten Proteins in einer Zelle überträgt/ Quelle: Wikipedia). Die Impfstoffplattform mRNA ist in der Öffentlichkeit vor allem durch den Corona-Impfstoff von BioNTech/Pfizer bekannt geworden.
Jetzt soll mit Hilfe dieser Plattform eine therapeutische Impfung gegen Krebs möglich werden. Heißt, dass das Immunsystem in die Lage versetzt wird, einen Tumor zu erkennen und zu bekämpfen. Klinische Studien müssen zeigen, ob und für wen eine solche Impfung in Frage kommen würde.
Künstliche Intelligenz zur Unterstützung
Als Teil der Mainzer Wissenschaftsallianz versteht sich TRON als Bindeglied zwischen wissenschaftlichen Konzepten und klinischen Anwendungen am Patienten. Unterstützen lassen sich die Forscher bei ihrer Arbeit durch künstliche Intelligenz (KI). Computerprogramme werden mit vielen Daten "gefüttert" und sollen so, laut Jonas Ibn-Salem, dabei helfen, Mutationen von Tumoren zu erkennen und passende Marker für eine individuelle Krebstherapie zu finden.