Die Zahlen sind bedenklich. Jedes fünfte Grundschulkind in Rheinland-Pfalz kann nicht schwimmen. Und bei der DLRG gibt es Wartezeiten von bis zu zwei Jahren für Schwimmkurse.
Dass die Zahl der jungen Nichtschwimmer in den vergangenen Jahren auch in Rheinland-Pfalz gestiegen ist, hat verschiedene Gründe. Die Wesentlichen: Die Corona-Pandemie, die Sport- und Schulunterricht zeitweise unmöglich gemacht hat, und das Bädersterben.
Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Rheinland-Pfalz beklagt, es gebe immer weniger Wasserflächen - also Schwimmbäder - in denen Kinder, aber auch Erwachsene schwimmen lernen könnten. Laut dem Fachportal Bäderleben verringerte sich die Zahl der Freibäder in Rheinland-Pfalz seit 2020 um acht auf 131 und die der Hallenbäder ebenfalls um acht auf 35.
Ausgefallener Schwimmunterricht: Corona-Generation besonders betroffen
Besonders stark betroffen sei die Corona-Generation, für die es längere Zeit weder Schwimmunterricht in der Schule noch im Verein gegeben hat. "Das ist eine Bugwelle, die abgefedert werden muss", sagt Marco Vogt von der DLRG RLP dem SWR.
Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der DLRG hat sich die Zahl der Nichtschwimmer unter den Grundschülern seit 2017 verdoppelt. Rund 20 Prozent der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren konnten demnach 2022 nicht schwimmen. Die Zahlen seien leider immer noch aktuell, so Vogt.
Große Nachfrage nach Schwimmkursen
Entsprechend groß sei die Nachfrage von Eltern nach Schwimmkursen. Die Folge seien lange Wartelisten bei der DLRG: "Bis zu zwei Jahre müssen Kinder und auch Erwachsene warten, bis sie einen Kurs machen können", berichtet Vogt. Er sagt, die DLRG würde gerne mehr Kurse anbieten. Personell sei man einigermaßen gut aufgestellt. "Wenn ein Schwimmbad schließt, reduziert sich aber das Angebot."
Kein flächendeckender Schwimmunterricht in Schulen in RLP
Ein weiteres Problem: An vielen rheinland-pfälzischen Schulen gibt es keinen oder keinen regelmäßigen Schwimmunterricht. Insbesondere in ländlichen Gegenden sei das oft schwierig, wenn es in der Nähe der Schulen keine Bäder gebe und die Anfahrt weit sei, heißt es von der DLRG.
Das bestätigt auch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) auf SWR-Anfrage: "Hier muss jede einzelne Schule überlegen und entscheiden, welcher Zeitansatz für die Fahrt zum nächstgelegenen Schwimmbad pädagogisch vertretbar ist, damit nicht übermäßig viel wertvolle Lernzeit für die Hin- und Rückfahrt zum und vom Schwimmbad verbraucht wird."
Schulen entscheiden selbst über Schwimmangebot
Ziel müsse immer sein, Schülerinnen und Schülern den Schwimmunterricht zu ermöglichen, heißt es von der ADD. Eltern sowie Schülerinnen und Schüler können sich aber nicht darauf verlassen, dass dieser auch stattfindet. Auch der Zeitpunkt ist laut ADD nicht festgelegt: "In welchem Schuljahr und in welchem Umfang in diesem Rahmen der Schwimmunterricht durchgeführt wird, entscheiden die Grundschulen anhand der organisatorischen Vorgaben und örtlichen Möglichkeiten." Das gilt auch für Schwimmunterricht in der Sekundarstufe 1.
LSB fordert Nachbesserungen
Auch der Landessportbund Rheinland-Pfalz (LSB) sieht Handlungsbedarf bei der Förderung des Schwimmsports. "Schwimmen können bedeutet im extremen Fall auch sein Leben oder das von anderen retten zu können", sagt LSB-Sprecher Dominik Sonndag dem SWR. "Nicht nur jedes Kind, sondern jeder Mensch sollte schwimmen können."
Sonndag nimmt dabei die Landespolitik in die Pflicht. Diese habe die Förderung des Schwimmsports sowie die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen beim Schwimmenlernen im Koalitionsvertrag niedergeschrieben: "Jedes Kind soll am Ende der Grundschulzeit sicheres Schwimmen beherrschen."
Um dieses Ziel zu erreichen, müsse in drei Bereichen nachgebessert werden, so LSB-Sprecher Sonndag: Es müsse mehr geeignete Bäder geben, die Vereine müssten in den bestehenden Bädern mehr Wasserzeiten bekommen und schließlich müssten mehr Trainerinnen und Trainer gewonnen werden.
Programm von Land und Landessportbund
Im Sommer 2021 hatte der Landesportbund ein vom Land finanziertes Schwimmprogramm für Kinder aufgelegt. In den vergangenen beiden Jahren seien damit rund 5.300 Kinder gefördert worden. Auch in diesem Jahr stünden insgesamt 117.500 Euro zur Verfügung, sagt Sonndag.