Bis 2030 soll der gesamte Strom im Land aus erneuerbaren Energien kommen. Dafür werden auch Photovoltaikanlagen gebraucht. Doch der Fachkräftemangel bremst die Energiewende.
Es kommen einfach keine Leute nach. Marvin Scherf ist Abteilungsleiter für Photovoltaik (PV) bei der Elektrofirma Benzmüller aus Saarburg und sucht händeringend nach Fachkräften. 10 Mitarbeiter sind bei der Firma für die Installation für PV-Anlagen zuständig. 15 wären besser, sagt Marvin Scherf.
Um Menschen für den Job zu gewinnen, hätte die Firma bereits alles Mögliche getan. Man habe Werbung in den sozialen Medien geschaltet und arbeite mit Vermittlungsfirmen zusammen. Bringt aber alles nichts. Es bewerben sich einfach zu wenig Leute, so Scherf.
Fachkräftemangel führt zu langen Wartezeiten bei PV-Anlagen
Für die Kunden bedeutet das lange Wartezeiten. Von der Anfrage bis zur Montage vergehen oft neun Monate. Dabei könnte man so viel schneller arbeiten, würden nicht so viele Fachkräfte fehlen.
"Wir würden auch gerne noch deutlich mehr Aufträge annehmen", sagt Marvin Scherf. Er wisse aber nicht, woher er die Mitarbeiter dafür bekommen soll.
Daneben sorgen auch Lieferengpässe in der Solarbranche für lange Wartezeiten. Bis zu einem Jahr musste das Unternehmen im vergangenen Jahr auf Material warten. Da dauerte es häufig noch länger, bis die Anlagen auf dem Dach waren.
Energiewende leidet unter Fachkräftemangel
Nicht nur die Firma Benzmüller sucht verzweifelt nach Fachkräften. In der ganzen Region fehlt es in vielen Branchen an Personal.
Besonders groß ist der Bedarf im Elektrohandwerk. Auch in der Sanitär-Heizungs-Klima-Branche gibt es viele offene Stellen. Zusammen werden dort in der Region Trier etwa 800 Fachkräfte gesucht, so die Handwerkskammer Trier (HWK).
Bericht des Weltklimarates Zukunftsszenario: So verändert der Klimawandel Rheinland-Pfalz
Der Klimawandel schreitet laut Weltklimarat schneller voran, die Folgen sind verheerender als gedacht. Ein Ausblick auf das Jahr 2050 in Rheinland-Pfalz: So wirkt er sich auf das Land und die Menschen aus.
Und das seien genau die Bereiche, die so relevant für die Energiewende sind, sagt der Geschäftsführer der HWK Trier, Matthias Schwalbach.
Dabei sollen jetzt schnell Gebäude modernisiert, Heizungen ausgetauscht und die Stromversorgung auf erneuerbare Energien umgestellt werden.
Damit diese "Jahrhundert-Aufgabe" der Energiewende gelingt, brauche es deutlich mehr Fachkräfte in den entsprechenden Bereichen, sagt Schwalbach.
"Das Land, Kammern, Fachverbände und die Innungen müssen sich an einen Tisch setzen und für eine Qualifizierungsoffensive sorgen", fordert Matthias Schwalbach von der HWK.
Photovoltaikanlagen werden immer attraktiver
Dabei werden Leistungen der Elektrobetriebe immer gefragter. Gerade im Bereich Photovoltaik ist die Nachfrage enorm gestiegen, sagt der Photovoltaikspezialist Marvin Scherf.
Das liege an steuerlichen Vergünstigungen bei der Anschaffung und dem hohen Strompreis. Aber auch mehr Umweltbewusstsein bei den Menschen sorge dafür, dass es für viele immer attraktiver wird, in eine PV-Anlage zu investieren.
Und demnächst soll auch noch eine Pflicht für öffentliche Gebäude zur Installation von PV-Anlagen hinzukommen.
Land will 100 Prozent Ökostrom bis 2030
Dieser Zuwachs wird auch benötigt, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Bis 2030 soll der Stromverbrauch in Rheinland-Pfalz vollständig mit erneuerbaren Energien gedeckt werden. Ein Viertel davon soll die Sonne liefern.
Die Stadt Trier gilt als einer der Vorreiter bei den erneuerbaren Energien in Rheinland-Pfalz. Zwar wird in der Stadt jetzt schon viel Solarstrom produziert. Doch es soll noch mehr werden. Das geht aus dem Klimaschutzkonzept der Stadt hervor.
Viele Solaranlagen in Trier - aber auch genug?
Bis heute haben im Stadtgebiet Trier etwa 1.400 Unternehmen und Haushalte eine Photovoltaikanlage, so die Stadtwerke Trier.
2022 wurden so etwa 6 Prozent des städtischen Strombedarfs in das öffentliche Netz eingespeist. Zusammen mit den kommunalen Anlagen stellt die Sonnenenergie somit die größte Energiequelle der Stadt Trier dar.
Gerade der Anteil an privaten Anlagen wächst von Jahr zu Jahr in der Stadt Trier. Im letzten Jahr sind 4 Millionen installierte Kilowattstunden hinzugekommen, so die Stadtwerke.
Rein rechnerisch bedeutet das: Innerhalb von 24 Stunden Sonnenschein können diese Module in Trier etwa 1.300 Einfamilienhäuser zusätzlich ein Jahr lang mit Strom versorgen.
Bürgerinnen und Bürger sollen mitmachen Stadt Trier stellt Klimaschutzkonzept der Öffentlichkeit vor
Trier hat seit Dezember ein Klimaschutzkonzept. Ambitioniertes Ziel: Die Stadt will klimaneutral werden. Am Donnerstagabend wurde das Konzept vorgestellt – mit Bürgerbeteiligung.
Bis 2024 doppelt so viel Ökostrom in Trier
Die Stadt Trier hat sich große Ziele gesetzt. Anfang des Jahres stellte sie ein Klimaschutzkonzept vor.
Bis 2024 soll die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in der Region fast verdoppelt werden, heißt es in dem Papier. Dafür möchte die Stadt unter anderem über die Stadtwerke Trier vorrangig auf den Ausbau von Windkraft und Photovoltaik setzen. Sie setzt aber auch auf den privaten Ausbau von Photovoltaikanlagen.
Für den Saarburger Photovoltaik-Experten Marvin Scherf und sein Team bleibt also weiterhin viel zu tun. Er hofft daher, dass sich in den kommenden Jahren mehr junge Menschen für eine Ausbildung im Elektrohandwerk entscheiden.
Fachkräftemangel Vor welchen Herausforderungen steht der Arbeitsmarkt?
Der deutsche Arbeitsmarkt gilt als robust. Mit 45,9 Millionen Beschäftigten sind so viele Menschen wie nie erwerbstätig. Allerdings werde sich diese Zahl in den kommenden Jahren stark reduzieren, sagt Manuela Barisic vom Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn, da die Baby-Boomer aus dem Berufsleben ausscheiden und in Rente gehen würden. Aufgrund der niedrigen Geburtenrate könnten "freiwerdende Arbeitsplätze nicht mit ausreichend vielen Arbeitskräften nachbesetzt werden." Hinzukomme ein steigender Bedarf an Menschen, die in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Soziales arbeiten müsse, da Deutschland eine "alternde Gesellschaft" sei.
Wie zusätzliches Personal für die genannten Berufsgruppen gewonnen werden kann, erläutert die Arbeitsmarktexpertin im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Arne Wiechern.