Die Wahl des AfD-Politikers Robert Sesselmann zum Landrat im thüringischen Sonneberg sorgt im Eifelkreis Bitburg-Prüm für Diskussionen. Wird die Kommune die Partnerschaft beenden?
Für Nico Steinbach ist die Sache klar: Mit einem AfD-Landrat kann sich der Landtagsabgeordnete aus dem Eifelkreis keine Zusammenarbeit vorstellen. "Das ist eine rote Linie", sagt der SPD-Politiker: "Mit so einem Hetzer gemeinsame Sache zu machen, ist für mich als Sozialdemokraten und meine Fraktion unvorstellbar."
Sesselmann gehöre zum Umfeld von Björn Höcke, sei Teil seines als verfassungsfeindlich eingestuften Landesverbandes in Thüringen. Er sei auch in der Vergangenheit und im Wahlkampf mit rechtsextremen Äußerungen aufgefallen, so Steinbach. Der SPD-Politiker daher plädiert dafür, die Partnerschaft mit dem Sonnebergkreis zu beenden oder zumindest ruhen zu lassen: "So leid uns das in der Seele auch tut, weil wir in der Vergangenheit eine tolle Freundschaft gepflegt haben."
Partnerschaft seit der Wende
Diese kommunale Partnerschaft begann vor mehr als 30 Jahren, nach der Wiedervereinigung. Seitdem gab es gegenseitige Besuche und gemeinsame Ausflüge. Die Partnerschaft sei dem Eifelkreis daher auch sehr wichtig, sagt Landrat Andreas Kruppert (CDU): "Dieser Austausch über drei Jahrzehnte hat viele Freundschaften entstehen lassen. Es sind ganz, ganz wertvolle Beziehungen entstanden."
Dazu mag auch beigetragen haben, dass der frühere Sonneberger Landrat Hans-Peter Schmitz selbst aus Neidenbach in der Eifel stammt, einem Ort in der Nähe von Bitburg. Auf Anfrage des SWR schreibt Schmitz: "Es sind zwischen den einzelnen Akteuren Freundschaften entstanden, die mit dem Herzen getragen werden." Die Partnerschaft aufzukündigen, hält er daher für "den absolut falschen Weg": "Es war eine demokratische Wahl und die Entscheidung der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler ist zu akzeptieren."
Diese Entscheidung fiel nun auf Robert Sesselmann. Mit 52,8 Prozent haben die Sonneberger den AfD-Politiker zu ihrem Landrat gewählt. Es ist das erste kommunale Spitzenamt, das die Alternative für Deutschland bislang gewinnen konnte. "Dieses Ergebnis haben wir als Demokraten zu respektieren", meint Kruppert. Mehr will er dazu aber nicht sagen, auch nicht über die Zukunft der Partnerschaft: "Inwieweit das Wahlergebnis Auswirkungen auf die Partnerschaft hat, liegt in der Hand der beiden Kreistage."
Partnerschaft mit Sonneberg könnte Thema in der nächsten Kreistagssitzung werden
Der Kreistag des Eifelkreises trifft sich bereits am Freitag zur nächsten Sitzung. Zunächst soll über das Thema aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit gesprochen werden, erklärt Kreis-Sprecher Thomas Konder. Eine Entscheidung über die Zukunft der Partnerschaft werde voraussichtlich nicht fallen und womöglich auf die nächste Sitzung am 17. Juli vertagt.
Ob es dann eine Mehrheit für ein Ende der Partnerschaft geben wird, ist fraglich. Die über 30 Jahre gewachsene Partnerschaft einfach aufzugeben, ist für den Eifeler Landtagsabgeordneten Michael Ludwig (CDU) jedenfalls der falsche Weg. Auch er freue sich nicht über das Wahlergebnis der AfD, sagt der Politiker, der auch im Kreistag sitzt: "Aber jenseits von Herrn Sesselmann haben wir ja auch viele Kontakte zu den Verwaltungen, Gemeinden und Vereinen aufgebaut."
Patrick Schnieder, CDU-Bundestagsabgeordneter und Kreistagsmitglied, sagt: "Die Aufkündigung der Partnerschaft wäre in meinen Augen eine übereilte Reaktion. Diese Partnerschaft lebt ja nicht nur von den jeweiligen Landräten." Schnieder plädiert dafür, abzuwarten, wie sich der neue Landrat im Amt verhält, der aus seiner Sicht auch wegen Versäumnissen der Politik gewählt wurde: "Die Stärke der AfD ist als Protest gegen die Politik, insbesondere auf Bundesebene, zu verstehen."
Ex-Landrat sieht keinen Grund für Ende der Partnerschaft
Ähnlich sieht es Joachim Streit. Der frühere Eifeler Landrat und Landtagsabgeordnete der Freien Wähler: "Habecks Wärmepumpen-Gesetz hat hat die Menschen auch im ländlich geprägten Sonneberg-Kreis völlig verunsichert." Diese Verunsicherung habe die AfD nutzen können, meint Streit.
15.000 von 55.000 Menschen im Landkreis Sonneberg haben Robert Sesselmann gewählt, so der Landtagsabgeordnete: "Das heißt auch: 40.000 haben ihn nicht gewählt. Es gibt deshalb keinen Grund die Partnerschaft mit Sonneberg zu beenden. Die Mehrheit ist dort nicht für die AfD."
Im Eifelkreis ist die AfD weit weg von einer Mehrheit, sie hat derzeit zwei Sitze im Kreistag. Auf einem davon sitzt Boris Schnee, der die Äußerungen seiner Kollegen im Gremium nicht verstehen kann: "Vorschnelle Reaktionen und Aufrufe die Verbindung zu Sonneberg zu beenden sind enttäuschend und ein Zeugnis für ein fehlgeleitetes Demokratieverständnis. Leider können wir nicht behaupten überrascht zu sein, aber mit Sicherheit sind wir von den Kollegen enttäuscht."
Austausch mit AfD-Landrat Sesselmann für SPD undenkbar
Für Nico Steinbach ist ein Austausch mit Sesselmann dennoch undenkbar: "Wir können nicht so tun, als hätten wir es hier mit Demokraten zu tun", sagt der SPD-Politiker, der sich wünscht, dass sich die anderen Fraktionen am Freitag seinem Vorschlag anschließen.
Die Grünen haben dies bereits signalisiert. "Als Grüne im Eifelkreis verweigern wir jeglichen Kontakt zum AfD Landrat und erwarten dies auch von unserem Landrat", schreibt Fraktionssprecherin Lydia Enders. Den Kontakt zu Vereinen, Verwaltung und Kulturinitiativen wolle man aber nicht aufgeben.
Der frisch gewählte AfD-Landrat Robert Sesselmann hat auf SWR-Anfrage zur Zukunft der Partnerschaft mit dem Eifelkreis nicht reagiert. Jürgen Treutler aus der AfD-Kreistagsfraktion in Sonneberg schreibt aber: "Wir schätzen die Zusammenarbeit auf allen Ebenen mit unserem Partnerlandkreis. Ich selbst, hatte mehrmals die Gelegenheit an gemeinsamen wunderbaren Treffen teilzunehmen. Wir werden diese Zusammenarbeit weiter pflegen und ausbauen." Zumindest dann, wenn der Eifelkreis sich nicht doch entscheidet, die Partnerschaft aufzukündigen.