Die Region Trier bereitet sich auf einen weiteren Anstieg von Flüchtlingen aus der Ukraine vor. Viele Menschen bieten ehrenamtlich Hilfe an - doch sie stoßen oft an ihre Grenzen.
Nach wie vor flüchten viele Menschen vor dem anhaltenden Krieg in der Ukraine. In den Wintermonaten rechnen die Kommunen in der Region Trier mit einem weiteren Anstieg der Flüchtlingszahlen.
Doch schon jetzt fehlt Wohnraum für Geflüchtete. Das teilten Städte und Landkreise auf SWR-Anfrage mit. Bei akuter Not könne man Gemeinschaftsunterkünfte reaktivieren oder ehemalige Hotels anmieten, sagte der Sprecher des Landkreises Trier-Saarburg. In Bernkastel-Kues wird seit Anfang Woche ein ehemaliges Hotel als Unterkunft für Geflüchtete genutzt.
Helfer verzweifeln an bürokratischen Hürden
Umso mehr setzen die Kommunen auf ehrenamtliche Helfer, die private Unterkünfte in Wohnungen, Häusern oder bei Familien zur Verfügung stellen oder vermitteln. Einer von ihnen ist Harald Jacob aus Trier. Hauptberuflich arbeitet er beim Pädagogischen Landesinstitut Rheinland-Pfalz. In seiner Freizeit hilft er Geflüchteten.
Bei der Trierer Ehrenamtsagentur hat er im vergangenen Jahr eine Schulung zum Flüchtlingsbegleiter gemacht. Jacob kümmert sich zum Beispiel um eine Unterkunft, bemüht sich um Sprachkurse für die Geflüchteten oder organisiert einen Schulplatz für die Kinder der Familien. Doch immer wieder verzweifelt er an bürokratischen Hürden.
Die Probleme von Andrii und Eva Rudenko
Jacob berichtet von den Rudenkos, die er aktuell betreut. Andrii und seine Tochter Eva sind gemeinsam vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet und leben seit Anfang August in einer Wohnung in Trier. Während die 12-Jährige einen Platz in der Schule hat und einen Deutschkurs besucht, hat sich ihr Vater in Geduld üben müssen. Er ist gelernter Elektriker und hätte am liebsten schon nach seiner Ankunft in Deutschland gearbeitet, um den Lebensunterhalt zu verdienen.
Fiktionsbescheid vom Ausländeramt fehlt
Hierfür hat ihm allerdings lange Zeit der sogenannte Fiktionsbescheid gefehlt. Dabei handelt es sich um eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis, die die geflüchteten Ukrainer bei der Registrierung vom Ausländeramt der Stadt Trier ausgestellt bekommen. Bei vielen Behördengängen ist die Bescheinigung eine wichtige Grundvoraussetzung. Sie wird auch gebraucht, um sich beim Jobcenter registrieren zu lassen, um Arbeit zugeteilt zu bekommen.
Software-Problem in der Behörde
Grund für die fehlende Bescheinigung war ein Software-Problem, mit dem das Ausländeramt mehrere Wochen zu kämpfen hatte. Mittlerweile ist der Defekt behoben. Wie das Amt auf SWR-Anfrage mitteilte, müssen die angefallenen Anträge erst aufgearbeitet werden. Dies werde - bedingt durch den hohen Krankenstand und auch wegen des Fachkräftemangels - einige Zeit in Anspruch nehmen. Ein Wartezustand, der bei vielen Geflüchteten an den Nerven zehrt.
Mails blieben beim Ausländeramt unbeantwortet
Die Software-Panne sei nicht das Problem, sagt Harald Jacob. Er ärgert sich vielmehr über die Art der Kommunikation zwischen den Behörden und den Geflüchteten. Über mehrere Wochen hinweg wurde Andrii nicht von der Ausländerbehörde über den Stand der Dinge aufgeklärt. Mails blieben teilweise unbeantwortet, erzählt Jacob. Hinzu kämen automatisierte Schreiben vom Jobcenter, die Andrii Fristen setzten, bei denen schon im Vorhinein klar war, dass er sie ohne Fiktionsbescheid nicht einhalten könne.
Ehrenamtsagentur unterstützt Flüchtlingshelfer
Ein Umstand, der den Flüchtlingshelfer schlichtweg verzweifeln lässt. Andreas Schleimer von der Ehrenamtsagentur Trier versucht, die Wogen zu glätten. Durch die Unsicherheit könne vieles nicht bis ins Detail geplant werden und an vielen Stellen kämen Mitarbeiter auch an ihre Belastungsgrenzen, so Schleimer.
Flüchtlingshelfer wünscht sich mehr Transparenz
Harald Jacob weiß, dass den Mitarbeitenden in den Ämtern und Behörden die Hände gebunden sind. Er wünscht sich dennoch mehr Transparenz und Informationen für die betroffenen Familien in den laufenden Prozessen.
Immerhin gibt es auch Dinge, die bei Andrii und seine Tochter Eva reibungslos funktioniert haben: Eva hat einen Schulplatz und Andrii ein Bankkonto. Seit wenigen Tagen kann sich Andrii allerdings so richtig freuen. Er hat inzwischen seinen Fiktionsbescheid, mit dem er nun auf Arbeitssuche gehen kann.