Protest am Limit

Trierer Waldbesetzer trotzen Minusgraden

Stand
Autor/in
Lara Bousch

Wenn die Überzeugung stärker ist: Trotz eisiger Temperaturen harren Waldbesetzer in Trier-Zewen in ihren Baumhäusern aus. Sie wollen damit den Bau einer Straße verhindern.

Die Sonne scheint, doch sie wärmt nicht an diesem Dezembertag kurz vor Weihnachten. Der Waldboden ist fest gefroren, dazwischen kleine Flecken aus Eis. Minus sieben Grad zeigt das Thermometer am Mittag an. Es ist kalt in dem Waldstück zwischen Igel (Kreis Trier-Saarburg) und Trier. Seit fast zwei Jahren wird es von Aktivisten besetzt. Auch hohe Minustemperaturen haben daran bisher nichts geändert.

Camp der Waldbesetzer zwischen Trier und Igel (Kreis Trier-Saarburg).
Baumbesetzer und Aktivist "Meyer": Seit rund zwei Jahren halten er und seine Mitstreiter das Waldstück zwischen Trier und Igel (Kreis Trier-Saarburg) besetzt. Auch bei Temperaturen von minus zehn Grad. Bild in Detailansicht öffnen
Camp der Waldbesetzer zwischen Trier und Igel (Kreis Trier-Saarburg).
Der sogenannte "Tower": Das größte Baumhaus im Camp steht auf Stelzen fast sieben Meter über dem Waldboden und hat drei Etagen. Von hier aus kann das ganze Lager überblickt werden. Bild in Detailansicht öffnen
Camp der Waldbesetzer zwischen Trier und Igel (Kreis Trier-Saarburg).
In dem Waldstück sollen Bäume für eine Bundesstraße gefällt werden. Den sogenannten Moselaufstieg. Für die Aktivisten ein absurder Plan. Bild in Detailansicht öffnen
Camp der Waldbesetzer zwischen Trier und Igel (Kreis Trier-Saarburg).
Die kleine Küche im Baumhaus: Für ihren Protest verzichten die Aktivisten auf viel Komfort. Bild in Detailansicht öffnen
Camp der Waldbesetzer zwischen Trier und Igel (Kreis Trier-Saarburg).
In der kleinen Küche wird alles so gelagert, dass es auch vor Mäusen sicher ist. Zur Zeit lässt die Kälte die Lebensmittel und das Wasser gefrieren, wenn der Ofen nicht an ist. Bild in Detailansicht öffnen
Baumbesetzer "Meyer" im zweiten Stock des Baumhauses. Das Camp der Waldbesetzer befindet sich zwischen Trier und Igel (Kreis Trier-Saarburg).
Ausblick aus dem zweiten Stock des Baumhauses. Hier ist der Raum mit den Betten. Die Polster sollen den Schlafplatz vor Kälte schützen. Bild in Detailansicht öffnen
Camp der Waldbesetzer zwischen Trier und Igel (Kreis Trier-Saarburg)
Manche der Baumhäuser im Camp sind nur mit einem Kletterseil erreichbar. Weil Sicherheit wichtig ist, gibt es regelmäßig Kletterkurse, bei denen auch solche Knoten gelernt werden. Bild in Detailansicht öffnen
Camp der Waldbesetzer zwischen Trier und Igel (Kreis Trier-Saarburg).
Nach tagelangen Minustemperaturen ist der Waldboden festgefroren. Trotzdem wollen die Aktivisten auch bei diesen Wetterbedingungen bleiben. Solange es nötig ist, erklären sie. Bild in Detailansicht öffnen

Baumhäuser gegen Abholzungen im Trierer Wald

Sechs Baumhäuser und ein paar Hütten haben die Aktivisten auf dem Areal errichtet. Eines der Baumhäuser hat drei Etagen und ragt rund sieben Meter über dem Waldboden. Es hat Balkone, eine Küche und Betten für mindestens 5 Personen. Die Bewohner nennen es den "Tower".

Aus ihm kann das ganze Lager überblickt werden. Zwischen den Bäumen hängen Transparente mit Forderungen. Doch um die schöne Aussicht geht es den Waldbesetzern nicht. Dass sie trotz Minusgraden im Wald ausharren, hat einen Grund. Den Klimaschutz.

Genau hier, wo sich das Lager befindet, soll eine Bundesstraße gebaut werden. Der sogenannte Moselaufstieg. Für die Aktivisten ein absurder Plan.

"In Zeiten von Klimawandel können wir es uns nicht mehr leisten, noch mehr Bäume zu fällen. Nur um Platz für klimaschädliche Autos zu machen."

Gekommen, um zu bleiben

In den letzten beiden Jahren hat sich der Widerstand im Wald verfestigt. Die Aktivisten haben ihre Baumhäuser winterfest gemacht, damit sich auch in der kalten Jahreszeit immer jemand im Waldlager aufhalten kann.

Schlafen und Essen bei Minusgraden

Im ersten Stock des Baumhauses gibt es eine Küche mit einem kleinen Herd, der mit Holz befeuert wird. Während einer der Aktivisten - er will unerkannt bleiben und nennt sich einfach "Meyer" - das Feuer mit seinem Atem anfacht, bilden sich vor seinem Mund kleine Nebelschwaden. Doch ehe es warm wird, dauert es eine Weile. "Wenn man hier zwei, drei Stunden das Feuer an hat, merkt man einen deutlichen Unterschied", erzählt Meyer.

Waldbesetzer Trier Zewen
Der einzige Komfort gegen die Kälte: Im größten Baumhaus befindet sich ein kleiner Holzherd, an dem sich die Waldbesetzer wärmen und etwas kochen können.

Wie macht man eigentlich Frühstück, wenn alles gefroren ist? Meyer schaut nach in einer Kiste im Küchenregal. Im Moment ist das Brot noch nicht gefroren, antwortet er. Alternativ müsse man sich eben auf dem Herd etwas warm machen. "Das dauert natürlich. Feuer anmachen, Topf drauf, umrühren." Irgendwie bekomme man das immer hin. "Zur Not gibt es Plätzchen oder so."

Auch das Schlafen bei Minusgraden sieht Meyer eher gelassen. Manche der Baumhäuser sind isoliert. Mit Schlafsack und manchmal auch zu zweit auf kleinem Raum werde einem nachts nicht so kalt, sagt der Aktivist und lacht.

"Zwei Paar Socken im Schlafsack und dann kuscheln, das geht schon. Wenn man die Bäume davor schützen will, gefällt zu werden, muss man mehr oder weniger damit klar kommen."

Verzichten für den Klimaschutz

Das Lager im "Besch", so heißt das Waldstück, ist mindestens immer von einer Person besetzt. Auch wenn die Aktivisten im Moment nicht mit einer Räumung rechnen. Die Baupläne sollen erst in mehreren Jahren umgesetzt werden.

Dennoch bleibt das Lager auch nachts nicht unbewohnt. Irgendwann werde es sicher so weit sein, dass sie zwangsläufig ständig hier sein müssen, um die Bäume zu schützen. Es ist eine Art Übung für den Ernstfall, so sieht Meyer das. Dass das auch unbequem sein kann, nehmen sie alle hier in Kauf - auch an den Feiertagen.

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Lara Bousch