Eine Bergbaufirma will den Scharteberg in Kirchweiler abbaggern. Wird das erlaubt, stehen alle Naturdenkmäler in der Vulkaneifel auf dem Spiel, sind sich Naturschützer und Kreis sicher.
Der Radersberg, der Kalenberg und der Goldberg in der Vulkaneifel: weg. Der Feuerberg: bald weg. "Eine ganze Reihe landschaftsprägender Vulkane ist einfach nicht mehr da", sagt Hans-Peter Felten vom NABU Daun. Und der Scharteberg: vielleicht auch bald weg. Das zumindest befürchten Naturschützer und der Kreis Vulkaneifel. Denn eine Abbaufirma aus Hillesheim klagt, um den Basalt des Schartebergs in Kirchweiler abbauen zu dürfen.
Die Angst, dass der Schlackenkegel, der vor 600.000 Jahren als Teil eines Komplexvulkans entstanden ist, verschwinden könnte, ist Teil eines langjährigen Konflikts: Einerseits ist die einzigartige Vulkanlandschaft der Eifel wissenschaftlich interessant und lockt Touristen an. "Die Untere Naturschutzbehörde in meinem Haus steht fest dahinter, dass der Scharteberg erhalten werden muss", sagt daher die Landrätin des Kreises Vulkaneifel, Julia Gieseking (SPD).
Andererseits wird Vulkangestein wie Basalt zum Beispiel für den Straßenbau genutzt. Die Gemeinden, auf deren Gebiet die Vulkane stehen, verdienen über den Bruchzins an jeder Tonne abgebauter Lava mit. Der Konflikt jetzt um den Scharteberg reicht bis in die Anfänge der 2000er Jahre zurück - rechtlich sogar bis in die NS-Zeit.
Naturdenkmal seit 85 Jahren
Es war 1938, als der damalige Kreis Daun nach dem Reichsnaturschutzgesetz den Gipfel des Schartebergs zum Naturdenkmal erklärt hat. Zehn Jahre später wurde dann der ganze Berg ab dem Höhenmeter 640 als Naturdenkmal geschützt. Und damit auch das "Hinterweiler Köpfchen". Was den Scharteberg für die Wissenschaft so einzigartig macht, ist nämlich dieser zweite Gipfel neben dem eigentlichen - der Doppelgipfel.
Dort darf also kein Gesteinsabbau betrieben werden. Es sei denn, die Kreisverwaltung der Vulkaneifel als Rechtsnachfolgerin des damaligen Kreises Daun gestattet es. Drum herum darf abgebaut werden und das geschieht auch durch die Firma, die jetzt klagt. Sie hatte schon 2005 versucht, zu erreichen, dass sie den Scharteberg abbaggern darf. Der Kreis lehnte das ab.
Versehentliche Sprengung am Scharteberg?
Dann gab es im Jahr 2008 plötzlich eine Sprengung direkt am Scharteberg. 20.000 Kubikmeter Gestein kamen damals nach Messungen des Landesamtes für Geologie und Bergbau runter, erzählt Felten. Juristische Folgen gab es nicht - man konnte der Bergbaufirma keine Absicht nachweisen, es war wohl eine falsch dosierte Sprengung.
Dennoch verhängte der Kreis eine Geldbuße von 5.000 Euro wegen einer Ordnungswidrigkeit. "Ich weiß nicht, ob man die aus dem Verkauf der 20.000 Kubikmeter Gestein locker hat bezahlen können", sagt Felten. Locker lässt die Firma derweil nicht: Als das Landesamt für Geologie und Bergbau 2021 die Betriebszulassung der Firma verlängert, weist es darauf hin, dass weiterhin gilt: Der Scharteberg darf nicht abgebaggert werden.
Dagegen klagt die Firma, das Verwaltungsgericht Trier weist die Klage im Mai dieses Jahres ab. Die Firma legt Berufung ein und will sich derzeit auch nicht zum laufenden Verfahren äußern. Die Berufung wird vom Oberverwaltungsgericht Koblenz wegen "besonderer rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten" zugelassen. Wann verhandelt wird, ist laut Gericht aber noch nicht klar.
Naturdenkmäler in der ganzen Vulkaneifel in Gefahr
Was klar ist: In der Verhandlung geht es nicht mehr nur allein um den Scharteberg: "Die Naturschutzverordnung als Ganzes wird angegriffen", sagt Naturschützer Felten. Die Klägerin ist nämlich der Meinung, der Scharteberg sei 1938 rechtswidrig zum Naturdenkmal ernannt worden, weil er nicht die dafür erforderliche "Einzelschöpfung" sei. Sprich: Er steche nicht aus der restlichen Natur heraus.
Nach dem heutigen Bundesnaturschutzgesetz würde der Scharteberg auch nicht zum Naturdenkmal erklärt, weil er dafür zu groß ist. "Wenn wir sagen: 'Das ist ein rechtskräftig ausgewiesenes Naturdenkmal', dann wird uns vorgehalten, das war zu Zeiten des Reichsnaturschutzgesetzes. Göring war damals Minister, davon will man heutzutage relativ wenig wissen", sagt Uli Buchs von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises.
Das Gericht muss also klären, ob die Verordnung von 1938 und die Ergänzung von 1948 noch gelten oder ob der Scharteberg nach dem aktuellen Bundesnaturschutzgesetz neu bewertet werden muss.
Landesamt steht auf Seiten der Abbaufirma
Der Kreis ist bei den Verfahren zwar beigeladen, kann im Grunde genommen aber nichts ausrichten. Und noch etwas lässt die Sorge bei Kreis und Naturschützern steigen: Plötzlich sind Klägerin und Beklagte der gleichen Meinung, dass der Scharteberg kein schützenswertes Naturdenkmal ist. Das Landesamt kann auch nicht erkennen, dass der Berg eine abgegrenzte Einzelschöpfung ist, sagten seine Vertreter vor dem Verwaltungsgericht Trier. Das führte die Verhandlung direkt vor Ort am Scharteberg.
"Das Problem ist: Wenn die jetzt hier an die Fragestellung gehen: 'Fällt das Naturdenkmal?' – dann fällt das natürlich nicht nur hier. Dann haben wir auch an allen anderen Punkten im Landkreis das gleiche", befürchtet Landrätin Gieseking. Man müsse sich daher auch auf der Ebene der Landespolitik für den Scharteberg und andere gefährdete Vulkane in der Eifel einsetzen.
Einsatz bei den Bürgern und in der Politik
"Statt 'Ist das Kunst oder kann das weg?' fragt man sich gerade hier: 'Ist das Natur oder kann das weg?'", kommentiert Sepp Wagner vom NABU Daun den Konflikt. Deshalb hatte er Interessierte zu einem Rundgang am Scharteberg eingeladen. Man wolle die Gerichtsentscheidung nicht beeinflussen, trotzdem aber auf das wichtige Thema aufmerksam machen.
Und ein erstes Ergebnis des Rundgangs gibt es auch: Die Landtagsvizepräsidentin Astrid Schmitt (SPD), die ihr Bürgerbüro in Kirchweiler hat, kündigt an, sich beim Umwelt- und beim Wirtschafts- und Verkehrsministerium für den Scharteberg einzusetzen: "Es braucht das Gespräch. Ich habe die Sorge, dass man das, was jetzt schon begonnen wurde, kompromisslos bis zum letzten Lavasteinchen abbauen will."