Überraschende Entdeckung

Schildkröten in der Mosel: Invasive Art breitet sich aus

Stand
Autor/in
Christian Altmayer
Foto von Christian Altmayer, Redakteur bei SWR Aktuell im Studio Trier

Ausgesetzte Schildkröten überleben wegen des Klimawandels immer länger. An der Mosel bilden sie sogar schon Kolonien. Das kann zur Gefahr für andere Tiere werden.

Dorit Vogel fährt gerade zur Arbeit, als sie am Straßenrand etwas entdeckt. "Zuerst habe ich gedacht, es wäre ein Stein", sagt die Frau aus Traben-Trarbach. Doch sie bremst dann doch ab, steigt aus dem Auto und schaut genauer hin: Es ist eine Schildkröte, die da am Ortseingang von Ürzig sitzt.

Direkt unter dem Hochmoselübergang hat Dorit Vogel die Schildkröte gefunden. Dort soll es eine Kolonie der Tiere geben.
Direkt unter dem Hochmoselübergang hat Dorit Vogel die Schildkröte gefunden.

Das Tier ist etwas größer als ein Fußball und hat gelbe Streifen an Kopf und Bauch. Es ist eine sogenannte Buchstaben-Schmuckschildkröte, die eigentlich in Florida heimisch ist und nicht an der Mosel.

Schildkröten-Kolonie am Hochmoselübergang

"Ich wusste ja nicht, ob das Tier verletzt ist", sagt Vogel und beschließt, die Schildkröte zum Tierarzt zu bringen. "Die war schon sehr wehrhaft, hat gestrampelt und nach mir geschnappt und sich sogar entleert", erzählt die Moselanerin, die sich beim Nabu Wittlich engagiert. Schließlich bekommt sie den Exoten aber doch ins Auto und in die Praxis. Das Tier sei gesund, sagt der Arzt. Und dazu ist es noch in bester Gesellschaft.

Schildkröten tauchen auch in der Pfalz und am Rhein auf

Denn die Schildkröte lebt nicht allein in der Mosel. Unter dem Hochmoselübergang hat sich inzwischen eine Kolonie angesiedelt. Umweltschützern wie Vogel macht das Sorgen. Denn die Schildkröten sind eine invasive Art. Sie fressen Insekten, Larven und Eier von Vögeln, Fischen und Amphibien wie dem seltenen Laubfrosch. Wenn sie sich vermehren, könnten sie heimische Tierarten verdrängen.

"Eine Gefahr für die Biodiversität" sieht auch die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD-Nord). Nicht nur für das Moseltal. Denn der Umweltbehörde sind nach eigenen Angaben auch Vorkommen an der Nahe sowie entlang des Rheins in Rheinhessen und der Pfalz bekannt.

Nur wenige Reptilienauffangstationen im Land

Die SGD-Nord will die Lage weiter im Blick behalten. Und hofft daher, dass Bürger Beobachtungen der Schildkröte melden, zum Beispiel auf dem Portal Artenfinder. Wer eine verletzte Schildkröte findet, kann sich beim Reptilium des Zoos in Landau oder bei der Reptilienauffangstation in Polch melden.

Wissenschaftler weisen nach: Schildkröten vermehren sich

Dort landen bereits seit Jahrzehnten amerikanische Schmuckschildkröten. Vor allem Tiere, die aus Terrarien weggelaufen sind oder von ihren Besitzern ausgesetzt wurden. Neu ist allerdings, dass die Schildkröten hierzulande überleben.

Erst kürzlich konnten Wissenschaftler der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und des Senckenberg Instituts in Dresden durch genetische Tests nachweisen, dass sich drei nordamerikanische Arten in Baden-Württemberg vermehrt haben. Und dort neue Generationen heranziehen.

Klimawandel begünstigt Überleben der Schildkröten in Deutschland

Früher starben die Tiere meist nach wenigen Jahren, weil sie die Kälte nicht vertragen. Durch den Klimawandel wird es aber auch hierzulande wärmer. Die Folge: Auch Schildkröten fühlen sich hier zunehmend wohl, wie die Dresdner Biologin Melita Vamberger sagt. "Der Klimawandel begünstigt die Etablierung der gebietsfremden Schildkröten in Europa", so die Experin. Verantwortlich für die Verbreitung sei am Ende aber der Mensch, der sich exotische Arten als Haustiere hält und sie damit einschleppt.

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Behörden schreiten nur selten ein

Die Behörden schreiten nur in Ausnahmefällen ein, heißt es bei der SGD-Nord. Wie etwa nach dem Fund einer Schmuckschildkröte in Dernbach im Westerwald. Auch dort hatte ein Bürger ein solches Reptil am Straßenrand entdeckt. Die Naturschutzbehörde hatte es dann eingeschläfert.

Die Artgenossen der Ürziger Schildkröte schwimmen dagegen immer noch in der Mosel. Auch wenn Dorit Vogel schon länger keine mehr gesehen hat.