Die Bissula, der Nachbau eines römischen Handelsfrachters, sticht in See. Der Transport durch Frankreich hat länger gedauert als geplant.
So hatten sich die Wissenschaftler der Universität Trier die Reise ihres Römerschiffes nicht vorgestellt. Erst eineinhalb Wochen später als geplant kamen sie mit der "Bissula" in Cannes an. Der Grund laut Professor Christoph Schäfer: "Die Bürokratie."
Denn erstmal hätten die französischen Behörden sich Zeit gelassen mit den Durchfahrtsgenehmigungen für den Schwertransporter. "Am Ende hing es an einem Departement im Süden", sagt Schäfer. Erst als auch die letzte Genehmigung da war, konnte das Schiff auf einen Lastwagen geladen und durch Frankreich transportiert werden.
"In Marseille war dann aber schon wieder Schluss" erzählt Schäfer. Denn die französische Polizei habe sich tagelang außerstande gesehen, den Schwertransport zu begleiten. Anfang der Woche hat es dann aber doch geklappt. Und inzwischen ist die "Bissula" mit einem Kran ins Hafenbecken von Cannes gehievt worden. Der Ballast sei im Rumpf verstaut und der Mast gestellt, so der Professor: "Es hat dann doch alles wunderbar funktioniert."
Projekt ist weltweit einzigartig
Bis in den Hafen im saarländischen Dillingen verlief die Reise noch reibungslos, so Schäfer. Weniger als einen Tag brauchten die Forscher für die Fahrt über Mosel und Saar. Dafür waren die Wissenschaftler und Studenten früh morgens im Trierer Hafen Monaise losgefahren. Schon gegen sieben Uhr hatte die Crew die Leinen losgemacht. Gefahren wurde aber nicht mit dem Wind, sondern mit einem Dieselmotor. "Mit dem Mast hätten wir gar nicht unter den vielen Brücken an Saar und Mosel durch gepasst", sagt Schäfer.
Christoph Schäfer hatte lange auf den Tag des Aufbruchs gewartet: "Wir sind sehr froh, auch ein bisschen aufgeregt, weil es jetzt losgeht. Es ist schon ein riesiges Unternehmen, was wir hier machen." 2019 hat sein Team den römischen Handelsfrachter nachgebaut. Bislang war das Holzschiff nur auf der Mosel unterwegs. Nun sollen die Testfahrten auf dem Mittelmeer zügig beginnen.
Wissenschaftler wollen länger in Cannes bleiben
"Wir konnten auf der Mosel gut feststellen, wie hoch das Schiff an den Wind gehen kann", sagt Professor Christoph Schäfer, der das Projekt leitet: "Das heißt, in welcher Richtung zum Wind kann man wie schnell segeln." Was die Forscher auf dem Fluss hingegen nicht erproben konnten, ist, wie das Schiff sich bei Wellengang oder starken Strömungen verhält. Das wollen sie nun mehrere Wochen lang in der Bucht von Cannes testen.
Weil die Forscher jetzt Zeit verloren haben, wollen sie den Aufenthalt am Mittelmeer noch etwas verlängern. "Wir brauchen schon eine Weile, um die Testfahrten zu unternehmen", sagt Schäfer. Und ganz ungefährlich ist die Sache auch nicht, sagt der Professor. Ob die Bissula den Wellen überhaupt standhält, sei noch unklar. Es sei sogar möglich, dass das Schiff kentert, weil es über keinen schweren Kiel verfügt.
Projekt ist weltweit einmalig
Auch Johanna Klusch kennt die Tücken des Frachters. Die Studentin segelt seit Jahren auf dem Rhein und nimmt auch an Meisterschaften teil. Daran, ein römisches Handelsschiff zu steuern, musste sich die 20-Jährige aber trotzdem erst gewöhnen. Denn der Frachter ist viel schwerer als die Segler, die sie gewohnt ist, und weniger wendig: "Ich hatte anfangs Respekt. Es hat dann aber super, super Spaß gemacht. Gerade weil es ganz anders ist, macht es das super interessant."
Klusch kann ihre Leidenschaft fürs Segeln mit ihrem Geschichtsstudium verbinden: "In so ein großes Forschungsprojekt reinschnuppern zu können, ist eine große Ehre und auch eine super Chance." Zumal die Herangehensweise von Christoph Schäfer und seinem Team "einzigartig" ist, wie der Professor sagt: "Die Versuche, die wir hier fahren, sind bislang einmalig. Es gibt nur diesen einen Nachbau eines römischen Handelsschiffs und daher auch keine Daten darüber, wie sich solche Schiffe auf See verhalten. Da ist aus der Antike kaum etwas überliefert."
Moderne Software für alte Seerouten
Und hier kommt Junior-Professor Pascal Warnking ins Spiel, der in Cannes zur Crew gestoßen ist. Warnking will nämlich moderne Software nutzen, um Daten über das Schiff zu erfassen: Wie schnell kann es fahren, wie reagiert es auf Wind und Wetter? Wie weit konnten die Römer damit segeln? All diese Informationen will das Forschungsteam zusammentragen.
Schiff könnte im Mittelmeer kentern
"Von der touristischen Anziehungskraft und dem Glamour der südfranzösischen Filmstadt" wird das Team hingegen nur wenig zu sehen bekommen, teilte die Universität mit. Denn von Morgens bis Abends werde die Crew aus Studenten und Wissenschaftlern in der Bucht unterwegs sein - sofern das Schiff dem standhält.
Die Forscher sind aber guter Dinge, dass sie die Bissula wieder heil zurück nach Trier bringen. "Sie liegt uns sehr am Herzen", sagt Warnking: "Und deshalb werden wir auch alles daran setzen, dass sie nicht in Cannes untergeht."