In der Moscheegemeinde Jünkerath in der Eifel sind die Türen offen für alle. Deshalb hat man hier auch Nicht-Muslime zu einem letzten gemeinsamen Fastenbrechen im Fastenmonat Ramadan eingeladen.
Es ist laut, trubelig, familiär und sehr herzlich: das letzte Fastenbrechen in der Moscheegemeinde Jünkerath. Draußen ist es noch hell, als sich Männer und Frauen an die Tische setzen. Die sind schon gedeckt mit Milchreis, Baklava und gefüllten Weinblättern.
Nach und nach werden die warmen Speisen aufgetragen. Den ganzen Nachmittag schon haben die Frauen sie in der Küche zubereitet. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang verzichten Muslime im Ramadan auf Speisen und Getränke. Essen zuzubereiten, ohne probieren zu dürfen, ist anstrengend, sagt eine der Frauen. Aber die Vorfreude ist größer: "Wir machen das mit Liebe, Leib und Seele."
Gemeinsames Fasten viermal im Ramadan
"Iftār", das Mahl am Abend während des Fastens, wird im Ramadan normalerweise in der Familie begangen. Aber in der Moscheegemeinde, die von Hallschlag über Prüm bis Lissendorf ein großes Einzugsgebiet mit rund 400 Mitgliedern hat, wird an vier Abenden im Ramadan gemeinsam das Fasten gebrochen.
Finanziert wird das reichliche Essen aus Spenden. Denn Spenden ist für Muslime im Ramadan Pflicht, sagt Salih Sarp, der Vorsitzende der Gemeinde: "Aber, ob jemand spendet oder nicht - jeder ist hier willkommen." Das sei überhaupt der Grundsatz seit elf Jahren: "Unsere Türen und Fenster sind für jeden offen."
Keine Grenzen zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen
Deshalb organisiere die Gemeinde auch gemeinsame Friedensgebete mit Katholiken und Evangelen aus Jünkerath. Die Mitglieder der Moscheegemeinde haben auch schon die katholische Ostermesse besucht, freut sich Sarp: "Momentan kann ich sagen: Wir sind überglücklich, dass wir hier sind. Wir haben einen sehr guten Draht zu den anderen Glaubensgemeinschaften."
Kein Wunder also, dass zum Fastenbrechen auch Nicht-Muslime eingeladen sind: Heute sind Mitglieder der Polizei und der Hilfsorganisation "Eifellicht" dabei. Sie sind schon gespannt und freuen sich auf das gemeinsame Erlebnis.
Umso mehr kränkten manchmal die Vorurteile, der Islam schließe andere Religionen aus, sagt die Sekretärin der Gemeinde, Pelin Cakil: "Oftmals wirkt das nach außen so. Die Religion des Islam ist eine sehr große Gemeinschaft. Aber wenn man mal mittendrin ist, dann merkt man, dass das absolut nicht so ist. Wir empfangen jeden herzlich."
Denn so habe es auch der Prophet Mohammed gemacht. Es sei eine Pflicht, sich Andersgläubigen gegenüber gut zu verhalten. Auch die Andersgläubigen sind Nachbarn, sagt Cakil: "Da gibt es keine Grenzen."
Körperliche und seelische Reinigung im Ramadan
Entsprechend herzlich empfangen die Frauen und Männer der Gemeinde die Gäste. Und es werden Ausnahmen gemacht. Eine Sache ist dann nämlich doch ungewohnt für die Nicht-Muslime: "Normalerweise sind Frauen und Männer hier ja so ein bisschen getrennt. Aber heute machen wir das nicht", sagt Sarp, der aus der Türkei stammt und Eifeler Platt spricht.
Es ist laut im Raum neben der Küche im Haus. Vor lauter Geplauder vergessen alle fast das Wichtigste des Abends: "Wann geht die Sonne denn unter?", fragt einer der Gäste. "Ist schon, haben wir gar nicht mitbekommen. So, guten Appetit", wünscht Sarp.
Das Fasten wird mit einer Dattel und einem Glas Wasser gebrochen. Dass man beim Fasten auch nichts trinken darf, wundert viele Nicht-Muslime, erzählt Cakil: "Im Ramadan, dem Monat der Barmherzigkeit, steht ja nicht nur das Fasten, sondern auch das Spirituelle im Vordergrund."
Die Reinigung der Seele sei wichtig. Dass man tief in sich hineingeht, sich von allem Materiellen und Negativen löst. Alles Weltliche ganz nach unten setzt, sagt Cakil. Das Beste aus sich herausholt und reflektiert: Was ist wichtig und was nicht.
Cakil fastet für ihren Glauben und schöpft die Kraft dafür auch genau daraus: "Die ersten Tage sind immer sehr schwierig, das ist klar. Aber man gewöhnt sich daran. Es ist eine Sache von Disziplin. Und ich bin fest der Überzeugung, dass man die Kraft dafür von Allah bekommt. Daran glaube ich."
Trennung von Frauen und Männern beim Gebet
Schon während des Fastenbrechens spricht der Imam ein Tischgebet. Nach dem Essen geht es für alle zum Abendgebet in die Moschee. Auch hier ein für Nicht-Muslime ungewohntes Bild: Frauen und Männer beten in getrennten Räumen. Der Imam betet im Raum der Männer und wird per Lautsprecher in den Raum der Frauen übertragen.
Ein kleines Mädchen setzt sich trotzdem in den Raum der Männer. Zwei Jungen spielen während des Gebets. Die zweite Generation in der Moscheegemeinschaft ist in Deutschland geboren. Ansonsten kommen die Mitglieder aus der Türkei, Afghanistan, Syrien oder afrikanischen Ländern. Es gebe auch acht Deutsche, die zum Islam konvertiert sind, sagt Sarp.
Nicht-Muslime loben familiäre Atmosphäre
Nach dem Gebet sitzen alle wieder an den Tischen gemütlich bei Tee und türkischem Mokka zusammen. Die Gespräche gehen weiter. Die Gäste haben gute Laune, nachdem sie alle zum ersten Mal bei einem Fastenbrechen dabei waren.
Das Besondere daran ist die familiäre Stimmung, sagt Marco Kruft vom Verein Eifellicht, der römisch-katholisch ist: "Diesen Zusammenhalt habe ich bei den Katholiken in dem Format noch nicht erlebt. Ich bin total begeistert. Wir kommen wieder!" Seine Frau Sabine pflichtet ihm bei: "Wir fühlen uns sehr wohl hier. Alle sind sehr gastfreundlich."
Und das sieht auch Vereinskollege Ewald Hoffmann so: "Ich bin angenehm überrascht und das Essen war auch spitzenmäßg."