Nach fast zwei Jahren Insolvenz hat der Hahn mit der Triwo AG einen Käufer. Ist das die Chance für den Flughafen? Der SWR sprach mit dem Luftverkehrsexperten Christoph Brützel.
SWR Aktuell: Der Flughafen Hahn hatte früher einmal vier Millionen Passagiere pro Jahr. Der neue Besitzer Peter Adrian (Triwo AG) sagt, er sehe gute Chancen, dass das Passagier - und Frachtgeschäft wieder wächst - also dass man da wieder hinkommt. Sehen Sie das auch so?
Christoph Brützel: Das sehe ich auf keinen Fall so, dass das Passagieraufkommen im Linienverkehrsbereich da jemals wieder hinkommen wird. Herr Adrian, der Investor, hat sehr viel Erfahrung mit Flughäfen, allerdings nicht mit Linienverkehrsflughäfen, also mit großen Flughäfen.
Das, was er betreibt, zum Beispiel in Zweibrücken oder auch in Oberpfaffenhofen, das sind Sonderlandeplätze, wo er Business-Aviation betreibt und andere luftverkehrsaffine Geschäfte und zum Teil Gewerbeparks eingerichtet hat. Darin sehe ich eigentlich die Chance, die in dieser Investition liegt.
Ich sehe keine Chance, dass man diesen Verkehrsflughafen am Hahn 24 Stunden für kommerzielles Fluggeschäft mit mehr als Hundertsitzern wirtschaftlich betreiben kann.
SWR Aktuell: Wie ist es denn mit der Fracht? Es schwärmen ja immer alle davon, dass am Hahn nachts Flugverkehr möglich ist.
Christoph Brützel: Davon schwärmt man allerdings schon seit 20 Jahren. Aber die haben alle nicht verstanden, wie das Frachtgeschäft funktioniert. Die internationale Fracht ist ein Langstreckengeschäft, bei dem aus den Frachtflugzeugen, die ankommen, die Fracht in Europa verteilt werden muss. Dafür braucht es ein Lkw-Verteilnetz und dafür wird es am Hahn nie die kritische Masse geben. Die, die mal zum Hahn geflogen sind, haben von dort die Fracht mit dem Lkw nach Frankfurt gebracht, um sie dort zu verteilen.
SWR Aktuell: Warum ist es so schwer, einen Flughafen in der Größenordnung wirtschaftlich zu betreiben?
Christoph Brützel: Wenn man einen Verkehrsflughafen betreibt, dann muss man die Flugsicherung bereit halten. Das ist nicht nur von den Investitionen in die Landesysteme, in die Radarsysteme kostenintensiv, sondern insbesondere auch vom Personalbetrieb. Alleine die Flugsicherung kostet an einem Verkehrsflughafen mehrere Millionen Euro.
Dann ist da die Feuerwehr: Sie müssen, wenn Sie einen Verkehrsflughafen haben, für diese Boeing-Flugzeuge eine ganz andere Ausstattung mit Feuerwehrfahrzeugen haben. Da haben Sie auch Kosten von mehr als einer Million Euro im Jahr.
Und diese Kosten können Sie an einem Regionalflughafen mit einem Passagieraufkommen, wie der Hahn es hat nicht decken. Zumal nicht, wenn Sie nicht die Flughafenentgelte verlangen können, wie sie an Flughäfen wie Düsseldorf oder Frankfurt verlangt werden. Diejenigen, die am Hahn fliegen wie Ryanair, fliegen nur deshalb dort, weil sie sehr geringe Entgelte zahlen.
SWR Aktuell: Sollte man sich aus der Abhängigkeit von Ryanair lösen?
Christoph: Brützel: Man sollte die Grundsatzentscheidung treffen, ob man den Flughafen zu einem Sonderlandeplatz macht wie in Zweibrücken und ob man die Immobilie und die anderen Potenziale der Immobilien nutzt, um dort möglicherweise andere Geschäfte zu machen. Und Adrian hat an anderen Standorten gezeigt, dass er das kann.
Da liegt eigentlich die Chance für den Hahn. Dass man diesen Flughafen als einen Wirtschaftsstandort betreibt, an dem flugzeugaffines Geschäft und möglicherweise auch ein Gewerbepark und andere Dinge betrieben werden können. Da schließe ich jetzt auch die Immobilie mit ein, die mal für 6.000 Amerikaner eine Heimat war. Das alles kann man verwerten und damit kann man auch eine wirtschaftliche Basis schaffen. Aber nicht mit kommerziellem Luftverkehr mit großen Flugzeugen.
SWR Aktuell: Sie grätschen mit dieser Einschätzung hier in Rheinland-Pfalz in eine Feierlaune rein. Das ist Ihnen klar, oder?
Christoph Brützel: Nach der Insolvenz ist vor der Insolvenz. Wenn man es mit den Rezepten versucht, die man schon seit 20 Jahren versucht hat, wo doch selbst der große Kunde Ryanair seine Flugzeuge inzwischen nicht nur am Hahn, sondern auch in Karlsruhe, Baden-Baden, Memmingen und an anderen Standorten fliegen lässt, wird man nicht mehr an die früheren Passagierzahlen rankommen.
Das ist einfach so. Und Fluggesellschaften wie "Wizzair" und andere Billigflieger werden keine Basis eröffnen. Sondern die kommen einmal am Tag vorbei und machen einen Umlauf. Damit kann man auch kein Geld verdienen.
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