Im landesweit einzigen Nationalpark pumpen Sprudelfirmen Wasser ab. Die Genehmigungen sollen jetzt verlängert werden. Und das ohne vernünftige Prüfung, wie Experten kritisieren.
Mit dem Wald beschäftigt sich Thomas Brodbeck schon lange. Der 66-Jährige ist Biologe, berichtet als Autor und Journalist auch über Umweltthemen. Seit fast zwei Jahren engagiert sich Brodbeck auch als Aktivist, ist Sprecher der Bürgerinitiative "Wasser ist Leben" im Landkreis Birkenfeld.
Die Initiative setzt sich gegen Wasserentnahmen im Nationalpark Hunsrück-Hochwald ein, die den Geschäftsinteressen von Sprudelherstellern dienen. "Das geht gar nicht. Aus einem Nationalpark, wo kein Steinchen und kein Blümchen entfernt werden darf, sollten keine hunderttausende Kubikmeter Wasser entnommen werden", sagt Brodbeck.
Nationalparkwasser eigentlich nur für Gemeingebrauch
Im landesweit einzigartigen Nationalpark Hunsrück-Hochwald gibt es seit Jahren Streit ums Grundwasser. Eigentlich darf das Wasser laut Staatsvertrag aus einem Nationalpark nur zum Gemeingebrauch entnommen werden.
Das bedeutet: Das Wasser ist nur für die Gemeinden vor Ort und die Natur gedacht und nicht für Sprudelfirmen, die damit Geschäfte machen. Legal sind die Entnahmen trotzdem, weil die Bohrungen vor Gründung des Nationalparks im Jahr 2015 beantragt worden sind.
Sprudelbetriebe verzichteten auf weitere Bohrungen
Seit 2019 pumpen die beiden Mineralbrunnen Hochwald Sprudel und Schwollener Sprudel dort Wasser ab, um es zu verkaufen. Im Herbst 2022 hatten 150 Menschen vor den Toren der Sprudelbetriebe demonstriert, weil die Unternehmen weitere Versuchsbohrungen im Nationalpark geplant hatten.
Die Betriebe verzichteten schließlich auf die Bohrungen. Dennoch fließen derzeit jährlich mehrere Millionen Liter aus den sechs bestehenden Nationalpark-Brunnen in die Werke der Mineralbrunnen.
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Die Genehmigungen für diese Entnahmen sind Ende März dieses Jahres ausgelaufen, sollen aber jetzt um fünf weitere Jahre verlängert werden. Für Thomas Brodbeck ist das nicht nachvollziehbar. "Ich unterstützte die Förster in der Region beim Waldumbau und bekomme mit, wie die Bäume unter Stress geraten. Deshalb muss aus meiner Sicht jeder Tropfen im Wald bleiben."
Wald und Moore könnten betroffen sein
Doch nicht nur Umweltorganisationen kritisieren die Entnahmen, sondern auch Experten wie der Grundwasser-Ökologe Dr. Hans Jürgen Hahn von der Uni Landau.
Für ihn ist es völlig unverständlich, dass die SGD Nord als Genehmigungsbehörde keine umfangreichen Untersuchungen für weitere Entnahmen fordert. "Das passt überhaupt nicht zusammen, dass ich eben einen Nationalpark habe, wo Feuchtgebiete einen hohen Stellenwert haben und auf der anderen Seite die Datenlage ungenügend ist und auf dieser Grundlage dann Eingriffe vorgenommen werden", sagt er.
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Zwei Millionen Euro in Renaturierung investiert
Nach Angaben der Stiftung Natur und Umwelt in Rheinland-Pfalz sind alleine rund zwei Millionen Euro in die Renaturierung von Mooren im Nationalpark Hunsrück-Hochwald geflossen. Doch laut Grundwasser-Ökologe Hahn ist es nicht auszuschließen, dass Moore durch die Entnahmen langfristig gefährdet werden könnten und dabei auch der Wald leiden könnte. "Aber das könnte man nur bewerten, wenn man eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) macht", sagt Hahn.
Naturschutzinitiativen denken über Klage nach
Mit einer UVP müsste das Grundwasser-Gebiet um die Brunnen umfangreicher untersucht werden, sagt Hahn. Die zuständige Genehmigungsbehörde SGD Nord sieht dafür aber keine Notwendigkeit. Auf SWR-Anfrage schreibt sie, dass "durch die Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten sind." Der bisherige Brunnenbetrieb würde zeigen, "dass im Winterhalbjahr eine vollständige Wiederauffüllung der Grundwasserstände stattfindet."
Grundwasser-Ökologe Hahn ist da skeptisch. Schließlich werde auch im Hunsrück das Wasser knapper, weil sich weniger Grundwasser bildet. Das sehen auch Vertreter von Umweltorganisationen und der Bürgerinitiative "Wasser ist Leben" so. Gemeinsam wollen sie eine fachliche Stellungnahme abgeben und weitere Entnahmen auf jeden Fall verhindern. Noch ist das Verfahren nicht abgeschlossen. Die Unterlagen liegen derzeit aus. Brodbeck kündigt aber an: "Falls unsere Einwände nicht berücksichtigt werden, werden wir mit Sicherheit klagen."