Als junge, modebewusste Rollstuhlfahrerin kommt man – was Kleidung angeht - schnell an Grenzen. Anna Franken aus Trier wollte das nicht einfach hinnehmen und ist kreativ geworden.
Anna Franken öffnet die Tür. Zuerst fallen einem die pink gefärbten Haare der jungen Frau auf. Sie trägt ein schwarzes, ausgeschnittenes Wickel-Top mit einem auffälligen breiten Kragen. Darauf Blumen und Vögel in pink, türkis und lila. Die Lieblingsfarben der 28-Jährigen.
Schöne Mode statt nur praktische Kleidung
Die zierliche Frau lebt mit einer neuromuskulären Erkrankung. Das heißt, ihre Muskeln werden schwächer. Inzwischen kann sie nicht mehr laufen, ist seit vielen Jahre auf den Rollstuhl angewiesen. Auch auf fremde Hilfe.
Anna Franken liebt Mode und hat Modedesign in Trier studiert. Weil es für Frauen im Rollstuhl oft wenig schöne oder auch mal ausgefallene Outfits gibt, hat sie angefangen, selbst ihre Kleidung zu entwerfen. Vor zwei Jahren hat sie dann ihr eigenes Label gegründet. "Für Frauen wie mich, die nicht nur praktische Sachen haben wollen, sondern auch mal etwas Hübsches. Und was man gut auch allein an- und ausziehen kann. Jenseits von Jogginghose und weiten Pullis", sagt die Designerin und lacht. Ihre Kreationen verkauft sie über das Internet.
Maßgeschneiderte Kleider für Kinder mit Behinderung
Situation für Betroffene besser machen
Ihr Wissen aus dem Modesdesignstudium wollte sie in etwas Praktisches umsetzen. "Das war eigentlich die Hauptmotivation, dass ich das, was ich gelernt habe für etwas einsetze, was die Situation für Menschen besser machen kann", erklärt Franken.
Wichtig dabei immer, dass die Outfits gut ohne fremde Hilfe getragen werden können. "Man ist ist ja schon genug auf andere Menschen angewiesen, wenn man eine Behinderung hat. Dass ich mit meiner Mode vielleicht helfen kann, dass jemand ein bisschen selbständiger sein kann, das möchte ich."
Magnet-Verschlüsse statt Knöpfe
Dazu gehört, dass Reißverschlüsse zum Beispiel mit einem extra großen Zipp ausgestattet sind. So sind sie besser zu greifen. Statt Knöpfen verwendet die Designerin Magnetverschlüsse.
Denn Betroffene wie sie können wegen ihrer Muskelerkrankung die Finger nicht gut oder gar nicht bewegen. Mode für Rollstuhlfahrer braucht vor allem Vielseitigkeit, sagt die 28-jährige.
Jede Frau im Rollstuhl ist anders, weiß die 28-Jährige. "Es gibt ganz viele unterschiedliche Gründe, warum jemand im Rollstuhl sitzt. Ob das eine Erkrankung ist, die auch die Arme betrifft. Oder ob das eine Querschnittslähmung ist, ob es jetzt nur die Beine betrifft. Manche können sich noch selbst anziehen. Andere brauchen Hilfe und werden angezogen", erklärt Franken. Die Anforderungen an die Kleidung seien da schon sehr unterschiedlich.
Mode ist mehr als nur Kleidung
Nach Angaben der Europäischen Kommission leben in etwa 80 Millionen Menschen innerhalb der EU mit einer Behinderung. Das ist jeder sechste EU-Bürger. Inklusive Mode ist inzwischen ein Markt, die Nachfrage nach verschiedenen Styles ist da. Große Online-Modehändler und Unternehmen haben reagiert und bieten Kollektionen an, die sich an die unterschiedlichen Bedürfnisse dieser Menschen richten.
Menschen mit körperlichen Einschränkungen müssen sich modisch nicht verstecken, sagt auch Anna Franken. Das will sie mit ihren Entwürfen deutlich machen. Ihre Botschaft: Mode ist mehr als nur Kleidung. "Weil man ausdrückt, wer man ist. Und wenn man beschränkt ist auf Kleidungsstücke, in die man gut reinkommt oder ganz funktionale Rollstuhlmode, dann ist das schwierig, sich so zu kleiden, wie man gerne möchte. Und deshalb sollte es eine Vielfalt geben."
Die Ideen dafür werden ihr nicht ausgehen.