Kaffeekränzchen, Kochen und Stricken: Das Klischee stimmt im Jahr 2023 längst nicht mehr, sagt eine Landfrau aus der Vulkaneifel. Für sie hat die Landfrau eine andere Bedeutung.
Früher hatte Natascha Schmitz aus Tettscheid, einem Ortsteil von Üdersdorf in der Vulkaneifel, ein verstaubtes Bild der Landfrauen im Kopf: "Durch die Oma kannte ich die Landfrauen nur als Kaffee kochende, Kuchen backende Frauen, die sich irgendwo treffen und mal auf eine Kaffeefahrt fahren."
Der Landfrauenverband Vulkaneifel feiert in diesem Jahr sein 70-jähriges Bestehen - und viele glauben sicher, dass auch seine Mitglieder mindestens genauso alt sind. Natascha Schmitz aber war Ende 30, als sie vor etwa sechs Jahren dem Verband beigetreten ist.
Ihre Vorurteile hat sie abgelegt, als sie den Landfrauenverband bei einer Veranstaltung in Üdersdorf kennengelernt hat: "Da habe ich gemerkt, dass die Landfrauen viel mehr sind und auch mehr bieten. Das wollte ich auch für unser Dorf haben." Also gründete sie einen Ortsverband. Die Kurse, die die Landfrauen anbieten, bringen die Menschen zusammen und stärken die Dorfgemeinschaft, findet Schmitz.
Moderne Kurse für die Gemeinschaft
Denn an den Kursen darf jeder teilnehmen, ob Landfrau oder nicht. Für die ist es nur günstiger, weil sie als Verbandsmitglied einen Jahresbeitrag von 15 Euro zahlen. Angeboten wird vieles: Wanderungen zu Vulkankratern, verschiedene Handarbeitstechniken, Kräutersammeln, klimafreundliches Gärtnern, Haltbarmachen von Gemüse.
Moderne Themen eben, sagt Schmitz: "Denn wir sind ja auf Nachhaltigkeit angewiesen. Dass nicht alles weggeschmissen wird." Daneben geht es mit den Landfrauen auch auf Kurzreisen in den Harz oder in die Schweiz.
Als Ortsvertreterin holt Schmitz die Kurse zu sich ins Dorf, bringt Ideen für die Angebote ein und macht Öffentlichkeitsarbeit. "Ich bin ein Familientyp, ich hab gerne Leute um mich. Ich finde schön, dass die Landfrauen immer noch dafür stehen, Leute zusammenzuführen. Das hat mich überzeugt, mit dem Verband noch mehr für die Dorfgemeinschaft tun zu können."
Soziale Absicherung immer noch Thema
Durch das Jubiläum und andere Feste, die nach Corona endlich wieder stattgefunden haben, hatte sie dieses Jahr viel zu tun. Dabei ist das nicht Schmitz' einzige Tätigkeit. Früher waren die Landfrauen selbst Bäuerinnen beziehungsweise Frauen der Bauern. Weder Schmitz noch ihr Mann aber haben Landwirtschaft. Die Mutter zweier Kinder ist gelernte Zahnarzthelferin.
Seit einem Jahr arbeitet sie als Betreuerin am Nachmittag in der Grundschule Üdersdorf. Dafür hat sie in diesem Jahr an den Wochenenden eine Weiterbildung gemacht, sodass sie neben ihrem Engagement bei den Landfrauen mehr als genug zu tun hatte. Schmitz steht voll im Leben.
Ein traditionelles Landfrauenthema betrifft sie also nicht wirklich: Früher ging es den Landfrauen auch darum, Bäuerinnen sozial, wirtschaftlich und rechtlich zu stärken und für sie Familie und Arbeit vereinbar zu machen. Das ist auch 2023 noch ein Thema, sagt Schmitz. Die Landfrauen böten immer noch Fortbildungen dazu an.
Zum Beispiel auch für junge Leute, die gerade ins Berufsleben einsteigen oder die steuerliche Fragen haben. Die Landfrauen würden zu Themen wie sozialer Absicherung für Jung und Alt Ansprechpartner vermitteln. Sie kümmern sich also auch weiter um die Interessen der Frauen.
Kein Heimchen am Herd
Ein Kurs zu "Trend Make-Up" des Verbands klingt dann aber doch nach Klischee. Das findet Schmitz aber nicht: "Das spricht doch auch junge Leute an. Und nicht nur die klischeehaften alten Omis am Herd."
Und das passt auch zu ihrem Beweggrund, warum sie zu den Landfrauen gegangen ist: "Um zu zeigen, dass Landfrauen nicht nur das Heimchen am Herd sind, sondern viel mehr zu bieten haben. Das Klischee haftet ja leider immer noch an den Landfrauen."
Natascha Schmitz ist eigentlich nur eine Teilzeit-Landfrau. Ihr Vater hat Pferde und Hühner, um die sie sich mit kümmert. Dass sie sich trotzdem bei den Landfrauen engagiert - denn denen kann jeder beitreten - damit will sie zeigen: "Dass man trotz Beruf und Kindern nicht zu Hause versauern muss. Da geht noch mehr."