Sexuelle Gewalt, Übergriffe, K.O.-Tropfen: Ein Awareness-Team setzt sich auf Veranstaltungen in Trier für mehr Sicherheit im Nachtleben ein. Unsere Reporterin hat sie begleitet.
Früher Abend im Kulturzentrum Tufa in Trier: Die letzten Vorbereitungen für das Konzert "Punk means Solidarity" im großen Saal laufen auf Hochtouren. Erika, Sabine, Petra und Lisa gehen nochmal über ihre Checkliste.
Die großen weißen Buchstaben auf den lila Westen der vier Frauen stechen einem sofort ins Auge und sind auch im dunklen Saal zu lesen: Awareness. Mehr Sicherheit im Nachtleben von Trier. Dafür machen sie sich als Awareness-Team von der Initiative "Save the night" stark.
Awareness-Team macht auf sich aufmerksam
Sie sorgen dafür, dass sich alle beim Konzertbesuch wohlfühlen. Das erklären die vier Frauen auch den rund 100 Besucherinnen und Besuchern, während sie in den großen Saal der Tufa strömen. Ob Frau oder Mann - wenn sich jemand in einer Situation unwohl fühlt, sind sie zur Stelle und unterstützen.
Mit der Anwesenheit wolle man aber nicht nur für Hilfe im Notfall sorgen. Vor allem wolle man die Besucher für die Themen sexuelle Übergriffe, Gewalt und K.O.-Tropen sensibilisieren.
Während die erste Band des Abends auf die Bühne kommt und sich die Teammitglieder auf die zuvor festgelegten Plätze im Raum verteilen, beobachte ich das Ganze mit gewünschtem Abstand. Petra und Sabine stehen am Infostand, wo etliche Flyer zum Beispiel vom Frauennotruf, der Feministischen Vernetzung Trier und weiteren Partnern ausliegen.
Interessierte für Schulungen gesucht
Die Band beginnt zu spielen. Ein Song, zwei Songs, drei Songs. Immer wieder ist das Awareness-Team in Bewegung. Schließlich sind die Vier nicht nur Ansprechpartner. Wenn es die Situation erfordert, greifen sie auch ein.
So haben sie das in der Schulung im Rahmen des Projekts "Save the night" von der Feministischen Vernetzung Trier in Zusammenarbeit mit dem Frauennotruf gelernt. Die nächste Schulung beim Frauennotruf findet am 27.08. in Trier statt.
Bei Sabine und Petra ist die Schulung erst ein paar Monate her. Ihre Erinnerungen an ihre Jugend und die Zeit in den Nachtclubs waren ein Grund, die Schulung zu machen. "Im Nachtleben wird man oft angesprochen. Wir hatten damals niemanden, an den wir uns im Notfall hätten wenden können."
Mit ihrem Einsatz wollen sie auch dafür Sorge tragen, dass sich Eltern weniger Gedanken um ihre Kinder machen müssen. "Heute scheint es ein ruhiger Abend zu werden." Mit dieser Einschätzung liegt Sabine richtig.
Zwischendurch spricht ein junger Mann das Team an, weil es ihm nicht gut geht. In den für das Team und die Betroffenen vorgesehenen Ruheraum muss er allerdings nicht gebracht werden. Trotzdem sei er dankbar für die Bereitschaft des Teams und die Möglichkeit, sie ansprechen zu können. Und damit ist er nicht alleine.
Awareness-Team gewinnt an Bekanntheit
Während des Konzerts unterhalte ich mich mit mehreren Konzertbesuchern und frage sie, ob sie das Konzept der Awareness-Teams kennen und was sie davon halten. "Ich kannte das Konzept 'Awareness-Team' vorher nicht und finde es richtig cool. Als sie erklärt haben, warum sie da sind, habe ich mich direkt sicherer gefühlt", erzählt mir eine Besucherin.
So sieht das auch eine junge Ukrainerin, die unter den Gästen ist. Vor allem aufgrund der Sprachbarriere sei es auf Veranstaltungen oft nicht einfach für sie. Verbal könne man sich auch nicht immer so gut zur Wehr setzten. Awareness-Teams sollte es überall geben, sagt sie mir.
Veranstalter müssen Awareness-Teams buchen
Ich frage mich, ob es die Teams tatsächlich inzwischen bei allen Konzerten in Trier gibt? Denn schließlich ist das nicht die erste Veranstaltung, auf der ein Awareness-Team unterwegs ist.
Seit der Gründung der Gruppe vor rund zwei Jahren habe das Konzept schon sehr an Bekanntheit gewonnen und das Angebot der Ehrenamtler sei immer mehr gefragt, erklärt mir Lisa vom Awareness-Team in Trier. Auf allen Veranstaltungen in der Region seien sie aber noch lange nicht unterwegs.
Aber man bemühe sich stetig mit den Veranstaltern in Kontakt zu kommen, gehe auf sie zu, um das Konzept Awareness-Team zu erklären und sie davon zu überzeugen.
Denn ohne die Genehmigung eines Veranstalters können die Teams nicht unterwegs sein. "Wir können uns nicht einfach auf eine Veranstaltung hinstellen und sagen: 'Wir sind das Awareness-Team'." Dabei gehe es auch um die Zusammenarbeit. Schließlich brauche man wichtige Ansprechpartner und Kontakte zu Security und Notfallsanitätern.
Solokonzert im November Frauen-Initiativen wollen Rammstein-Sänger Lindemann nicht in Trier
Im November will Rammstein-Sänger Till Lindemann solo in der Arena Trier auftreten. Der Frauennotruf Trier und weitere Initiativen fordern die Absage des Konzerts.
Kein Einsatz bei Lindemann-Konzert geplant
Und dann gebe es auch Veranstaltungen, auf denen man bewusst nicht unterwegs sein wolle. Wie dem geplanten Konzert von Till Lindemann am 20. November in der Arena Trier.
Im Zusammenhang mit der Debatte rund um die Vorwürfe gegen den Sänger der Band Rammstein hatte sich das Team der Feministischen Vernetzung Trier zusammen mit dem Frauennotruf Tier zu dem geplanten Solo-Konzert geäußert: Man wolle Lindemann nicht in Trier.
So soll es nach Angaben der Initiativen beim geplanten Konzert des Rammstein-Sängers in Trier keine Zusammenarbeit mit den Veranstaltern geben. "Ein Awareness-Team auf einer Veranstaltung, auf der sexualisierte Gewalt recht einfach passieren kann, ist wie ein Tropfen auf den heißen Stein." Wenn es nach ihr gehen würde, dürfe man Lindemann keine Bühne mehr geben, so Lisa.