Bis 2030 soll der Strom in Rheinland-Pfalz komplett aus regenerativen Energien kommen. Das hat sich die Landesregierung vorgenommen. Doch beim Bau neuer Windräder geht es nicht voran.
Die Weltklimakonferenz im ägyptischen Sharm El Sheikh soll am Samstag zu Ende gehen, einen Tag später als geplant. Da mehrere Punkte am Freitag laut Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) noch "hochumstritten" waren, verlängerte die Konferenzleitung das Treffen.
Voraussichtlich bekennen sich die Teilnehmerstaaten in der Abschlusserklärung zum Ziel, dass sich die Erde um nicht mehr als 1,5 Grad erhitzen soll. Dafür muss der Ausstoß klimaschädlicher Emissionen drastisch reduziert werden. Und das möglichst schnell. Der Schlüssel dazu: Erneuerbare Energien. Dazu müssen vor allem Windkraft und Solarenergie massiv ausgebaut werden.
Die Ampel-Regierung in Rheinland-Pfalz hat sich das von Anfang an auf die Fahnen geschrieben und ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis zum Jahr 2030 soll sämtlicher Strom im Land aus Windkraft, Solarenergie und anderen regenerativen Quellen stammen. Doch dieses Ziel ist offensichtlich genauso in Gefahr wie unser Klima.
100 neue Windräder pro Jahr in RLP nötig
Um das Ziel 100 Prozent Ökostrom bis 2030 zu erreichen, müssten in Rheinland-Pfalz pro Jahr etwa 100 neue Windräder gebaut werden. In diesem Jahr waren es von Januar bis September allerdings nur 13. Gesamtleistung: 53 Megawatt statt der rechnerisch nötigen 500. Das ist viel schlechter als noch vor einigen Jahren.
Den Grund dafür sieht Henrik te Heesen, Professor für Erneuerbare Energien am Umweltcampus Birkenfeld, vor allem in den aufwändigen Genehmigungsverfahren. "Sie brauchen sehr viele und umfangreiche Gutachten, um den Natur- und Umweltschutz sicherzustellen", sagt der Professor dem SWR. "Wir haben eigentlich immer eine Klagerunde, weil es immer Personen oder Organisationen gibt, die gegen die Errichtung der Windräder klagen - so dass wir im Moment etwa fünf Jahre brauchen von der ersten Idee auf der grünen Wiese, bis das Windrad dann Strom produzieren kann."
Branche sieht Politik in der Pflicht
Viel zu lange, findet auch Gabriele Rau, Geschäftsführerin des Branchenverbandes für Erneuerbare Energie in Rheinland-Pfalz - also derjenigen, die Windräder planen, bauen und betreiben. Sie erwarte, "dass wir entweder die Ziele verfehlen, das halte ich im Augenblick für realistisch, oder dass wir in den nächsten Jahren ein so hohes Tempo zulegen können, dass die Ziele noch erreicht werden. Das sehe ich aktuell aber nicht."
Die Branche stünde bereit, mehr Windräder zu bauen, bekräftigt Rau und sieht die Politik in der Pflicht, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.
Eder will "Bremsen lockern"
Die rheinland-pfälzische Klimaschutzministerin Katrin Eder sagt, sie sei selbst enttäuscht über die geringe Zahl neuer Anlagen im ersten Halbjahr. "Die erneuerbaren Energien sind in den letzten Jahren einfach sehr stark ausgebremst worden", beklagt Eder. "Und diese Bremsen zu lockern, erfordert leider einen langen Prozess. Wir sind da nicht die einzigen Player."
Inzwischen würden Bund und Land gemeinsam die Bremsen lockern, sagt Eder. Etwa dadurch, dass die Mindestabstände zur Wohnbebauung verringert werden und für die Genehmigungen künftig zentral die Struktur- und Genehmigungsdirektionen zuständig sind.
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te Heesen fordert mehr Mut
Die Landesregierung erhofft sich dadurch wesentlich kürzere Genehmigungsverfahren - ganz im Sinne von Professor te Heesen vom Umweltcampus Birkenfeld. Doch der meint, da geht noch mehr: "Wenn da ein bisschen mehr Mut vorhanden wäre, diese Genehmigungsverfahren noch weiter zu vereinfachen, dann ginge das sicherlich auch noch schneller." Dann, so te Heesen, sei es gar nicht so utopisch, das Ziel 100 Prozent Ökostrom bis 2030 doch noch zu erreichen.