Tschüss, Überstunden! Tschüss, Extra-Aufgaben! Tschüss, Bereitschaftsdienst! Das verbinden vor allem junge Menschen mit dem Begriff Quiet Quitting.
Auf TikTok taucht der Begriff Quiet Quitting (deutsch: stille Kündigung) momentan häufig auf, wenn es um den Arbeitsalltag und die eigene Produktivität geht. Aber worum geht's genau? Und warum fühlen sich besonders Jüngere von dem Trend angesprochen?
Was bedeutet Quiet Quitting?
Quiet Quitting bedeutet so viel wie Dienst nach Vorschrift. Mitarbeitende tun also nur noch das Nötigste. Es wird genau so gearbeitet, wie es vertraglich vereinbart ist, nicht mehr und nicht weniger. Motivation, Überstunden, Bereitschaft - Fehlanzeige.
Angefangen hat der Social Media Hype mit einem TikTok-Video des Amerikaners Zaid Kahn (@zaidleppin), der darin die Hustle-Culture Mentalität kritisiert, die Arbeit als Lebenssinn sieht. Er sagt: "Die Wahrheit ist: Arbeit ist nicht dein Leben. Dein Wert als Person wird nicht durch deine Produktivität definiert." Das Statement scheint bei vielen Anklang zu finden: Das Video hat mittlerweile 3,6 Millionen Aufrufe.
Mit einer stillen oder inneren Kündigung, wie man es von der Übersetzung her ableiten könnte, kann man Quiet Quitting aber nicht wirklich vergleichen. Während Mitarbeitende bei einer inneren Kündigung gedanklich schon gekündigt haben und sich einen neuen Job wünschen, wollen sich Quiet Quitter nur nicht mehr für die Arbeit verausgaben und ihre Grenzen nicht mehr voll ausreizen.
Mögliche Ursachen für Quiet Quitting
In Deutschland gehören Überstunden oft zur Tagesordnung. Nach Angaben des statistischen Bundesamts haben 2021 rund 4,5 Millionen Menschen Überstunden gemacht - zwölf Prozent der arbeitenden Bevölkerung. Speziell in Rheinland-Pfalz werden nur vergütete Überstunden ausgewertet, laut statistischem Landesamt haben im April 2022 rund 6 Prozent der Arbeitenden Geld für Mehrarbeit erhalten. Eine anhaltend höhere Belastung könnte ein Grund für den Wunsch nach Quiet Quitting sein.
Arbeitswelt Generation Freizeit – Warum Arbeit für Berufseinsteiger nicht alles ist
Die Gen Z achtet auf Work-Life-Balance, Sinnhaftigkeit im Job und ihre mentale Gesundheit. Angesichts von Fachkräftemangel kann sie viel fordern.
Aber auch die persönliche Einstellung zum Job spielt eine große Rolle, sagt die Trierer Psychologin Leonie Moske von nestwärme Blickwechsel. "Manche sehen den Job nur als Mittel zum Zweck." Auch die eigene Wertehaltung und Sinnhaftigkeit des Jobs seien entscheidend.
Darum fühlen sich besonders junge Leute angesprochen
"In der jüngeren Generation ist das Bewusstsein für Selbstfürsorge, und die eigenen Grenzen zu erkennen, verbreiteter", erklärt Moske. Außerdem ist jungen Menschen die persönliche Entfaltung und Weiterentwicklung extrem wichtig. Das sei förderlich und wichtig für den Erhalt der psychischen Gesundheit, sagt sie.
Dabei geht es besonders darum, sie als Menschen zu sehen. "Dass man eben nicht nur die Dienstleistung sieht, sondern auch Wertschätzung für die Arbeit ausspricht. Und sich für den Mensch hinter der Arbeit interessiert." Wenn diese Wertschätzung fehlt, kann das dazu führen, dass die Arbeitsmotivation nachlässt.
"Quiet Quitting": Neuer Begriff, altes Phänomen
"Quiet Quitting ist aber nichts neues", sagt der Geschäftsführer des kommunalen Arbeitgeberverbands in Rheinland-Pfalz, Dr. Markus Sprenger. Unabhängig von der Altersgruppe habe es damit zu tun, dass Arbeitgeber schaffen müssten, Mitarbeitende dauerhaft motiviert zu halten und zwar so, dass sie ihre Arbeit als sinnstiftend empfinden.
Besonders während der Corona-Pandemie hätten sich viele Menschen Gedanken über ihren Job gemacht. "Viele waren da gar nicht unbedingt unzufrieden, sondern haben sich viel mehr gefragt, was sie eigentlich im Berufsleben erreichen wollen."
Wie Unternehmen in RLP das Problem angehen
Viele kommunale Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz ergreifen laut Sprenger jedoch bereits Maßnahmen. Egal ob Jobrad, Fitnessstudio-Zugang oder Gesundheitsthemen anderer Art - "es wird viel darüber nachgedacht, was man jungen Leuten an Zusatzleistungen bieten kann", sagt er.
Auch verschiedene Arbeitsmodelle wie Homeoffice und flexibles Arbeiten würden immer öfter angeboten. Dafür würde teilweise sogar die Technik von Telefon bis hin zum Laptop gestellt.
Der Ansatz, dass Chefs und Institutionen sich Gedanken darüber machen, "wie man die junge Generation aktiv mit ins Boot nehmen kann", sei auch aus psychologischer Sicht gut, sagt die Trierer Psychologin Moske. Die Verantwortung dürfe jedoch nicht allein bei den Arbeitgebern liegen.
Macht Quiet Quitting auf Dauer glücklich?
Denn: Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass "die Zeit absitzen" nicht glücklich macht, so Moske. "Weil es das psychische Immunsystem einschlafen lässt." Stress komplett zu vermeiden, sei nicht sinnvoll. "Stress ist ein wichtiger Faktor, um uns aktiv und motiviert zu halten und eben auch um unser psychisches Immunsystem nicht einschlafen zu lassen."
Dass Quiet Quitting und sich einfach zurücklehnen auf Dauer glücklich macht, kann sie sich daher nicht vorstellen.