Einfamilienhäuser brauchen pro Bewohner deutlich mehr Fläche als Mehrfamilienhäuser. Deshalb setzen Kommunen verstärkt auf Mehrgeschossbau und Nachverdichtung.
So manche Familie träumt den Traum vom eigenen, freistehenden Einfamilienhaus. Doch in Zeiten, in denen weniger Flächen versiegelt werden sollen, setzen Kommunen auch in Rheinland-Pfalz verstärkt darauf, Baulücken zu schließen, nehmen innerstädtische Brachflächen in den Blick oder favorisieren neue Viertel mit Mehrfamilienhäusern. Das sorgt gerade in einem Flächenland mit einer vergleichsweise hohen Quote an Wohneigentum auch für Kontroversen.
Das Ziel, den Flächenverbrauch zu senken, hat hierzulande auch die Ampel-Koalition ausgegeben. In ihrem Koalitionsvertrag heißt es: "Um das Ziel Netto-Null Flächenverbrauch bis 2050 zu erreichen, muss der tägliche 'Verbrauch' (Neuinanspruchnahme) dauerhaft unter 1 Hektar liegen." 2021 wurden indes nach Daten des Statistischen Landesamtes aber pro Tag noch 8,9 Hektar neu in Anspruch genommen.
Münster Vorreiter bei Flächenfraß-Reduzierung
Abseits von Rheinland-Pfalz ist etwa das nordrhein-westfälische Münster ein Vorreiter bei der Reduzierung des Flächenfraßes. Dort sieht ein "Leitfaden Klimagerechte Bauleitplanung" unter anderem vor, dass beim Bau neuer Einfamilienhäuser Doppel- und Reihenhäuser den Schwerpunkt bilden sollen. Freistehende Einfamilienhäuser sollen künftig die Ausnahme sein.
Als Gründe nennt die Kommune die hohen Grundstückspreise, die hohen Bau- und Finanzierungskosten sowie den bei freistehenden Einfamilienhäusern höheren Flächen- und Energieverbrauch.
Umdenken in Rheinland-Pfalz
Auch in rheinland-pfälzischen Kommunen hat ein Umdenken bei der Planung von neuen Baulandflächen stattgefunden. Der Städtetag im Land verweist beispielsweise auf das rheinhessische Ingelheim. Das habe die Abkehr vom Bau neuer, freistehender Einfamilienhäuser recht deutlich vollzogen.
Dort heißt es in im März vom Stadtrat beschlossenen Leitlinien, bestehende Ein- und Zweifamilienhausgebiete sollten erhalten und gegebenenfalls nachverdichtet werden. "Im Außenbereich wollen wir keine reinen Baugebiete für freistehende Einfamilienhäuser ausweisen, sondern vorrangig kompakte und verdichtete Baustrukturen schaffen." Die Quote der Mehrfamilienhäuser soll demnach in Ingelheim deutlich gesteigert werden.
Kaiserslautern will bevorzugt Brachflächen nutzen
Kaiserslautern hat ein Leitbild namens "Innenentwicklung vor Außenentwicklung", wie die Kommune mitteilte. Demnach sollen auf der sogennanten grünen Wiese vor den Toren der Stadt keine neuen Baugebiete, vor allem keine Wohngebiete, planerisch ausgewiesen werden. Bevorzugt werde die Nutzung von Brachflächen oder eine neue Nutzung bereits versiegelter Flächen innerhalb des Stadtgebiets.
Die Nachverdichtung, die Bebauung von Räumen zwischen bestehenden Häusern, spiele eine große Rolle. Ein Baulandkataster in der pfälzischen Stadt gibt einen Überblick über Baulücken, die sich für Wohnbebauung eignen. Die Stadt spricht von einem "Paradigmenwechsel weg von der "grünen Wiese, hin zu Innenbereichsflächen". Sie will nach Angaben eines Sprechers in Bebauungsplänen verstärkt auf "verdichtete Wohnformen", also Mehrfamilienhäuser, setzen und weniger auf Einfamilienhäuser. Bei der Ansiedlung von Gewerbe sollen künftig vor allem Brach- und Konversionsflächen genutzt werden.
Innenentwicklung vor Außenentwicklung in Koblenz
In Koblenz schreibt der 2014 vom Stadtrat beschlossene Masterplan Stadtentwicklung das Grundprinzip "Innenentwicklung vor Außenentwicklung" vor. Für den Geschosswohnbau würden etwa freiwerdende Flächen wie die des ehemaligen Güterbahnhofs im Stadtteil Lützel oder ein früheres Kasernen-Areal genutzt.
Im Entwurf des neuen Flächennutzungsplanes werden nur wenige neue Gebiete für Einfamilienhaus- oder Doppelhausbebauung vorgesehen, wie ein Stadtsprecher erklärte. Er berichtete auch, dass das politisch kontrovers diskutiert werde. Ein Gegenargument sei, dass junge Familien so gezwungen würden, die Stadt zu verlassen. Die müssten dann nach Koblenz einpendeln, was für mehr Verkehr sorge.
Und die Rhein-Mosel-Stadt hat ein weiteres Problem ausgemacht: Wegen der demografischen Entwicklung werde es in den kommenden 10 bis 15 Jahren verstärkt dazu kommen, dass in den Stadtteilen ältere Häuser frei würden, die nicht mehr den Anforderungen an modernes Wohnen entsprächen. "Vor dem Hintergrund des neuen Gebäudeenergiegesetzes wird es eine städtebauliche Herausforderung werden, diese Quartiere zu beleben."
Trier für sparsamen Umgang mit Grund und Boden
Trier hat zuletzt im Zuge eines neuen Flächennutzungsplans, der im Sommer 2018 im Stadtrat beschlossen wurde, Ziele für den Wohnungsbau formuliert. Darin sei zwar einerseits festgehalten worden, dass es eine Ausweitung der Baulandangebote für Familieneigenheime geben soll, um der Abwanderung ins Umland entgegenzuwirken, erklärte Stadtsprecher Michael Schmitz. Zugleich sei das Ziel formuliert worden, im Sinne eines sparsamen Umgangs mit Grund und Boden für neue Baugebiete eine möglichst hohe, aber dennoch verträgliche bauliche Verdichtung anzustreben.
Konkrete Festlegungen zu Bauformen trifft der Flächennutzungsplan in Trier nicht, der Fokus solle aber auf Reihen- und Kettenhäusern mit vergleichsweise geringen Grundstücksgrößen liegen. "Damit können auch Grundstückskosten reduziert werden, dieser Aspekt spielt angesichts erheblich gestiegener Baupreise eine wichtige Rolle."
Mainz will 5.500 neue Wohnungen schaffen
Die Landeshauptstadt Mainz schließlich hat sich nach eigenen Angaben zum Ziel gesetzt, zwischen 2018 und 2025 insgesamt 5.500 neue Wohnungen zu errichten. "Um die wenigen zur Verfügung stehenden Flächen effizient zu nutzen und somit sparsam mit Grund und Boden umzugehen, setzt Mainz bereits seit vielen Jahren auf Innenentwicklung und den Bau von Geschosswohnungsbau", heißt es aus dem Baudezernat.
Im Fokus stehe insbesondere auch die Umwandlung von Konversionsflächen - wie im Fall des Heiligkreuz-Viertels, des Zollhafens und eines Kasernenareals. Allerdings gelte es, bei der jeweiligen städtebaulichen Entwicklung immer den Einzelfall zu betrachten.