Vor drei Jahren hat Karstadt in der Mainzer Innenstadt geschlossen - seitdem haben sich in dem großen Gebäude viele kleine und lokale Shops aufgebaut. Auf Zeit - so das Konzept. Und die ist nun vorbei.
Schicke Tragetaschen aus wiederverwendetem Plastik aus den Weltmeeren; Seifen, die aus einem Kunsthandwerksbetrieb stammen könnten; Zimmerpflanzen im Aktionsverkauf, die selbst in die Jahre gekommene WGs stylisch erscheinen lassen: Alles, was hier rund um die stillgelegte Rolltreppe im Erdgeschoss des ehemaligen Karstadt-Kaufhauses den Kunden präsentiert wird, landet in den nächsten Tagen in Kisten und wird abtransportiert.
Damit gehen die Lichter schon zum zweiten Mal aus im ehemaligen Karstadt-Warenhaus. Der "lulu Concept Store", benannt nach seiner Adresse "Ludwigsstraße" mitten in Mainz, schließt zum Ende des Jahres.
Kreativ und auf Zeit: Pop-Up-Stores im alten Karstadt-Gebäude
Das Konzept von "lulu" war einfach und erfolgreich: Insgesamt 120 kleine Läden haben ihre Verkaufsecken aufgebaut, Handgemachtes sowie Produkte aus der Region angeboten und Künstler haben hier ihre Bilder ausgestellt und verkauft. Alles immer ein bisschen provisorisch. In vielen Ecken blitzte die alte Bausubstanz des Karstadt-Gebäudes hervor - ein Zwischennutzungskonzept. Und eine Chance.
"Jeder Unternehmer, der in so einem Pop-Up-Konzept mitmacht, kann ausprobieren, ob das, was ich anbiete, was ich präsentiere, eine Kundenzielgruppe findet", sagt Dominique Liggins. Er gehört zum Betreiber-Team des "lulu". "Und dann kann man sich aus der Zwischennutzung heraus zu festen Standorten hin entwickeln. Das ist hier passiert - mit vielen Beispielen."
Waren an Innenstadt-Publikum testen
Ein Beispiel ist das "Liebs", ein Laden aus der Mainzer Neustadt mit schönen, kreativen und individuellen Geschenken. Nebenberuflich gegründet und unter anderem betrieben von Daniel Sieben. Im "lulu" konnten er und sein Team sich auf großer Fläche breit machen - und das so zentral, wie sie es sich normalerweise nie hätten leisten können.
"Wir haben viele Leute kennengelernt, die uns noch nicht kannten", sagt Sieben. "Und wir haben ein Gefühl dafür bekommen, wie gut unsere Produkte in der Mainzer Innenstadt ankommen." Sein Fazit: Der Laden läuft so gut, dass er in der Seppel-Glückert-Passage in der Innenstadt weitermachen wird.
Kultur, Kunst und Kaufen statt Karstadt-Leerstand
Jetzt ist die Zeit für das "lulu" aber vorbei. "Drei Jahre "lulu" waren sensationell, allen voran für die Stadt Mainz", resümiert Betreiber Dominique Liggins. "Wir haben hier ein richtiges Experimentierlabor geschaffen, um Erkenntnisse zu gewinnen, wie Leerstände oder große Räume in Innenstädten genutzt werden können." Etwa 165.000 Besucherinnen und Besucher seien gekommen. Und das nicht nur zum Einkaufen. Teil des Konzepts waren auch Ausstellungen und Partys. Dass das "lulu" so gut funktioniert habe, liege auch an der gut vernetzten Kreativ- und Gründerszene in Mainz, so Liggins.
Geringe Mieten mitten in der Mainzer Innenstadt
Außerdem waren die Mieten für die Flächen im ehemaligen Karstadt-Gebäude gering. Subventioniert wurde das Pop-Up-Kreativkaufhaus nämlich vom Immobilienentwickler Molitor aus Mainz und der Sparkasse Rhein-Nahe. "Eine solche Immobilie überhaupt offen zu halten, kostet ja viel Geld", sagt Tina Badrot von Molitor Immobilien. Es brachliegen zu lassen, koste weniger. Aber die Zwischennutzung sei wichtig, um die Kundinnen und Kunden auf das neue Einkaufsquartier vorzubereiten. Denn: "Das "lulu" ist die kleine Schwester von der neuen LU:", so Badrot.
Neues Einkaufsquartier LU: 2024 sollen die Bagger rollen
Nicht nur Geschäfte sollen sich im "LU:" ansiedeln, auch ein Hotel. Außerdem sollen dort Wohnungen entstehen, eine Dachterrasse und Flächen für Kulturveranstaltungen. Einen Platz für Pop-Up-Stores soll es auch wieder geben.
Badrot rechnet damit, dass der Mainzer Stadtrat den Bebauungsplan im ersten Halbjahr 2024 entgültig beschließt und damit Baurecht geschaffen wird. Dann können die Bagger rollen und das alte Karstadt-Gebäude abgerissen werden.