Kommunen unter Druck

Die ersten Geflüchteten sind in Wormser Turnhalle

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Gesa Walch
Bild von Gesa Walch, Studio Mainz
Mike Roth
Foto von Multimediareporter Mike Roth aus dem SWR Studio Koblenz
Jutta Horn
Jutta Horn arbeitet als Reporterin für SWR Aktuell im Studio Trier
Lennart Söhngen

Geflüchtete unterzubringen - für die Kommunen in Rheinland-Pfalz eine immer größere Herausforderung. In Worms sind am Dienstag zum ersten Mal wieder Geflüchtete in eine Turnhalle eingezogen.

"Wir arbeiten an den Grenzen unseres Schaffungsvermögens", sagte ein Sprecher der Stadt Worms vor etwa einem Monat. Da hatte die Stadt schon über 170 Wohnungen für Geflüchtete angemietet - mehr ging nicht - und über 200 Personen in Sammelunterkünften untergebracht. Entspannt hat sich seither nichts - im Gegenteil.

Jetzt wurde trotz der Bedenken von Anwohnern eine Grundschulturnhalle zur Gemeinschaftsunterkunft. Am Dienstag zogen "zunächst nur wenige Männer aus der Türkei, aus Syrien und aus Afghanistan" ein, heißt es von der Stadt. Weitere Informationen gibt es nicht, die Stadt möchte die Turnhalle nicht weiter in den öffentlichen Fokus rücken.

"Die Stimmung ist bei allen Beteiligten bereits angespannt und aus unserer Sicht wäre es hilfreich, den Betroffenen zunächst die Möglichkeit zu geben, sich mit der Situation zu arrangieren."

In diese Grundschulturnhalle in Worms-Heppenheim ziehen jetzt Geflüchtete ein.
In diese Grundschulturnhalle in Worms-Heppenheim ziehen jetzt Geflüchtete ein. Die Schulkinder werden in anderen Turnhallen unterrichtet.

Nach Angaben von Sozialdezernent Waldemar Herder (SPD) vom Februar ist in der Halle Platz für bis zu 50 Menschen. In der Halle wurden einzelne Kabinen gebaut, um eine gewisse Privatsphäre zu gewährleisten. Die Sanitärräume der Sporthalle stehen den Flüchtlingen zur Verfügung, außerdem wurde laut Stadt eine Gemeinschaftsküche eingebaut und die Umkleidekabinen zu Gemeinschaftsräumen umfunktioniert.

Auf dem Schulhof werden die Schülerinnen und Schüler mit Bauzäunen von den Flüchtlingen getrennt. Außerdem gibt es 24 Stunden am Tag einen Sicherheitsdienst in der Unterkunft und zusätzlich einen Betreuungsdienst.

Flüchtlinge sollen bis nach den Sommerferien bleiben

Wie lange die Flüchtlinge in der Turnhalle bleiben sollen ist noch nicht klar. Der Heppenheimer Ortsvorsteher, Alexandros Stefikos (SPD), geht davon aus, dass die Halle wohl bis nach den Sommerferien gebraucht wird. "Bis dahin sollen Container gebaut werden, die Halle dient nur als Übergangslösung", so Stefikos.

Nach Angaben des Ortsvorstehers diente die Turnhalle bereits 2015 als Flüchtlingsunterkunft. Auch damals hätte es viele Bedenken gegeben. Als die Geflüchteten dann eine Weile da waren, seien einige zu echten Freunden geworden, so Stefikos.

Stabile Flüchtlingszahlen seit Beginn des Jahres

Etwa 10.000 Geflüchtete werden nach Auskunft des Landes im ersten Halbjahr 2023 nach Rheinland-Pfalz kommen. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) berichtet, dass die Zahl der Geflüchteten, die in die Erstaufnahmeeinrichtungen kamen, seit Jahresbeginn relativ stabil geblieben sei - jedoch auf hohem Niveau. Im Moment seien die Einrichtungen zu 78 Prozent belegt.

Die Behörde spricht von einer herausfordernden Situation, weil immer noch viele Flüchtlinge kommen, obwohl permanent Menschen in die Kommunen verteilt würden. Das Land versuche deshalb weitere Kapazitäten in der Erstaufnahme zu schaffen, um die Kommunen zu entlasten, so die ADD. So sollen in einer neuen Erstaufnahmeeinrichtung auf dem Gelände des Flughafens Hahn künftig 600 Menschen unterkommen können. Durch diese Zwischenstation hätten die Kommunen wiederum etwas mehr Zeit, weitere Unterbringungsmöglichkeiten zu organisieren.

Staatssekretär besuchte Containerdorf in Bad Hönningen

Eine Möglichkeit, Flüchtlinge unterzubringen sind Containerdörfer wie das in Bad Hönningen (Kreis Neuwied). Aber auch die Kapazitäten dort sind am Limit. "Es ist alles voll hier. Und da brauchen wir einfach Unterstützung. Es muss eine andere Verteilung geben, eine europäische Verteilung. Weil wir in der Verbandsgemeinde sind einfach am Limit", erklärte Verbandsbürgermeister Jan Ermtraud.

Kaum Einflussmöglichkeiten für Landesregierung

Deswegen hatten die Bürgermeister und der Landrat am Dienstag den zuständigen Staatssekretär im Integrationsministeriums, David Profit, eingeladen. Er machte sich vor Ort ein eigenes Bild von den Nöten der Gemeinden. Die Einflussmöglichkeiten der Landesregierung beurteilte er im Anschluss aber realistisch: "Wir haben keine Stellschrauben, wir nehmen aber wahr das auf Europäischer Ebene gesprochen wird  über die Flüchtlingsabteilung und es wird in allen Arbeitsgruppen sehr intensiv an Themen gearbeitet."

Staatssekretär David Profit (li.) besichtigte unter anderem mit dem Landrat des Kreises Neuwied, Achim Hallerbach (mi.) das Containerdorf in Bad Hönningen.
Staatssekretär David Profit (li.) besichtigte unter anderem mit dem Landrat des Kreises Neuwied, Achim Hallerbach (mi.) unn dem Verbandsbürgermeister Jan Ermtraud (re.) das Containerdorf in Bad Hönningen.

In den 21 Wohncontainern in der Bad Hönninger Innenstadt leben etwa 70 Geflüchtete. Zweimal pro Woche kümmert sich eine Gemeindemitarbeiterin um die Menschen. Das Zusammenleben auf engsten Raum funktioniere vor allem aufgrund der großen Hilfsbereitschaft von Nachbarn und Ehrenamtlichen Helfern, meint Bürgermeister Ermtraud. Doch besser sei es, die Menschen dezentral in Wohnungen unterzubringen. "Aber derzeit haben wir nur noch zwei freie Wohnungen für Mütter mit Kindern, dann ist Schluss", sagt der Bürgermeister.

Bild zeigt Aufenthaltsraum im Containerdorf in Bad Hönningen
Im Containerdorf in Bad Hönningen gibt es 21 Wohncontainer, zwei Küchen und einen großen Aufenthaltsraum, in dem die Menschen miteinander essen können.

Dezentrale Unterbringung stößt an Grenzen

Flüchtlinge ausschließlich in Wohnungen unterbringen - das schaffen nur noch wenige Kommunen. In den Verbandsgemeinden im Kreis Südliche Weinstraße ist das aktuell noch der Fall. Die Lage sei aber angespannt, so eine Kreissprecherin. Auch in Landau wurde bis Anfang des Jahres komplett auf eine dezentrale Unterbringung gesetzt. Das sei deutlich besser für das Wohlbefinden der Geflüchteten, als wenn sie sich den Wohnraum mit vielen anderen Menschen teilen müssten, so die Stadt. Außerdem erleichtere es ihnen die Integration.

Aufgrund der großen Zahl an Geflüchteten sei eine rein dezentrale Unterbringung in Zukunft aber nicht mehr möglich. Im Februar wurde deshalb eine erste Sammelunterkunft in Betrieb genommen. Hierfür wurde eine ehemalige Druckerei umgebaut, in der jetzt bis zu 150 Menschen untergebracht werden können.

Flüchtlingsunterkunft Druckerei
Diese ehemalige Druckerei in Landau dient jetzt als Flüchtlingsunterkunft.

Gemeinschaftsunterkünfte als Lösung

Auch die Kommunen in der Region Trier merken nach eigener Aussage zunehmend, dass sie an ihre Grenzen stoßen, was den Wohnraum für Flüchtlinge betrifft. Hier setzt man auf Gemeinschaftsunterkünfte zum Beispiel in leerstehenden Hotels und Pensionen. Der Kreis Bernkastel-Wittlich hat zum Beispiel ein Hotel in Horath im Hunsrück angemietet. Dort leben zur Zeit 28 Menschen. Platz finden würden 140 Menschen, sollte der Kreis das Mietverhältnis verlängern.

Außerdem sei dem Kreis ein weiteres Objekt für bis zu 200 Personen Angeboten worden. In Reinsfeld hat die Verbandsgemeinde Hermeskeil nach eigener Aussage gerade ein leerstehendes Hotel für drei Jahre gemietet, in denen bis zu 50 Menschen untergebracht werden können.

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