Im Betrugsprozess um eine Koblenzer Ärztin und ein Sanitätshaus aus Mainz hat die Staatsanwaltschaft Haftstrafen gefordert. Der Verteidiger der Ärztin forderte Freispruch.
Im Prozess am Landgericht Koblenz geht es um illegale Provisionen für Kompressionssprümpfe. Ein Sanitätshaus aus Mainz soll einer Koblenzer Ärztin zehn Prozent des Umsatzes an bestimmten Strümpfen gezahlt haben. Und zwar für Patienten, die aus ihrer Praxis gekommen kamen.
Insgesamt geht es um mehr als hunderttausend Euro. Die Staatsanwaltschaft Mainz forderte in ihrem Plädoyer für die Koblenzer Ärztin eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten und die Zahlung einer hohen Strafe.
Verteidiger forderten Freispruch
Gleichzeitig forderte die Verteidigung der Koblenzer Ärztin Freispruch. Es sei nicht erwiesen, dass die Ärztin illegale Zahlungen erhalten habe. Stattdessen wollten die beiden Geschäftsführer ihre Kosten senken, indem sie die Ärztin mit hineinziehen würden. Für die bezahlten Gelder an die Ärztin gebe es andere Erklärungen als die strafrechtlich relevanten Vorwürfe.
Sie hätten dem Sanitätshaus keine Patienten zugeführt. Es sei stattdessen bei diesen speziellen Kompressionsstrümpfen sogar normal, dass die Mitarbeiter des Sanitätshauses in der Praxis mit Patienten arbeiteten. Das sei wichtig für den Erfolg der Behandlung, sagte der Verteidiger der Ärztin dem SWR. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft war die Anstellung von zwei Praxismitarbeiterinnen beim Sanitätshaus Teil der illegalen Bezahlung.
Bewährungsstrafen für ehemalige Geschäftsführer der Firma gefordert
Auch für die beiden Geschäftsführer des Sanitätshauses aus Mainz - ein Ehepaar - forderte die Staatsanwaltschaft Haftstrafen: zwei Jahre für den Ehemann und ein Jahr und neun Monate für die Ehefrau. Diese Strafen sollten allerdings zur Bewährung ausgesetzt werden. Grund hierfür sei das umfassende Geständnis der beiden Eheleute, so die Staatsanwaltschaft.
Anwälte der Firma und Staatsanwaltschaft belasteten die Ärztin
In ihren Abschlussreden warfen die Anwälte der Geschäftsführer des Sanitätshauses der Ärztin vor, die Umsatzbeteiligung verlangt zu haben. Das sei durch die Arbeitsverträge der Mitarbeiterinnen und die Bargeldzahlungen bewiesen. Es sei nicht nachzuvollziehen, wie sich die Ärztin im Verfahren verhalten habe, so die Verteidigerin der Sanitätshausbetreiberin.
Bereits am ersten Verhandlungstag war das Gericht eine Art Deal mit den geständigen Angeklagten eingegangen. So wird das Strafmaß so bemessen, dass eine Bewährungsstrafe möglich ist.
Verfahren gegen einen Mainzer Arzt wurde abgetrennt
Bereits Anfang Dezember war ein Mainzer Arzt wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs sowie Bestechlichkeit zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Verfahren war damals abgetrennt worden. Der Arzt hatte zum Auftakt bereits die Vorwürfe gestanden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er seinen Patienten unter anderem Kompressionsstrümpfe empfohlen hatte, die sie bei dem Mainzer Sanitätshaus kaufen sollten. Im Gegenzug bekam der Arzt von dem Unternehmen Geld und Geschenke.
AOK hatte Sanitätshaus und Ärzte angezeigt
Das Verfahren war nach eigenen Angaben durch eine Anzeige der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland ins Rollen gekommen. Diese begrüßt das Verfahren und spricht ihm "bundesweite Bedeutung" zu. "Prägend für den Sachverhalt ist das enorme Maß an krimineller Energie der Beteiligten zum Schaden der Gesetzlichen Krankenversicherung", so die AOK auf SWR-Anfrage.
Damit solche Fälle noch besser aufgeklärt werden können, fordert die AOK die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften und mehr Transparenz im Gesundheitswesen.