Es ist ein "Haus der Geborgenheit" und ein imposantes Beispiel für Spendenbereitschaft und ehrenamtliche Arbeit. Das neue Rheinhessen Hospiz in Eppelsheim. Ministerpräsident Alexander Schweitzer weihte es am Samstag offiziell ein.
Schaut man den halbrunden Flur entlang, sieht man kein Ende - eine symbolische Architektur. Der Gang mündet schließlich in einem Fenster mit Blick in die Weite der rheinhessischen Weinberge. "Sie können sich denken, was das bedeuten soll", sagt Dr. Christoph Kern vom Verein Rheinhessen Hospiz.
Kirchlich getragen ist das neue Hospiz nicht. Betrieben wird es vom Deutschen Roten Kreuz Rheinland-Pfalz. Möglich gemacht aber hat es der Verein Rheinhessen Hospiz, deren erster Vorsitzender Kern ist. "Wir haben uns vor acht Jahren zusammengefunden", erzählt der Palliativmediziner. "Wir wollten Gutes tun für Menschen, die am Ende ihres Lebens sind."
Wellness, Natur und Musik - Lebensqualität bis zum Schluss
Zwölf Zimmer stehen bereit. Gemütlich eingerichtet, mit Sessel und Blümchenbettwäsche, daneben ein modernes Bad. "Wir können das Leben nicht verlängern, aber wir können mehr Qualität da rein bringen", sagt Katharina Nuß, auch vom Verein Rheinhessen Hospiz.
Mit einem Bad in einer eigens gespendeten Wellnessbadewanne, einer Massage, einem Spaziergang im Garten mit Hochbeeten, "damit man auch vom Rollstuhl aus mit der Hand durch den Thymian fahren kann." Und mit in der hauseigenen Küche gekochten Lieblingsessen. "Menschen essen an ihrem Lebensende erfahrungsgemäß sehr wenig", sagt Nuß. "Aber sie haben Lust, nochmal etwas zu schmecken: eine Kartoffelsuppe, eine Dampfnudel oder Schweinebraten." Und das zu der Zeit, wann sie es wollen - nicht zu festen Essenszeiten.
Viele Ehrenamtliche aus der Region warten auf ihren Einsatz
"Wir haben erfreulicherweise viele Menschen, die sich im Ehrenamt engagieren wollen und darauf warten, dass sie einen Einsatz kriegen", berichtet Katharina Nuß. Die Ehrenamtlichen wollen mit den Menschen im Hospiz mit Klangschalen arbeiten, zusammen singen, vorlesen, oder einfach nur zusammen schweigen. "Das ist auch manchmal dran."
Tausende Stunden ehrenamtliches Engagement für das Hospiz
Katharina Nuß und Dr. Christoph Kern hat das Projekt zusammengeschweißt. Sie sitzen nebeneinander auf einem neuen Sofa im "Raum der Stille" mit großem Panoramafenster und es scheint, dass sie selbst kaum glauben können, dass es tatsächlich geklappt hat. Sie sind dankbar für das Engagement ihrer Vereinskolleginnen und -kollegen. "Ich weiß nicht, wie viele 1.000 Stunden da rein gegangen sind von Menschen, die sich mit sehr viel Herzblut engagiert haben", sagt Nuß. Aber sie haben auch gemeinsam gegen Widerstände gekämpft: Vor ein paar Jahren noch hatte es massive Proteste in Eppelsheim gegen das Hospiz gegeben.
Hospiz in Eppelsheim stieß auf Widerstand in der Bevölkerung
"Wir waren sehr verwundert, dass Menschen das Hospiz nicht akzeptieren konnten", sagt Kern. Sie hatten unter anderem kritisiert, dass es mehr Verkehr in Eppelsheim geben wird und die Straßen abgenutzt werden würden. "Ich habe viele Kritiker besucht", sagt der Arzt. "Und ich habe bei vielen diese Angst gespürt: Ich möchte mit dem Tod nichts zu tun haben." Dabei gehöre der Tod zum Leben. In der Bauphase hat der Verein die Eppelsheimer mitgenommen, zum Tag der offenen Tür eingeladen. Mittlerweile gebe es kaum noch Kritiker.
Zehn Million Euro Spenden für rheinhessisches Palliativzentrum
Das Gebäude direkt neben dem Eppelsheimer Bahnhof ist ein ganzes Palliativzentrum. Neben dem Hospiz gibt es noch ein Tageshospiz, wo die Patienten abends wieder nach Hause gebracht werden. Außerdem eine ambulante Palliativversorgung - Pflegekräfte versorgen über 100 Menschen in ihrer gewohnten Umgebung. Drei verschiedene Vereine stehen dahinter: Neben dem Verein Rheinhessen Hospiz sind das noch der Verein zur Förderung der ambulanten Palliativversorgung Rheinhessen/Pfalz und die Rheinische Hospizstiftung. Zusammen haben sie rund zehn Millionen Euro an Spendengeldern gesammelt und damit den Bau des Zentrums komplett selbst finanziert.
Pflegepersonal schon gefunden - wenige Stellen unbesetzt
Anfang Januar sollen die ersten Menschen in das Rheinhessen Hospiz einziehen. Die Nachfrage sei groß. Insgesamt gebe es in Rheinhessen Bedarf für 80 Betten für Palliativpatienten, sagt Dr. Christoph Kern. Der sei aber selbst mit dem neuen Hospiz in Eppelsheim noch nicht mal zur Hälfte gedeckt. Aber es passiere viel. "Als wir vor acht Jahren angefangen haben, gab es nur acht Betten in Mainz", erzählt Katharina Nuß. Mittlerweile gebe es auch in Worms und Ingelheim Hospize.
Auch die meisten Pflegekräfte seien schon gefunden. "Die schätzen den besonderen Rahmen hier und dass sie alles mit etwas mehr Zeit machen können", sagt sie. "Aber man muss sich zu Hospizarbeit berufen fühlen und mit dem Herz dabei sein." Das könne nicht jeder.