Viele Jahre war Klaus Mayer Pfarrer der Gemeinde Sankt Stephan in Mainz. Berühmt wurde er dafür, dass er die Chagall-Fenster nach Mainz holte. Jetzt ist Mayer im Alter von 99 Jahren gestorben.
Aus Anlass seines Todes läuteten am Freitag um 14 Uhr die Glocken von Sankt Stephan für eine Viertelstunde. Nach Angaben des Mainzer Bistums betete außerdem Pfarrer Thomas Winter für den Verstorbenen in der Kirche. Ab sofort liegt in der St. Stephans-Kirche in der Oberstadt auch ein Kondolenzbuch aus. Ein Termin für das Requiem, an dem auch der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf teilnehmen wird, steht derzeit noch nicht fest.
Dreyer und Stadt Mainz würdigen den Verstorbenen
Klaus Mayer habe sein Leben im Zeichen der Versöhnung geführt, erklärte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). "Seiner Initiative haben wir die berühmten Fenster von Marc Chagall zu verdanken." Er habe Kontakt zu Chagall aufgenommen und die Realisierung des Glaskunstwerks betreut. Dieses stehe auch für die christlich-jüdische Versöhnung. "Darüber hinaus hat er mit unzähligen Meditationen und Publikationen über Jahrzehnte sein Leben dem Kunstwerk von Marc Chagall gewidmet. Das außerordentliche Wirken von Monsignore Klaus Mayer und sein Beitrag zur Völkerverständigung werden unvergessen bleiben“, sagte Dreyer.
Auch die Stadt Mainz trauert um ihren Ehrenbürger. Bürgermeister Günter Beck (Grüne) würdigte Mayers "unablässiges Wirken für den Frieden, die Völkerverständigung und das gelebte Miteinander". Monsignore Mayer habe Einzigartiges und Bleibendes für Mainz geschaffen und geleistet.
Das "Chagall-Abenteuer"
Das "Chagall-Abenteuer" nannte Monsignore Mayer die Geschichte, die er vor rund 50 Jahren mit einem Brief an Marc Chagall ins Rollen brachte. Am 10. April 1973 hatte er den Künstler gefragt, ob dieser nicht Kirchenfenster für die Mainzer Kirche St. Stephan schaffen wolle. Dieser sagte tatsächlich ja. Und das, obwohl der jüdische Maler nach dem Holocaust nie wieder für Deutschland arbeiten wollte. Dass er es dennoch tat, ist der Beharrlichkeit und der Persönlichkeit des katholischen Priesters zu verdanken.
So schuf der 86-jährige Chagall 1978 das erste Fenster zum Thema "Gott der Väter". Es folgten acht weitere Fenster zur biblischen Heilsgeschichte und zum Lob der Schöpfung. Nach dem Tod Chagalls setzte der Leiter seines Ateliers, Jacques Simon, das Werk mit 19 Fenstern für das Langhaus und den Westchor fort.
Die Fenster von St. Stephan werden jährlich von rund 200.000 Menschen besucht. Monsignore Mayer hat vor den Fenstern unzählige Meditationen mit Besucherinnen und Besuchern abgehalten.
Allerdings wollte Mayer nicht auf dieses "Chagall-Abenteuer" reduziert werden. "Meine Hauptaufgabe war immer, der Pfarrer von St. Stephan zu sein, und dabei waren mir Verkündigung und Liturgie sehr wichtig", betonte Mayer anlässlich seines 90. Geburtstages.
Der Lebensweg des Monsignore Mayer
Klaus Mayer wurde am 24. Februar 1923 in Darmstadt als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren. 1933 ließ seine Mutter ihn und seinen Bruder taufen, um ihre Kinder vor dem Zugriff der Nationalsozialisten zu schützen. Sein Vater emigrierte nach Argentinien. Mayer fand Unterschlupf im Internat des Benediktinerklosters Ettal in Oberbayern. Für die Nationalsozialisten war er ein "Mischling ersten Grades" und so lebte Mayer in ständiger Lebensgefahr.
Als das Gymnasium in Ettal durch die Nationalsozialisten aufgelöst wurde, kehrte er zu seiner Mutter zurück, die inzwischen in Mainz lebte. Dort machte er am damaligen Adam Karillon-Gymnasium (heute Rabanus-Maurus-Gymnasium) als „Mischling ersten Grades“ unter Schikanen Abitur. Wegen seiner Abstammung lebte er in ständiger Angst, verhaftet und in ein Konzentrationslager deportiert zu werden. Er tauchte als Hilfsarbeiter in einer Holzhandlung unter.
Nach dem Krieg ins Mainzer Priesterseminar
Nach dem Krieg trat Mayer in das Mainzer Priesterseminar ein, 1950 wurde er zum Priester geweiht. Nach Kaplansjahren wurde er 1958 Pfarrer in Gau-Bickelheim. Von 1965 bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1991 leitete er die Pfarrei St. Stephan. 1985 verlieh ihm Papst Johannes Paul II. den päpstlichen Titel Monsignore. Auch nach seinem Ruhestand blieb er der Kirchengemeinde noch jahrzehntelang verbunden über seine Führungen.
Für seine Versöhnungsarbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Außer dem päpstlichen Titel "Monsignore" erhielt er das Bundesverdienstkreuz, den Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz, die Ehrenbürgerwürde der Stadt Mainz und einen Eintrag ins Goldene Buch des jüdischen Nationalfonds in Jerusalem.