Nur drei Bewerbungen gab es dieses Jahr für die Wahl der Rheinhessischen Weinmajestät. Das wirft die Frage auf, ob das Amt an Attraktivität verloren hat.
Seit 1951 wird in Rheinhessen eine Weinkönigin samt Prinzessinnen gewählt. Dieses Jahr will fast niemand mehr zu dieser Wahl antreten. Dabei geht es um mehr als Titel und goldene Krone.
Die ehemalige Rheinhessische Weinkönigin Sarah Schneider aus Welgesheim (Kreis Mainz-Bingen) ist zwiegespalten, wenn sie an ihre Amtszeit zurückdenkt. Sie sagt, sie habe als Weinkönigin viele Leute kennengelernt und Kontakte geknüpft. Wenn sie mit der Krone in einen Saal gekommen sei, dann hätten die Leute außerdem immer genau gewusst, dass sie die Weinkönigin ist.
Gleichzeitig hat die 26-Jährige aber auch öfter mal ihre Krone bewusst abgesetzt oder hat darauf geachtet, in Hose anstatt im Kleid zu Terminen zu kommen. "Man kann das Weinanbaugebiet Rheinhessen ja auch ohne Krone präsentieren", sagt sie.
Weinbotschafterin anstatt Weinkönigin?
Auch die ehemalige Weinkönigin Eva Müller aus Wöllstein (Kreis Alzey-Worms) findet, dass die Krone einen hohen Wiedererkennungswert hat. Gleichzeitig ist sie aber auch der Meinung, dass man sie nicht unbedingt braucht.
Man könne ja auch einfach Weinbotschafterin sein und zum Beispiel eine Schärpe tragen. Sie habe sich auf jeden Fall nie auf die Krone reduzieren lassen, sagt Eva Müller.
Amt sollte stetig modernisiert werden
Die Wahl ins Amt an sich findet die 28-Jährige gut, denn im Bewerbungsprozess gebe es eine Fachbefragung. Da werde sichergestellt, dass die Person im Amt auch Ahnung von Wein und der Branche hat. Im Alltag als Weinkönigin sei das Wissen sehr wichtig.
Die ehemalige Weinkönigin Juliane Schäfer aus Flonheim (Kreis Alzey-Worms) ist sich sicher: "Das Amt ist und bleibt definitiv attraktiv, wenn es stetig modernisiert wird." Bedarf sieht sie vor allem beim Titel und der Krone. "Ich stehe hinter dem Begriff 'Weinbotschafterin', denn wir sind das Sprachrohr für die Branche."
Weinkönigin zu sein, kostet Zeit
Warum es dieses Jahr so wenig Bewerbungen gab, kann Juliane Schäfer nur vermuten. Durch Social Media bekämen potenzielle Bewerberinnen viel vom hohen Arbeitsaufwand der Weinkönigin mit. Das schrecke vielleicht ab, so Schäfer.
Bei knapp 300 Terminen pro Jahr bleibe schließlich wenig Zeit fürs Privatleben und auch der Hauptjob müsse zurückstecken. Vielen sei da vielleicht die Work-Life-Balance wichtiger.
Rheinhessenwein findet Krone und Titel noch zeitgemäß
Andrea Horst von Rheinhessenwein sagt, das Amt der rheinhessischen Weinkönigin habe nach wie vor hohes Ansehen. Dass es so wenige Bewerbungen gebe, sei die absolute Ausnahme. Rheinhessenwein stehe weiterhin hinter der Krone. "Wir denken zum jetzigen Zeitpunkt nicht darüber nach, den Titel der Weinkönigin oder Weinprinzessin zu ändern", sagt sie.
Ein Mann unter den Bewerbern
Bei all dem Festhalten an alten Traditionen - eine Modernisierung gibt es dieses Jahr dann aber doch. Zum ersten Mal dürfen sich alle Menschen - nicht nur Frauen - bewerben, die aus dem Weinbaugebiet Rheinhessen kommen und sich mit dem Weinbau verbunden fühlen. Und das hat laut Rheinhessenwein auch ein Mann getan.