Rund 200 Haushalte betroffen

Bis zu 35 Millionen Euro Schaden durch Hochwasser in Kirn-Sulzbach

Stand
Autor/in
Vanessa Siemers
SWR-Redakteurin Vanessa Siemers
Sarina Fischer
Sarina Fischer ist Reporterin im SWR Studio Mainz
Sibylle Jakobi

An Pfingsten wurde der Kirner Stadtteil Sulzbach (Kreis Bad Kreuznach) von einem Sturzbach überrascht. Keller liefen voll, Autos wurden mitgerissen. Der Schaden liegt im Millionenbereich.

Wie der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Kirner Land, Thomas Jung (parteilos), mitteilte, hat das Hochwasser in rund 200 Haushalten in der VG erheblichen Schaden hinterlassen. Von dem Unwetter betroffen war nicht nur der Kirner Stadtteil Sulzbach, sondern auch umliegende Gemeinden.

In vielen von ihnen seien öffentliche Plätze beziehungsweise Einrichtungen beschädigt worden. So müssten beispielsweise Spielplätze, Kläranlagen oder auch ein Friedhof wieder hergerichtet werden. Auch mehrere Forst- und Wirtschaftswege seien seit dem Hochwasser nicht mehr befahrbar, so Jung. Den Gesamtschaden schätzt er auf ungefähr 25 bis 35 Millionen Euro.

Viele Bewohner standen unter Schock

Für die Bewohnerinnen und Bewohner im Kirner Land kam das Hochwasser völlig unerwartet. Auch Gerlinde Roll, die seit 73 Jahren in ihrem Haus wohnt, stand unter Schock. In ihrer Waschküche im Keller stand das Wasser einen Meter hoch.

Ich wohne jetzt schon 73 Jahre hier in meinem Haus, das ist das erste Mal, dass ich so etwas erlebe.

"Alles ist kaputt", sagt sie. Der Wäschetrockner, die Waschmaschine, die Gefriertruhe, der Gefrierschrank - alles müsse auf den Müll. Ihr Enkel Jannik Stilz kam sofort aus Wuppertal mit seiner Freundin, als er von dem Hochwasser gehört hat. "Ich kann die Oma doch nicht hier alleine sitzen lassen", sagt Jannik.

Er hat schon mit anderen Helfern die Teppiche und die Holzverkleidungen im Haus seiner Oma herausgerissen. Die Wassermassen hätten alles zerstört. Auch ein anderer Anwohner schüttelt fassungslos den Kopf. "Hier ist alles kaputt, Keller sind vollgelaufen, die Straße ist total beschädigt, es ist ganz schlimm", erzählt er.

Alle in Kirn-Sulzbach kämpfen gegen Schlamm und Dreck

Als das Wasser dann weg war, hat sich erst gezeigt, wie viel zerstört worden ist. Die kaputten Möbel wurden als Sperrmüll an den Straßenrand gestellt.

Die Straßen von Kirn-Sulzbach sind voll von Sperrmüll - alles Sachen, die das Hochwasser am Sonntag zerstört hat.(Sibylle Jakobi)
Die Straßen von Kirn-Sulzbach waren voll von Sperrmüll - alles Sachen, die das Hochwasser zerstört hat.

Die Hilfsbereitschaft für die Menschen in Kirn-Sulzbach ist groß, sagt Andreas Heck. Er ist der Vorsitzende des Sportclubs 1911 Kirn-Sulzbach e.V. und koordiniert die ganzen Hilfsangebote. Viele Unterstützer hätten sich bei der Gemeinde gemeldet und würden Geldspenden anbieten oder auch Benefiz-Veranstaltungen planen.

Bautrockner vom DRK helfen gegen nasse Wände

Der Kreisverband Bad Kreuznach des Deutschen Roten Kreuzes hat 110 Bautrockner an alle verteilt, die in Kirn-Sulzbach nach dem Hochwasser nasse Wände haben. "Wir haben die Geräte zusammen mit den DRK-Verbänden organisiert und direkt an die Menschen ausgeliefert," schreibt das DRK in einer Mitteilung.

Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes verteilen 110 Bautrockner an die Menschen in Kirn-Sulzbach.(DRK)
Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes verteilen 110 Bautrockner an die Menschen in Kirn-Sulzbach.

Außerdem hat das DRK Bad Kreuznach alle Einsatzkräfte und privaten Helferinnen und Helfer mit Essen versorgt. Insgesamt 1.000 Portionen kaltes und warmes Essen seien allein in den ersten drei Tagen ausgegeben worden, so das DRK. Die Mahlzeiten wurden in der Küche des DRK in Bad Kreuznach zubereitet und dann in Kirn und im Stadtteil Sulzbach ausgeteilt. Insgesamt 60 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer waren bislang an dem Einsatz beteiligt.

Im Kreis Bad Kreuznach ist dieser Einsatz einer der größten, den wir in den letzten Jahren hatten.

Große Solidarität und Hilfsbereitschaft

Die Hilfsbereitschaft sei weiter groß, sagt der Bürgermeister von Kirn, Frank Ensminger (FDP). Die Einsatzkräfte der verschiedenen Hilfsorganisationen seien sofort da gewesen. Außerdem hätten auch viele freiwillige Helferinnen und Helfer mit angepackt, lobt VG-Bürgermeister Jung. Und auch die Landrätin des Kreises Bad Kreuznach, Bettina Dickes (CDU), war froh über die viele Unterstützung.

Die Soonwaldstiftung hat zu Spenden für die Hochwassergeschädigten aufgerufen. Die Sparkasse Rhein-Nahe will den Betroffenen Sonderkredite bis zu 10.000 Euro mit niedrigen Zinssätzen geben. Interessierte können sich an die Filialen und Beratungs-Center der Sparkasse Rhein-Nahe wenden. Das Angebot gelte bis zum 30. Juni 2024, so die Bank.

Auch der Baumarkt "Bauhaus" will den Menschen helfen. Die Betroffenen bekommen in den Filialen in der Region Bad Kreuznach, Koblenz, Trier und Saarbrücken 20 Prozent Rabatt auf alle verfügbaren Produkte im Markt. Allerdings müssen sie ihren Personalausweis vorlegen, um zu beweisen, dass sie aus den Hochwassergebieten stammen. Zudem brauchen sie ein Foto von den Gebäudeschäden.

Wassermassen haben alle überrascht

Das Hochwasser am Pfingstsonntag kam unerwartet und schnell. "Die Straßen haben sich innerhalb kürzester Zeit mit Wassermassen gefüllt", erzählt eine Anwohnerin aus Kirn-Sulzbach. Von dem Hochwasser wurden hier alle überrascht.

Das ist eine richtige Katastrophe. Manche Menschen hier sind verzweifelt.

Die Wassermassen kamen laut einem Feuerwehrsprecher aus einem höhergelegenen Wald in der Nähe. Dort hatte sich Starkregen aus heftigen Gewittern an den Bergflanken gesammelt und in nur wenigen Minuten zu einem schlammigen Sturzbach entwickelt. Dieser bahnte sich dann seinen Weg hinunter ins Tal.

So wie hier standen viele Keller plötzlich unter Wasser.
So wie hier standen viele Keller plötzlich unter Wasser.

Zum Glück keine Verletzten durch Sturzbach

Glück im Unglück: Nach Angaben eines Sprechers vom Katastrophenschutz des Kreises Bad Kreuznach wurde bei dem Hochwasser offenbar niemand verletzt. Ein Mann sei vorsichtshalber aus seinem Haus geholt worden. Auch eine Gruppe junger Erwachsener, die im Wald bei Kirn-Sulzbach gezeltet hatte, sei mit Autos vom Zeltplatz weggebracht worden. Der Zeltplatz selbst sei zwar nicht von den Sturzfluten betroffen gewesen, aber eine Straße dorthin drohte, überspült zu werden.

Bis zu 240 Einsatzkräfte halfen in Kirn-Sulzbach

Nachdem sich die Wassermassen am Pfingstmontag aus Kirn-Sulzbach zurückgezogen hatten, wurden laut einem Feuerwehrsprecher zunächst die Keller ausgepumpt und erstes Geröll weggeschafft. Dazu seien noch in der Nacht bis zu 240 Einsatzkräfte vor Ort gewesen, unter anderem von den Feuerwehren und dem THW. Das Team der Koordinierungsstelle Katastrophenschutz des Kreises Bad Kreuznach habe nachts auch noch unterstützt.

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