Als gehörloser Mensch eine Kreditberatung in Anspruch nehmen - das geht nur mit einem Gebärdendolmetscher. Der kostet viel Geld. Gehörlose in RLP fordern deshalb mehr Unterstützung.
Marco Bähner aus dem Westerwald ist gehörlos. In seinem Alltag steht er immer wieder vor Hürden, die er zwar überwinden kann, die ihn aber viel Geld kosten. Das Beispiel mit der Kreditberatung ist nur eines von vielen. Während im öffentlichen Bereich mittlerweile für Dolmetscher gesorgt wird, die für gehörlose Menschen das Gesagte übersetzen - zum Beispiel bei Pressekonferenzen der Landesregierung - gibt es für den privaten Bereich keine entsprechende Regelung. Hier müssen Betroffene selber eine Lösung organisieren - und bezahlen. Eine einzige Dolmetscherstunde kostet um die 85 Euro. Davon abgesehen gibt es in Rheinland-Pfalz einen eklatanten Mangel an Gebärdendolmetschern.
Bähner hat deshalb zu einer Protestaktion in Mainz aufgerufen, um der Forderung nach einem Gehörlosengeld Gehör zu verschaffen. An diesem Mittwoch sind etwa 50 Betroffene zum Mainzer Landtag gezogen, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen.
Petition für Gehörlosengeld im Sommer gescheitert
Ein Petition, die Bähner im Sommer ins Rollen gebracht hatte, wurde vom Petitionsausschuss abgelehnt. Bähner will sich damit nicht zufrieden geben. Er erklärt: "Das Gehörlosengeld dient als Form des Ausgleichs für Gehörlose und soll die Mehrkosten decken, die für Gehörlose anfallen. Diese Mehrkosten sind Ausgaben, die Hörende nicht haben."
Von Gehörlosen und Verbänden werden viele weitere Beispiele genannt, die für Gehörlose zu Ausgaben führen, die Hörende nicht haben. Ob Autokauf, Versicherungstermine oder Wohnungsbesichtigung - ohne einen Dolmetscher an der Seite können Gehörlose diese Termine nicht wahrnehmen.
Andere Bundesländer haben bereits ein Gehörlosengeld eingeführt, in einigen Bundesländern ist dieses erst im vergangenen Sommer deutlich erhöht worden, zum Beispiel in Hessen. In Bayern wurde nun in den aktuellen Koalitionsvertrag die Absicht hineingeschrieben, in dieser Legislaturperiode in ein Gehörlosengeld einsteigen zu wollen. Das rheinland-pfälzische Ministerium für Soziales teilte dem SWR dagegen auf Anfrage mit: "Derzeit gibt es in Rheinland-Pfalz keine Pläne, ein Gehörlosengeld einzuführen."
Das rheinland-pfälzische Ministerium vertritt die Meinung, dass "pauschale Leistungen wie ein Gehörlosengeld nur Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen zu Gute komme". Das führe am Ende zu einer Ungleichbehandlung gegenüber anderen Personengruppen mit Teilhabebedarf.
Auch Sozialverband VdK streitet aktuell für Gehörlosengeld
Marco Bähner ist kein Einzelstreiter. Der Sozialverband VdK Rheinland-Pfalz hat am 21. Oktober beschlossen, die Einführung eines Gehörlosengeldes und auch eines Taubblindengeldes in Rheinland-Pfalz zu fordern.
Hintergrund sei, dass das bestehende Landespflegegeld nur unter bestimmten Umständen gelte und damit keinen Ersatz für ein Gehörlosengeld darstelle. Für den VdK ist das Gehörlosengeld ein wichtiger Schritt zur gleichberechtigten Teilhabe.
Die Zahl der Gehörlosen in Rheinland-Pfalz lässt sich nur grob schätzen, denn statistisch erfasst werden nur gehörlose Menschen, die auch einen Schwerbehindertenausweis haben. Das waren nach Angaben des Statistischen Landesamtes im Jahr 2021 etwa 2.500 Menschen.