Schlechtere Bildungschancen und Krankheit können Folgen von Kinderarmut sein. In Mainz will ein Bündnis aus 13 Institutionen diese Situation jetzt verbessern.
Armutsgefährdete Kinder und Jugendliche haben in Mainz keine starke Lobby. Davon sind die 13 Organisationen überzeugt, die sich jetzt zu dem Mainzer Bündnis "Gleiche Chancen für alle Kinder und Jugendliche" zusammengeschlossen haben.
Mit dabei sind beispielsweise Vertreter vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, dem Stadtteiltreff Gonsenheim und von der Hilfsorganisation terre des hommes.
Kinderarmut soll politisches Thema werden
Gemeinsam fordern sie eine neue sozialpolitische Offensive. Kinderarmut sollte nicht länger in Sonntagsreden beklagt werden, sondern endlich im Alltag entschieden bekämpft werden. Die Bündnis-Mitglieder wollen Kinderarmut politisch zum Thema machen und dafür sorgen, verbriefte Kinderrechte zu verwirklichen.
Nach Angaben des Bündnisses lebt in der Landeshauptstadt jedes sechste Kind in Armut. In den vergangenen drei Jahren sei die Situation für benachteiligte Kinder noch härter geworden.
Krisen wie Pandemie haben Kinderarmut verstärkt
Grund seien - Studien zufolge - die verschiedenen Krisen, angefangen mit der Corona-Pandemie. Die Benachteiligung zeige sich gesundheitlich, bei Bildung und Schule und daran, dass Geld für Nachhilfe oder Kultur- und Freizeitangebote fehle. In der Arbeit für sozial benachteiligte Kinder sollen jetzt zusammen mit der Stadt neue Wege gefunden werden
Konkrete Forderungen wie Kita-Platz für jedes Kind
Die dringlichsten konkreten Forderungen des Bündnisses sind ein Kitaplatz für jedes Kind, unbürokratische soziale Leistungen, Sprach- und Lernförderung sowie ein vergünstigtes Deutschlandticket für maximal 29 Euro.
Außerdem sollen die betroffenen Kinder einen günstigen Zugang zu allen Sport-, Kultur- und Bildungseinrichtungen bekommen.
Bündnis gegen Kinderarmut: "Mainz hat genug Geld"
Da in Stadtteilen wie Mombach, der Altstadt und der Neustadt besonders viele Kinder von Armut betroffen seien, ist es laut Bündnismitglied Heinz Müller besonders wichtig, die Hilfsangebote an die Stadtteile anzupassen. Auf seiner Homepage hat das Bündnis eine Karte mit der Armutsquote in den einzelnen Mainzer Stadtteilen aus dem Jahr 2021 veröffentlicht.
Man müsse konkret überlegen, welche Hilfe in welchen Stadtteilen die richtige sei. Dank der Gewerbesteuereinnahmen durch BioNTech sei das Geld dafür in der Stadtkasse vorhanden.
Gespräch mit OB Haase geplant
Mainz solle künftig nicht nur im Bereich Biotechnologie führend sein, sondern auch bei der Bekämpfung von Kinderarmut mit neuen Konzepten, so der Wunsch des Bündnisses. Die Mainzer Ampelkoalition habe im Koalitionsvertrag angekündigt, die Chancen von armen Kindern verbessern zu wollen. Da will das Bündnis die Koalition nun in die Pflicht nehmen.
Gleiche Chancen herzustellen, sei Aufgabe der Mainzer Politik und Stadtverwaltung. Gespräche mit dem neuen Oberbürgermeister Haase und den Fraktionen des Stadtrates hat das Bündnis nach eigenen Angaben bereits angefragt. Außerdem ist eine Veranstaltung am Tag der Kinderrechte geplant.
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Der Kinderschutzbund warnt davor, dass sich die Kinderarmut in Deutschland in den kommenden Jahren verschärfen werde. Schon jetzt sei jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Sonja Schmidt vom Diakonischen Werk Württemberg sagte dazu in SWR Aktuell: "Wir bemerken in unseren Beratungsstellen, dass viele Familien sich dorthin wenden und jegliche Hilfe und Unterstützung in Anspruch nehmen." Neben den Weihnachtswünschen geht es auch darum, Dinge des täglichen Lebens oder Gas und Strom zu bezahlen. "Die Diakonie hat einen Notfall-Fonds eingerichtet, um Familien zu entlasten, wenn kein anderer Hilfefonds greift." Wie speziell den Kindern aus armen Familien geholfen werden kann, darüber hat Sonja Schmidt mit SWR Aktuell-Moderator Florian Zelt gesprochen.