Papst Franziskus hat 365 Bischöfe, Ordensvertreter und katholische Laien zur Weltsynode in Rom geladen, um über Reformen zu beraten. Im SWR-Interview sagt der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann, was er sich vom Treffen erhofft.
SWR Aktuell: Die Weltsynode tagt bis Ende Oktober in Rom. Das heißt 365 Bischöfe, Ordensvertreter und katholische Laien aus aller Welt beraten über Reformen. Kann es aus Ihrer Sicht einen grundlegenden Wandel in der katholischen Kirche durch die Synode geben?
Bischof Wiesemann: Die Weltbischofssynode ist für mich sichtbarer Ausdruck eines Wandels hin zu einer synodalen Kirche, der sich bereits seit längerer Zeit vollzieht. Seit Beginn seines Pontifikats betont Papst Franziskus: Kirche lebt vom Zusammenwirken aller Gläubigen. Davon, dass alle ihre Sendung wahrnehmen, dass alle mitberaten und mitentscheiden. Wie Synodalität konkret gelebt und gestaltet werden kann, darüber werden die mehr als 300 Mitglieder der Weltbischofssynode aus den unterschiedlichen Regionen und Richtungen der katholischen Kirche zusammen mit dem Papst in den kommenden Wochen intensiv beraten. Im Bistum Speyer sind wir mit der Einführung der Diözesanversammlung hier bereits erste wichtige Schritte gegangen.
SWR Aktuell: Was erwarten Sie von der Weltsynode in Rom?
Bischof Wiesemann: Ich hoffe, dass uns die Synode hilft, immer mehr eine "hörende Kirche" zu werden. Eine Kirche, in der die unterschiedlichen Meinungen in der Kirche gehört werden. In der durch das gemeinsame Hören auf Gottes Geist aber auch die gemeinsame Mitte sichtbar wird - das, was uns über alle Differenzen hinweg zutiefst verbindet. Zugleich erhoffe ich, dass es aus diesem vertieften Hören zu mutigen und substanziellen Schritten kommt bei den Themen, die sich in der ganzen katholischen Kirche stellen - vor allem mehr Teilhabe von Laien und eine Aufwertung der Rolle der Frauen.
SWR Aktuell: Wie ist das Bistum Speyer in den Vorbereitungsprozess eingebunden worden? Wie kann sichergestellt werden, dass die Anliegen der Gläubigen nach Rom getragen werden?
Bischof Wiesemann: Papst Franziskus hat alle Bistümer eingeladen, ihre Erfahrungen mit Synodalität sowie ihre Erwartungen an eine synodale Kirche in die Beratungen einzubringen. Auch im Bistum Speyer haben sich mehrere hundert Gläubige an einer Fragebogen-Aktion beteiligt. Sie haben von positiven, zum Teil aber auch von schmerzhaften Erfahrungen mit der Kirche berichtet und konkrete Reformen angemahnt. Die Rückmeldungen aus allen 27 deutschen Diözesen wurden gebündelt und haben bereits Eingang in das vatikanische Arbeitsdokument zur Synode gefunden.
SWR Aktuell: Wie weit wird auch die Meinung junger Menschen auf der Synode berücksichtigt?
Bischof Wiesemann: Als früherer Vorsitzender der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz weiß ich: Gerade junge Menschen haben große Erwartungen an die Kirche und erhoffen sich Reformen und eine Fortentwicklung der kirchlichen Lehre. Deshalb ist es wichtig, dass der Papst auch junge Erwachsene als Synodenmitglieder berufen hat. Ich hoffe sehr, dass auch sie mutig und freimütig ihre Perspektiven einbringen – ihr Bild einer Kirche, die der Lebenswelt und den Sehnsüchten junger Christen breiten Raum gibt.
SWR Aktuell: Glauben Sie, dass von der Weltsynode auch Impulse zu den Themen Priestertum von Frauen, Aufhebung des Zölibats für Priester und Gleichstellung queerer Menschen in der Kirche ausgehen werden?
Bischof Wiesemann: Mit all diesen Themen haben wir uns auf dem Synodalen Weg der Kirche in Deutschland intensiv beschäftigt. Dazu haben wir eine Reihe von Voten an den Papst bzw. an die Weltkirche formuliert. Ich gehe fest davon aus, dass die bischöflichen und nicht-bischöflichen Synodalen aus Deutschland all das in die Beratungen in Rom einbringen werden, und dass wir damit als deutsche Ortskirchen einen wichtigen Beitrag für die Gesamtkirche leisten.