Der SWR hat Jugendliche aus Ludwigshafen gefragt, wie sie sich ihre Zukunft vorstellen und ob sie sich dann noch in Ludwigshafen sehen. Das Ergebnis war eher ernüchternd.
Acht Jungen und Mädchen - alle zwischen 15 und 16 Jahre alt und alle aus Ludwigshafen - haben sich den Fragen des SWR gestellt, direkt im Schatten der Hochstraße Nord und der Großbaustelle am Rathaus-Center. Die jungen Menschen stellen der Stadt kein gutes Zeugnis aus. Sie alle erinnern sich: Damals, als sie kleine Kinder waren, sei Ludwigshafen im Gegensatz zu heute noch deutlich lebenswerter gewesen.
SWR-Dokumentation Jugend in Rheinland-Pfalz - Träume, Krisen, Chancen
Es wird viel über "die Jugend" gesprochen, aber wenig mit ihr. Es gibt Vorurteile wie: "faul", "handysüchtig" oder wahlweise: "unpolitisch" und "radikal". Aber stimmt das überhaupt?
Ludwigshafen sei mittlerweile sehr dreckig geworden, findet Schülerin Oceanne zum Beispiel. Es fehle an Grünanlagen und schönen Plätzen. Nina pflichtet ihr bei. Vieles sei kaputt und sehe einfach "altmodisch" aus. Chelsea erinnert sich daran, als die Walzmühle und das Rathaus-Center noch offen waren und es noch ein paar Geschäfte in der Fußgängerzone gab. Mittlerweile gebe es nur noch 1-Euro-Shops, Dönerläden oder Handygeschäfte.
Die Fußgängerzone sehe trostlos aus. Da nutze es auch nicht, dass man hier und da neue Sitzbänke aufstelle oder sonstige kleine Verschönerungen mache. "Es ist so, als würde man eine Schleife auf eine Mülltonne packen, damit das etwas schöner aussieht." Nina wünscht sich, dass man die gesamte Innenstadt renoviert. Es bräuchte dringend mehr Grün und bessere Geschäfte. Dann könnte sie sich vorstellen, auch hierzubleiben. Aber alle acht befragten Jugendlichen wollen die Stadt lieber verlassen.
Jugendliche wünschen sich ein Jugendzentrum
Auch die Jungs in der Gruppe sehen ihre Zukunft nicht in Ludwigshafen. Kirill sagt, wenn er irgendwie zu Geld kommt, ist er weg. Und Sahebjot will gerne eine Familie, aber woanders - vielleicht sogar in seinem Ursprungsland Indien. Alparslan fehlen Kinderspielplätze und Ludwigshafen biete nicht viele Arbeitsmöglichkeiten - außer bei der BASF. Und für die Jugend gebe es gar nichts. Die 15-Jährige Soumaya wünscht sich ein Jugendzentrum - am Besten direkt dort, wo jetzt das Rathauscenter abgerissen und künftig die Helmut-Kohl-Allee entstehen soll. Außerdem wünscht sie sich, dass wieder mehr Geschäfte entstehen. Platz wäre ja bald genug da.
Mehr Grün und Wasserflächen in der Stadt
Soumaya und Sahebjot erinnern sich an den Ententeich nahe dem Einkaufszentrum. Auch wenn das nur ein Betonbecken war, verbinden sie damit schöne Erinnerungen. Es sollte mehr Grün geben in der City - einfach mal eine Blumenwiese, findet der 16-jährige Eray. Und Melina meint, dass man ja auch Fassaden begrünen könnte. Das würde auch das Stadtklima verbessern. Den Ebertpark liebt sie sehr, aber das sei zu wenig.
Eray vermisst den Zusammenhalt in der Stadtbevölkerung. Es herrsche ein sehr aggressiver Ton. Er wünscht sich, dass die Leute freundlich zueinander sind und sich gemeinsam für ihre Stadt einsetzen, anstatt immer von der Politik zu verlangen, dass sie etwas macht.
Es würde zu viel von oben herab am Schreibtisch entschieden, findet Soumaya. Man sollte lieber auch mal die Jugendlichen fragen, was sie wollen. "Nur Erwachsene entscheiden und dann haben wir es später auszubaden. Es sollten nicht alte Menschen entscheiden, sondern wir, weil wir sind die Zukunft."
Sahebjot stört vor allen Dingen, dass Ludwigshafen mittlerweile eine einzige große Baustelle ist. Er wünscht sich, dass erst ein Projekt fertig gestellt wird, bevor das nächste begonnen wird. Wenn sich etwas grundlegend ändert in der Stadt, könnte sie sich vorstellen, hierzubleiben. Aber so, wie sich Ludwigshafen zurzeit entwickelt, würde sie auf jeden Fall wegziehen.
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