In Ludwigshafen hat eine Ausstellung eröffnet, die sich ausschließlich der Vulva widmet. Sex sells? Nein, es steckt mehr dahinter.
Vulven, wohin man schaut: als Plastik im Erdgeschoss, als Foto im ersten Stock und gemalt und animiert im zweiten. In der Rudolf-Scharpf-Galerie in Ludwigshafen ist ab sofort die Ausstellung "Un_erhört. Wie die Vulva sich heute Gehör verschafft!" zu sehen. Eine ganze Ausstellung also, die sich ausschließlich den weiblichen Geschlechtsorganen widmet.
Dahinter steckt Anne Hörz. Sie macht gerade eine Ausbildung zur Kuratorin im Wilhelm-Hack-Museum. Die Ausstellung ist ihre Abschlussarbeit.
Wo sind die Vulven im Straßenbild?
"Es geht darum, die Vulva wieder sichtbar zu machen", sagt Hörz. Über Jahrtausende sei die Vulva ein gängiges Motiv in Kunst und Kultur gewesen, heute ist sie eher schambehaftet oder sogar tabuisiert. "Wenn Sie durch die Straße gehen, schauen Sie sich um: An den Häuserwänden begegnen uns Penisse und Brüste. Vulven? So gut wie nie!"
Leben Vulva-Dialoge - Die neue Öffentlichkeit für das weibliche Geschlecht
Frauen fehlen die Worte für „das da unten“ – wer sagt schon Vulva? Doch neuerdings wird sie besungen, von Künstler*innen in Szene gesetzt und zum Symbol im Kampf um Gleichberechtigung.
Das merke man auch an der Sprache, mein Hörz weiter: "Wenn die Menstruation als 'Erdbeerwoche' bezeichnet wird, und bei der Vulva von 'die Scham' gesprochen wird, oder sie als 'Untenrum' umschrieben wird.“
Warnung vor expliziten Fotos
Von Scham ist in der Ausstellung nichts zu spüren, im Gegenteil: die Fotos im ersten Stock sind sehr explizit, und offenbar hatten weder Model noch Fotografin Probleme mit Nahaufnahmen. Laut Hörz ist tatsächlich gerade in der Diskussion, ob man die Ausstellung mit einer kleinen Warnung an der Eingangstür versehen sollte.
Nur, weil man selbst da nicht empfindlich sei, heiße das ja nicht, dass man die Befindlichkeiten anderer ignorieren müsse.
Die Vielfalt der Vulva
15 Künstlerinnen stellen ihre Arbeiten noch bis Mitte Dezember in Ludwigshafen aus. Die Österreicherin Rosa Roedelius hat im Erdgeschoss vulven-artige Objekte aus Keramik auf Blumenerde drapiert. Sie interessieren weniger die gesellschaftspolitische Dimensionen des Themas als vielmehr die Formen und das Farbenspiel: "Das Fruchtbare, das Lockende, das Wuchernde, die Lustbarkeit: Das finde ich unheimlich schön!"
Die Düsseldorfer Künstlerin Myriam Thyes hat ihr Werk "Global Vulva" beigesteuert: eine Animation aus Vulva-Symbolen, Göttinnen-Darstellungen und Frauenfiguren, quer durch die Zeiten und Epochen. Sie sammelt seit Jahren Darstellungen von weiblichen Geschlechtsorganen und forstet notfalls sogar Schulbücher aus dem Bio-Unterricht der 80er Jahre durch. So lange habe es eben gedauert, bis Schulkindern eine akkurate Darstellung der weiblichen Geschlechtsorgane zugemutet wurde, sagt sie: "Inzwischen ist die Gesellschaft aber insgesamt wieder spießiger geworden"
Kuratorin Anne Hörz gefällt vor allem, wie unterschiedlich die Künstlerinnen, die sie zusammengetrommelt hat, das Thema angehen; wie spielerisch und humorvoll einige Ansätze sind. "Klar ist das alles feministisch. Aber wer sagt denn, dass Feminismus keinen Spaß machen darf?"
Die Ausstellung “Un_erhört. Wie die Vulva sich heute Gehör verschafft!“ ist noch bis zum 15. Dezember in der Rudolf-Scharpf-Galerie zu sehen.