Am Landgericht Frankenthal hat am Dienstag die Mutter eines mutmaßlich schwer misshandelten Babys aus Speyer ausgesagt. Sie beteuerte ihre Unschuld und entlastete auch den Vater des Babys.
Die angeklagte Mutter ließ am Dienstagmorgen eine von ihr persönlich verfasste Erklärung von ihrem Anwalt verlesen. Darin wies sie alle Anschuldigungen zurück. Weder sie noch der Kindsvater hätten etwas mit den schweren Verletzungen des damals sechs Monate alten Jungen zu tun. Außerdem hätten sie alles versucht, um dem Jungen zu helfen.
Am Tag der mutmaßlichen Tat sei sie mit ihrer älteren Tochter nachmittags bei den Großeltern gewesen. Zuvor habe sie ihr Baby gestillt, gewickelt und in seine Wippe gesetzt. Während sie weg war, habe der Vater auf das Baby aufgepasst.
Nach ihrer Rückkehr habe sie sofort nach ihrem Sohn geschaut und bemerkt, dass er sich erbrochen habe. Das sei aber nichts Ungewöhnliches gewesen: Ihr Sohn habe von Geburt an Probleme beim Trinken gehabt und sich regelmäßig nach dem Stillen erbrochen. Sie sei mit ihm deswegen immer wieder bei der Kinderärztin und auch in einer Kinderklinik gewesen.
Mutter will keine Verletzungen bemerkt haben
Verletzungen habe sie an besagtem Tag nicht bei ihrem Sohn bemerkt. Als er sich aber weiter erbrach, habe sie eine befreundete Krankenschwester angerufen, die ihr riet, den Notruf zu verständigen. Dann habe sich die Atmung ihres Sohnes verschlechtert und sie habe noch mehrfach bei der Notrufzentrale angerufen, um möglichst schnell Hilfe zu bekommen.
Prozess in Frankenthal: Vater schweigt zu Tatvorwürfen
Der Vater beantwortete am Dienstag nur Fragen zu seinem Lebenslauf, nicht zu den Tatvorwürfen. Beiden Eltern ging die Befragung sichtlich nahe: Als der Richter den Vater fragte, ob die gemeinsamen Kinder denn Wunschkinder gewesen seien, bejahte dieser und brach in Tränen aus. Auch die Mutter weinte. Das Paar lebt inzwischen getrennt.
Baby schwer misshandelt und spät Hilfe geholt
Laut Anklage soll der heute 39-jährige Vater seinen Sohn Maxim im Juli 2020 mehrfach in den Bauch geboxt und geschlagen haben. Als das damals sechs Monate alte Baby daraufhin nicht mehr zu schreien aufhörte, schlug der Speyerer dessen Kopf gegen einen schweren Gegenstand - so der Vorwurf. Dadurch soll Maxim Verletzungen am Darm sowie an Leber und Nieren erlitten haben, außerdem einen Schädelbruch und ein Schädel-Hirntrauma.
Die 33-jährige Mutter ist mitangeklagt, weil sie ihrem Baby zunächst nicht geholfen haben soll. Und das, obwohl der Säugling laut Staatsanwalt offensichtlich nicht mehr richtig atmen konnte, seine Haut sich bereits blau verfärbte und er sich ständig erbrach. Die Angeklagte habe erst einen Notarzt gerufen, nachdem eine befreundete Krankenschwester es ihr geraten hatte. Nur durch Notoperationen konnte Maxim noch gerettet worden.
Verdacht der Kindeswohlgefährdung bereits länger im Raum
Der Verdacht der Kindesmisshandlung stand bereits vor der mutmaßlichen Tat im Raum: So war Maxim in seinen ersten Lebensmonaten mehrfach im Krankenhaus, unter anderem wegen eines Beinbruchs und Verletzungen im Mundraum. Laut den Schilderungen der Mutter hatte sich der Junge das Bein gebrochen, weil seine Schwester beim Toben auf der Coach auf ihn gesprungen war. Das Baby wurde anschließend im Uniklinikum Heidelberg behandelt.
Im April sei der Junge auf Anordnung der Kinderärztin ins Krankenhaus gekommen, weil er auszutrocknen drohte. Er habe über einen längeren Zeitraum nichts getrunken. Nachdem die Klinik Kindeswohlgefährdung vermutete, bekam die Familie daraufhin Unterstützung vom Jugendamt und einer Familienhebamme. Diese sei bis Ende Juni regelmäßig zu der Familie nachhause gekommen.
Die Mutter beschrieb den Kindsvater als ruhigen, hilfsbereiten und zuvorkommenden Menschen. Weder sie noch ihr Mann hätten dem Baby jemals Gewalt angetan. Die Vorwürfe seien "krasse Beschuldigungen für etwas, das wir nicht getan haben." Bei jedem Arztbesuch hätte sie den Stempel der "Kindeswohlgefährdung" gespürt - das sei kein schönes Gefühl gewesen.
Auch Jugendamt in der Kritik
Die Verteidigung des Vaters beantragte am Dienstag, dass der Mitarbeiter des Jugendamts, der die Familie unterstützen sollte und inzwischen die Vormundschaft für Maxim übernommen hat, ebenfalls als Zeuge geladen wird. Dieser habe ja immer mit der Familie in Kontakt gestanden. Der Vormund tritt im Prozess als Verteter von Maxim gleichzeitig als Nebenkläger auf. In dieser Rolle kann er dem Prozess erst nach seiner Aussage wieder beiwohnen.
Der Verteidiger der angeklagten Mutter beantragte außerdem, dass auch die behandelnde Kinderärztin von Maxim sowie der Leiter der Pädiatrie im Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus Speyer im weiteren Prozess als Zeugen gehört werden sollen. Über diesen Antrag hat das Gericht noch nicht entschieden.
Kinder bei Pflegefamilie und im Heim untergebracht
Maxim ist heute drei Jahre alt und lebt in einer Pflegefamilie. Der kleine Junge musste infolge seiner inneren Verletzungen lange künstlich ernährt werden. Nach wie vor brauche er eine Magensonde, über die ihm Medikamente zugeführt werden, so der Anwalt der Nebenklage, Thomas Franz, zum SWR. Maxim könne aber inzwischen selbstständig essen und sei auch motorisch wiederhergestellt.
Seine fünfjährige Schwester lebt in einem Heim. Die Geschwister haben laut Jugendamt regelmäßig Kontakt.
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