In den sozialen Netzwerken ist das Thema Kinderansprecher sehr präsent. Wie groß die Gefahr tatsächlich ist, bleibt auch nach einem Informationsabend der Polizei in Heßheim (Rhein-Pfalz-Kreis) unklar. Dafür wissen die Eltern aber nun, was sie tun können.
Der Kinderansprecher ist ein Phänomen, das sich schlecht fassen lässt. Eine Statistik darüber gibt es nicht: "Mit Kindern sprechen ist ja nicht verboten", sagt Susanne Lantz vom Polizeipräsidium Rheinpfalz gleich zu Beginn ihres Vortrags. Natürlich erhebt die Polizei Statistiken über schweren sexuellen Missbrauch bei Kindern. Da führt die Spur zum Täter aber fast immer in den Bekannten- oder Familienkreis.
Das Kind kommt heim und erzählt von einer seltsamen Begegnung
Warum lädt die Polizei dann ins Bürgerhaus Heßheim, um über ein Thema aufzuklären, das sich offenbar kaum fassen lässt? Die Antwort sitzt im Saal: Schon eine Viertelstunde vor Beginn ist fast jeder Platz besetzt, 130 Leute sind da, wird die Polizei später schätzen. Der große Teil zwischen 25 und 40 Jahren alt. Sicher und unzweifelhaft ist also, dass viele Eltern sich Sorgen machen.
Und sie haben ihre eigenen Geschichten mitgebracht: Ein Frau berichtet, ihre Tochter sei eines Tages nach Hause gekommen, und habe von einem Mann erzählt, der seine Katze gesucht hätte. Demnach hat er mit einem Foto der Katze ausgerechnet Grundschülerinnen angesprochen, ob sie ihm nicht bei der Suche helfen könnten. Der Mutter kam das komisch vor. Sie habe auch versucht, dem nachzugehen, aber von dem Mann fehlte jede Spur.
Die große Ausnahme: der Fall Edenkoben
Peter Bisson, Rektor der Karl-Wendel-Schule in Lambsheim, berichtet, von einem Vorfall Anfang September: "Da wurde uns berichtet, dass ein Kind aus dem Auto angesprochen worden sein soll. Und man habe auch versucht, das Kind ins Auto zu ziehen." Wie so oft bei solchen Erzählungen bleibt vieles im Konjunktiv: habe, könnte, sollte. Denn aufklären ließ sich auch dieser Fall nicht.
Auch die Entführung in Edenkoben kommt zur Sprache. Das scheint die große Ausnahme zu sein: Der eine Fall, in dem es tatsächlich genauso gelaufen ist, wie es so oft in Angstszenarien in den sozialen Netzwerken beschrieben wird. Ein unbekannter Mann greift sich ein Kind vom Bürgersteig, fährt mit ihm davon und missbraucht es.
"Da kann man nicht viel tun", sagt Susanne Lantz: "Ein Kind hat nicht die Macht und die Kraft dem was entgegenzusetzen, das wird ins Auto gezogen und ist weg." Aber ein solcher Fall sei nun einmal sehr selten: "Wir leben nicht in einem Land, in dem tagtäglich Kinder verschwinden."
Das können Eltern tun
In ihrem Vortrag legt Susanne Lantz den Fokus auf Prävention: "Wir wollen ja, dass es gar nicht erst zu Straftaten kommt!" Wichtig sei, dass man einem Kind Selbstbewusstsein vermittelt: "Stärken stärken und Schwächen schwächen" wird zum Leitsatz. Ein selbstbewusstes Kind läuft weniger Gefahr, zum Opfer zu werden. Und: "Ein Kind soll die Gewissheit haben, dass es immer zu seinen Eltern kommen kann, egal, welchen Blödsinn es angestellt hat."
Lantz untermauert es mit einem Beispiel aus ihrer eigenen Jugend: Als damals kein Rock zu knapp sein konnte für die Disko, habe ihre Mutter kommentiert, dass sie selbst schuld sei, wenn sie so rausginge und vergewaltigt würde. "Aber stellen Sie sich vor, ich wäre tatsächlich vergewaltigt worden. Zu meiner Mutter wäre ich deswegen bestimmt nicht mehr gegangen."
Anderthalb Stunden dauert der Vortrag. Viele Eltern stehen danach noch in kleinen Grüppchen zusammen. Der Anfang, als es um konkrete Beispiele sexueller Gewalt ging, sei hart gewesen, sagt eine Mutter. Viele Eltern sagen, dass sie sich in ihrer Erziehung bestätigt fühlen, dass man die Kinder stärken müsse. Eine Mutter formuliert es so: "Die Stärke meines Sohnes ist seine große Klappe. Das gestehe ich ihm allerdings nicht immer zu. Da werde ich jetzt an mir arbeiten, dass ich ihn das beibehalten lasse."
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Die Polizei erhält momentan viele Hinweise über Kinderansprecher. Jeder Hinweis wird ernst genommen. Nach der Entführung in Edenkoben will man aber auch keine Ängste schüren und viele Verdachtsfälle stellen sich als harmlos heraus.