"Haushaltsreden sind sowieso immer die gleichen Worthülsen"

Stadtrat Landau: Politikerin hält Rede, die von künstlicher Intelligenz geschrieben wurde

Stand
Autor/in
Thilo Eickhoff

Premiere im Landauer Stadtrat: Eine Stadträtin hat am Dienstag eine Rede gehalten, die ein sogenannter Chatbot verfasst hat – auch als Kritik an der vermeintlichen Einfallslosigkeit der Reden ihrer Kollegen. Nicht alle fanden das lustig.

Normalerweise schreiben wir die Parteizugehörigkeit von Politikern ja immer relativ dezent in eine Klammer hinter den Namen. Im Falle der Landauer Stadträtin Katharina Kerbstat (Die Partei) müssen wir es vielleicht noch einmal extra dick unterstreichen, dass sie Mitglied der Satire-Partei Die Partei ist. Dann lässt sich die bemerkenswerte Haushaltsrede, die sie am Dienstag im Landauer Stadtrat gehalten hat, vielleicht etwas besser einordnen.

Katharina Kerbstat
Die Landauer Stadträtin Katharina Kerbstat (Die Partei)

Schon die Einleitung geriet unkonventionell: "Haushaltsreden - die Runde habe ich am liebsten: Die dauern lange, und alle wiederholen, was die anderen schon gesagt haben." Dieses Mal habe auch sie eine Haushaltsrede vorbereiten wollen. Allerdings sei sie sehr faul. Deswegen habe sie ihre Rede von einer Künstlichen Intelligenz schreiben lassen, einem sogenannten Chatbot. Dabei handelt es sich um ein Computerprogramm, das mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Texte und Daten verarbeitet und menschliche Sprache nachahmt.

"Für Haushaltsreden muss man ja nicht denken."

Folgende Anweisung hat Kerbstat dem Programm nach eigenen Angaben gegeben: "Schreibe eine Rede für die Stadt Landau in der Pfalz", dazu ein paar Stichworte wie "Haushaltsplan", "Nachhaltigkeit", "Klima", "Investitionen" und – natürlich – "Herausforderungen". Da Haushaltsreden traditionell langatmig seien, habe sie das Programm zwei Mal gebeten, den Text zu verlängern. Dennoch sei die Rede immer noch kürzer als die der anderen, um das "kostbare Sitzfleisch" nicht über Gebühr zu strapazieren.

Sitzungssaal der Stadt Landau
Der Sitzungssaal der Stadt Landau: Hier kommt der Stadtrat zusammen.

So klingt die ChatGPT - Rede

Heraus kam eine Rede von exakt 440 Wörtern und Sätzen wie: "Es ist wichtig, dass wir uns gemeinsam auf die wichtigsten Prioritäten konzentrieren" und "Als Gemeinde müssen wir uns verantwortungsbewusst um das Klima und die Umwelt kümmern." Oder auch: "Wir stehen vor großen Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf das Defizit und die Auswirkungen von Corona." Die komplette Rede finden Sie hier.

So haben die anderen Landauer Stadträte reagiert

Die Reaktionen der restlichen Ratsmitglieder reichten von sichtbarem Amüsement, über versteinerte Mienen bis hin zum Verlassen des Saals. Oberbürgermeister Dominik Geißler (CDU) gehörte zu denen, die einen eher amüsierten Eindruck machten: "Vielen Dank! Ob wir in Zukunft eine künstliche Intelligenz als Stadtratsmitglied zulassen, wird sich noch zeigen". Dem SWR sagte er später, er sehe das ganz entspannt, fand die Aktion witzig und passend zu der Partei.

Grünen-Stadträtin: Fühle mich verarscht

Geißlers Parteikollege Thorsten Sögding sieht das nicht ganz so gelassen: "Die Intention einer Rede ist es doch, zu zeigen, wie eine Fraktion den Haushalt findet. Eine künstliche Intelligenz kann da nichts zu beitragen. Diese Rede war Zeitverschwendung!", so Sögding.

Stadrätin Lea Saßnowski (Grüne) saß in unmittelbar Nähe, als Kerbstat ihre Rede hielt – und verzog währenddessen keine Miene. Doch, doch, sie habe das schon auch "lustig" gefunden, so Saßnowski danach gegenüber dem SWR. Aber sie finde es auch schwierig: "Wir Stadträte nehmen unser Amt ernst. Ich kann ja nachvollziehen, dass politische Reden manchmal etwas allgemein wirken, aber wir geben uns dabei dennoch große Mühe. Und da fühlt man sich ein bißchen verarscht. Was aber ja wohl auch Sinn der Sache ist."

Kerbstat ist schon einen Schritt weiter

Und Kerbstat? Sie habe eigentlich nur positive Reaktionen bekommen. Klar, man habe schon gemerkt, dass einige sich ertappt gefühlt hätten. Aber auch die hätten das sportlich genommen. Sie ist im Kopf offenbar schon einen Schritt weiter: "Schön wäre es natürlich noch, wenn zukünftig nicht mehr nur keine Reden selbst geschrieben werden müssen, sondern wenn auch niemand mehr zuhören muss."

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