Das ehemalige Einkaufszentrum Walzmühle in der Ludwigshafener Innenstadt wird ab Januar eine Notunterkunft für Geflüchtete. Wie aufgebracht die Anwohner über diese Entscheidung sind, wurde bei einer Bürgerinformationsveranstaltung im Pfalzbau klar.
Beim Bürgerdialog zum Thema "Walzmühle als Flüchtlinsgunterkunft" stand die gesamte Stadtspitze Rede und Antwort. Auch mit vor Ort: die Leitung der Polizeiinspektion 1 Ludwigshafen und die Bundespolizei. Denn Stadtverwaltung und Polizei wollten den rund 100 gekommenen Anwohnern und Gewerbetreibenden und weiteren online zugeschalteten Bürgern vermitteln: "Wir wollen niemanden mit seinen Sorgen alleine lassen". Das betonte Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) gleich zu Anfang des Bürgerdialogs.
Hauptsorge der Bürgerinnen und Bürger: Die Sicherheit
Die Hauptsorge vieler Bürger und Bürgerinnen ist die Sicherheit rund um die zukünftige Notunterkunft für Geflüchtete. Ein Optiker, der sein Geschäft im Gesundheitszentrum 'Lusanum' hat, schimpfte, die Zustände in der Innenstadt seien jetzt schon schrecklich. Er traue sich abends nicht über den Haupteingang hinaus und verwende einen Seiteneingang. "Wie soll das denn erst werden, wenn auch noch 400 Flüchtlinge mitten in der Innenstadt untergebracht sind?", fragte er aufgebracht.
Eine Elternvertreterin sorgte sich um die Sicherheit der Grundschulkinder der Gebrüder-Grimm-Schule in unmittelbarer Nachbarschaft zur Walzmühle. "Unsere Kinder müssen alleine zum Hort laufen, der außerhalb der Schule liegt. Wer garantiert für die Sicherheit unserer Kinder?", empörte sich die Mutter und Elternsprecherin.
Rund 270 Menschen verfolgten die Diskussion live im Internet auf der Seite der Stadt Ludwigshafen. Die Fragen der im Internet zugeschalteten Bürger und Bürgerinnen wurden immer wieder von Moderatoren vorgelesen. Sie beschäftigten sich ebenfalls hauptsächlich mit der Frage der Sicherheit der Anwohner, aber auch der Geflohenen selbst - etwa vor Angriffen aus der rechten Szene.
Antworten auf die Sorgen der Bürger: Mehr Personal im Ordnungsdienst
Ordnungsdezernent Andreas Schwarz (SPD) betonte, dass man mit der zuständigen Aufsichtsbehörde darüber spreche, mehr Personal im Ordnungsdienst einzustellen. Der Leiter der Polizeiinspektion Ludwigshafen 1, Marco Weißgerber, erklärte, dass es bislang in Ludwigshafen rund um Asylbewerberunterkünfte aus Sicht der Polizei meist ruhig geblieben ist.
"Wenn es Konflikte gab, dann spielten die sich innerhalb der Unterkunft ab", versuchte er die Gemüter zu beruhigen. "Wir werden die Unterkunft in der Walzmühe von Anfang an begleiten", versicherte er. Aber mehr Polizeipräsenz sei dort erst mal nicht nötig. "Wir wohnen praktisch auf dem Berliner Platz und sind gleich an der Walzmühle, wenn nötig", so Weißgerber.
Flüchtlinge nicht kriminalisieren
Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck bat die Bürger sehr emotional, die Geflüchteten, die Schutz vor Gewalt und Krieg suchten, nicht zu kriminalisieren. Bei ihrem Appell wurde sie oft durch Zwischenrufe unterbrochen. Sowohl Bürger und Bürgerinnen im Saal als auch im Netz, fragten wiederholt, ob es denn nicht andere Standorte gegeben hätte - warum es denn ausgerechnet das ehemalige Einkaufszentrum werden musste.
Keine Belegung von Turn- und Veranstaltungshallen
Oberbürgermeisterin und Sozialdezernentin Beate Steeg (SPD) erklärten, dass man 64 alternative Standorte geprüft habe. Am Ende sei klar gewesen: Die Walzmühle kann am schnellsten und am kostengünstigsten als Notunterkunft hergerichtet werden. "Ein Umbau eines Hotels zum Beispiel hätte uns viel zu viel Zeit gekostet", so Steeg. Und die Belegung von Turn- oder Veranstaltungshallen habe man den Bürgern nicht zumuten wollen, ergänzte Steinruck.
Zentrumsnahe Unterbringung verbessert Integration
Einige wenige Bürger betonten, dass es doch gut sei, dass Geflohene im Zentrum untergebracht seien und nicht am Stadtrand. "Dann kommen sie doch viel besser in Kontakt mit bereits ansässigen Bürgern", erklärt eine Ehrenamtliche, die sich auch in der Flüchtlingshilfe engagiert.
Vielfältiges Integrationsangebot vor Ort
Die Stadtspitze versprach, dass man sich in der Notunterkunft um eine schnelle Integration der Geflohenen kümmern werde. "Es wird Sprach- und Integrationskurse dort geben. Sozialarbeiter werden sich um die Menschen kümmern und Vereine und Ehrenamtliche werden auch vor Ort sein", betonte Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck.
Auch andere Probleme in Ludwigshafen kommen zur Sprache
Während der Veranstaltung kamen auch andere Themen zur Sprache, die die Bewohner beschäftigen, zum Beispiel die Müllproblematik in der Ludwigshafener Innenstadt. Umweltdezernent Alexander Thewalt (parteilos) versprach mehr Kontrollen durch sogenannte "Müllscheriffs".
Ein weiteres Thema: der extrem angespannte Wohnungsmarkt in Ludwigshafen. "Wir suchen seit fünf Jahren eine bezahlbare Wohnung", klagte eine junge Frau. "Wie wollen Sie da Wohnraum für Flüchtlinge finden?", fragte sie die Stadtspitze. Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck gab zu, dass es auch den 1.000 anerkannten Flüchtlingen in der Stadt kaum gelinge, geeigneten Wohnraum zu finden. Daher blieben sie viele Jahre in Asylbewerberunterkünften. Für neu angereiste Geflüchtete sei dann kein Platz.
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