Das Innenministerium in Mainz lässt den Städten keine Schlupflöcher mehr: Die Aufsichtsbehörde ADD soll auf ausgeglichene Haushalte drängen. Ein harter Schlag für Ludwigshafen.
Es ist Mai – und die Stadt Ludwigshafen hat für das laufende Jahr noch immer keinen genehmigten Haushalt. Ein erster Entwurf war von der zuständigen Aufsichtsbehörde ADD abgelehnt worden. 98 Millionen Euro neue Schulden waren ihr zu viel. Die Stadt hat nachgebessert und der Stadtrat einem Sparkonzept zugestimmt, mit dem die Schulden auf 31 Millionen Euro gedrückt werden sollen. Nach dem Schreiben aus dem Ministerium fürchtet die Stadt aber offenbar, dass die ADD auch diesmal "Nein“ sagen wird.
Stadtrat hat Haushalt verabschiedet Ludwigshafen hat im Haushalt 2023 "nur" noch 30 Millionen Euro neue Schulden
Der Stadtrat von Ludwigshafen hat am Mittwochabend den Haushalt für das laufende Jahr verabschiedet. Dieser sieht eine Neuverschuldung von rund 30 Millionen Euro vor.
Kommunen sollen sparen um jeden Preis
Das Schreiben des Ministeriums ist eine klare Anweisung an die Aufsichtsbehörde, strenger durchzugreifen: Demnach muss eine Stadt alles unternehmen, um zu Geld zu kommen. Im Zweifel muss sie kräftig die Steuern für ihre Bürger erhöhen. Tut sie das nicht, dann fließt auch erst mal kein Geld für wichtige Projekte, auch wenn die Förderung schon zugesagt war. Sollte die ADD den aktuellen Haushalt der Stadt Ludwigshafen nicht genehmigen, könnten Projekte wie der Bau der neuen Stadtstraße als Ersatz für die marode Hochstraße Nord ins Wanken geraten.
Es müsse also Schluss sein mit der bisherigen Praxis der Städte und Kommunen, immer wieder sogenannte Liquiditätskredite aufzunehmen, um laufende Kosten zu bezahlen. Also beispielsweise Personalkosten oder Sozialleistungen. Das Ziel müsse heißen: Haushaltsausgleich. Nur dann werde der Haushalt genehmigt. In ganz wenigen Fällen, wie beispielsweise bei Naturkatastrophen, darf die ADD auch mal eine Ausnahme zulassen.
Warum das Land nun so streng ist
Hintergrund der neuen Strenge ist: Im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs ist das Land Rheinland-Pfalz verpflichtet, einen Teil der Altschulden von besonders verschuldeten Kommunen zu übernehmen. Im Gegenzug soll verhindert werden, dass die Neuschulden ungebremst in die Höhe klettern.
Die Fraktionen reagieren mit Unverständnis
Die Freie Wählergruppe FWG ist überzeugt: Ludwigshafen wäre nicht so verschuldet, wenn Land und Bund die Kosten für Sozialleistungen, die sie verlangen, auch komplett selbst tragen würden. Die Landesregierung lebe offenbar in einer Blase: “Während sich das Land RLP noch Anfang 2022 mit einem Milliardenüberschuss medial feiert, nimmt man den rheinland-pfälzischen Oberzentren jegliche Grundlage zur Selbstverwaltung“. Die Stadtratsfraktion "Bürger für Ludwigshafen" hat bereits angekündigt, sie werde einen neuen Haushaltsplan mit weiteren Kürzungen ablehnen.
ADD hat noch nicht über den Haushalt entschieden
Auf Anfrage des SWR teilt die zuständige Aufsichtsbehörde ADD mit, dass die aktuelle Fassung des Haushalts der Stadt Ludwigshafen noch geprüft werde. “Entsprechend ist noch keine Entscheidung getroffen worden. Da dieses Verfahren bislang nicht abgeschlossen ist, kommentieren wir auch keine Details dieser laufenden Abstimmungen".
Die Stadt prüft neue Möglichkeiten
Die Stadtverwaltung Ludwigshafen bereitet sich nach eigenen Angaben aber schon vor und prüft, wo sie noch Spielraum hat. Gleichzeitig habe sie das Innenministerium um Auskunft gebeten, welche Folgen die neue Marschrichtung “für die großen und überregional bedeutsamen Infrastrukturprojekte hat“. In einer Sondersitzung am 5.Juni will sie mit dem Stadtrat über das mögliche weitere Vorgehen beraten.
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