Ein Sohn soll seine Adoptivmutter zusammengeschlagen und von den Adoptiveltern Geld erpresst haben. Am Landgericht Frankenthal hat dazu der Prozess begonnen. War das Motiv Rache?
Angeklagt ist ein 42-jähriger Mann. Er hat beim Prozessauftakt in Frankenthal am Donnerstag zugegeben, seine Adoptiveltern in Weisenheim am Berg (Bad Dürkheim) um Geld erpresst zu haben. Außerdem hat der Angeklagte gestanden, seine Mutter schwer misshandelt zu haben. Der Angeklagte begründete die Taten mit seiner Drogenabhängigkeit. Er habe in großem Stil Chrystal Meth konsumiert, weil er von seinem Adoptivvater von seinem zwölften bis zu seinem 17. Lebensjahr missbraucht worden sei.
Weisenheim am Berg: Drogensüchtiger Adoptivsohn erpresste Eltern um Erbe
Laut Anklage hatte der Mann, der zur Tatzeit in Bamberg lebte und jetzt in Pinneberg bei Hamburg wohnt, im Oktober 2019 zunächst seine Adoptiveltern in ihrem Wohnhaus in Weisenheim am Berg bedroht und gefordert, dass sie ihm sein Erbe von 264.000 Euro vorab auszahlen. Dabei soll er seiner Mutter ein Messer an den Hals gehalten und es anschließend in den Esszimmertisch gerammt haben. Aus Angst hätten die Eltern ihrem Sohn 500 Euro in bar gegeben. Später überwiesen sie ihm laut Anklage noch 5.000 Euro. Auf eine Forderung nach weiteren 20.000 Euro hätten die Eltern nicht reagiert.
Anklage: Mutter bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen
Zwei Wochen später hatte der Sohn laut Anklage mit einer Gartenhacke mehrere Scheiben in seinem Elternhaus eingeschlagen und zwei verschlossene Türen aufgebrochen. Wie es weiter in der Anklageschrift heißt, schlug er seine Mutter, die zu dem Zeitpunkt allein im Haus war, bis zur Bewusstlosigkeit und trat auf sie ein. Die Frau erlitt eine Platzwunde am Kopf, eine Gehirnerschütterung und Prellungen. Die Tat wirke bei ihr nach, sagte sie vor Gericht aus: "Wenn ich Geräusche höre, kommt die Angst wieder hoch.“
Hat Adoptivvater den Angeklagten als Kind sexuell missbraucht?
Der Adoptivvater gilt inzwischen als dement. Seine Zeugenvernehmung zum Vorwurf seines Adoptivsohnes, von ihm als Kind sexuell missbraucht worden zu sein, wurde abgebrochen. Die Missbrauchsvorwürfe sind mittlerweile verjährt. Der Angeklagte sagte vor Gericht, er sei inzwischen von den Drogen losgekommen.
Der mutmaßliche sexuelle Missbrauch soll auch das Motiv für die Tat sein: Das geforderte Geld habe er damals als "Schmerzensgeld" von seinen Eltern für den erlittenen Missbrauch haben wollen. Todesdrohungen habe er aber nicht ausgesprochen. Dem widerspricht die Adoptivmutter. Er soll gesagt haben: "Ich bringe Euch um, wenn ich das Geld nicht bekomme." Sie gab an, dass sie 2018 von ihrem Sohn von dem Missbrauch erfahren hatte. Weitere Angaben machte sie nicht und berief sich auf ihr Aussageverweigerungsrecht.
Verfahren wegen sexuellem Missbrauch wegen Verjährung eingestellt
Laut Aussagen der Polizei machte der Angeklagte nach der zweiten Tat am 22. Oktober 2019 keinen aggressiven Eindruck und sagte: "Kümmert euch nicht um mich, schaut nach meiner Mutter". Nach der Tat zeigte der Angeklagte den sexuellen Missbrauch durch den Adoptivvater an. Bis 1997 soll der heute 42-Jährige missbraucht worden sein, das Verfahren wurde wegen Verjährung eingestellt. Der Angeklagte machte laut Polizei einen "sachlichen und glaubhaften" Eindruck bei der Anzeige.
Gutachterin hält Angeklagten für hochmanipulativ und narzisstisch
Der Angeklagte war abhängig von Chrystal Meth. Seit 2010 gab es mehrere Entzüge und Therapien ohne Erfolg, erst in den Jahren 2020 und 2021 wurde er clean. Laut psychiatrischem Gutachten war der Angeklagte teilweise hochmanipulativ, hat eine narzisstische Struktur und ist leistungsorientiert.
Angeklagter wollte Geld von Eltern als Wiedergutmachung für Missbrauch
Die Tat geschah laut Gutachterin nicht im Affekt. Es bestehe volle Schuld- und Steuerungsfähigkeit. Der Angeklagte sei berechnend gewesen, weil er als Wiedergutmachung für den Missbrauch 264.000 Euro forderte. "Er wollte haben, was ihm seiner Meinung nach zustand", so die Gutachterin. Der 42-Jährige komme mit Zurückweisung schwer zurecht, damit sei der Wutausbruch gegen die Mutter zu begründen. Dieser richtete sich nicht gegen den Vater, weil dieser am zweiten Tattag nicht zu Hause war und weil er dement war. Aus diesem Grund hatte die 73-jährige Mutter die Finanzen übernommen. Sie wollte nicht mehr als 5.500 Euro zahlen.
Der Angeklagte ist wegen mehrfachen Betrugs, Unterschlagung und Sachbeschädigung vorbestraft und saß sechs Monate lang im Gefängnis, weil er seine Geldstrafen nicht bezahlen konnte. Am 18. Juli sollen die Plädoyers von Anklage, Nebenklage und Verteidigung im Prozess gegen den 42-Jährigen gehalten werden, im Anschluss soll das Urteil fallen.